Frauen verdienen 18 Prozent weniger

Gender Pay Gap: Lohnungleichheit bleibt groß

Zum Equal Pay Day am 10.März 2021 teilte das statistische Bundesamt mit, dass Frauen im Jahr 2020 rund 18 Prozent weniger verdienten als Männer. Jedoch könnte die Kurzarbeit während der Corona-Krise Einfluss auf das Ergebnis genommen haben, so die Institution.
Gender Pay Gap 2020 Lohnungleichheit

Gleiche Bezahlung bei gleicher Qualifikation? Der Equal Pay Day zeigt weiterhin eine Lücke zwischen den Löhnen von Männern und Frauen.

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Anlässlich des Equal Pay Day am 10. März veröffentlichte das statistische Bundesamt neue Zahlen: Laut der Ergebnisse verdienten Frauen im Jahr 2020 rund 18 Prozent weniger als Männer.  Der Verdienstunterschied – der unbereinigte Gender Pay Gap – lieht damit ein Prozentpunkt unter dem von 2019. Jedoch könne die Kurzarbeit durch die Corona-Krise diese Veränderun beeinflusst haben, teilte das statistische Bundesamt mit.

Jasmin Arbabian-Vogel, Präsidentin des Verbands Deutscher Unternehmerinnen, bewertet den Gender Pay Gap als „Kuriosität in dieser Zeit“. Fakt sei, es gäbe die Lohnlücke, bereinigt und unbereinigt. „Ich glaube, es gibt eine Reihe von Gründen für diese Lohnungleichheit. Unter diesen sind vier sehr entscheidend: zum einen arbeiten Frauen signifikant häufiger in Berufen, die per se schlechter bezahlt werden.“ Als Beispiel für die Berufswahl nannte die Präsidentin Friseurinnen. „Zweitens haben Frauen, wenn sie wegen der Kinder zuhause bleiben, unterbrochene Erwerbsbiografien, sie haben kürzere Arbeitszeiten, sie stecken häufiger in der Teilzeitfalle.“ So seien 47 Prozent der erwerbstätigen Frauen in Teilzeitjobs, während es bei den Männern nur neun Prozent sind. „Zum Schluss haben wir die ungünstige Situation, dass tatsächlich unter Umständen in Unternehmen unterschiedliche Löhne bezahlt werden.“

Zwar versuche das Entgelttransparenzgesetz eine Sichtbarkeit und eine Sensibilität zu schaffen, jedoch müsse an anderen Stellschrauben gedreht werden, hieß es weiter. Das Gesetz gilt seit vier Jahren und soll den gleichen Lohn für Frauen und Männer bei gleichwertiger Arbeit durchsetzen. Mit dem Gesetz können Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer eine Auskunft über die Löhne in ihrem Unternehmen verlangen. Darüber hinaus falle der unbereinigte Gender Pay Gap in Ostdeutschland wesentlich geringer aus als in Westdeutschland. So sei der Unterschied im Osten bei nur sechs Prozent, im Westen hingegen läge er bei 20 Prozent. „Ostdeutsche Frauen wurden von Anfang an stärker in die Berufe eingebunden wurden“, betont Arabian-Vogel. Die Präsidentin sieht hier vor allem das etwas andere Familienmodell aus dem Osten im Vergleich zum Westen als ursächlich an.

Strukturbedingte Faktoren und fehlende Daten

Die Faktoren der Lohnungleichheit werden alle vier Jahre auf Basis der Verdienststrukturerhebung untersucht, zuletzt im Jahr 2018. Demnach seien auch 2020 die Faktoren strukturbedingt erklärbar – rund 71 Prozent der Verdienstunterschiede seien unter anderem darauf zurückzuführen, dass Frauen häufiger in Branchen und Berufen arbeiten, die schlechter bezahlt werden sowie in Teilzeit oder Minijobs. Der überwiegende Teil der teilzeitarbeitenden Frauen gab als Hauptgrund die Betreuung von Kindern oder Pflegebedürftigen (31 Prozent) beziehungsweise andere familiäre oder persönliche Verpflichtungen (17 Prozent) an.

Die restlichen 29 Prozent entsprechen dem bereinigten Gender Pay Gap. Danach hätten Arbeitnehmerinnen auch unter der Voraussetzung vergleichbarer Tätigkeit und äquivalenter Qualifikation im Jahr 2018 pro Stunde sechs Prozent weniger als Männer verdient. In Zahlen ausgedrückt: Frauen verdienten im Schnitt 18,62 Euro brutto pro Stunde, das sind 4,16 Euro weniger als es bei Männern der Fall war (22,78 Euro). 2019 hatte diese Differenz 4,28 Euro betragen. Es sei jedoch davon auszugehen, dass die Unterschiede geringer ausfielen, wenn weitere Informationen über lohnrelevante Einflussfaktoren für die Analysen zur Verfügung stünden, vor allem Angaben zu Erwerbsunterbrechungen. Dennoch stiegen die Bruttostundenverdienste der Frauen im Jahr 2020 um 3,5 Prozent an, bei den Männern waren es 2,3 Prozent. Dies führte zu einem geringeren Gender Pay Gap – jedoch könnte die Kurzarbeit in der Corona-Krise diesen Effekt verstärkt oder dem entgegengewirkt haben. Die Höhe des Einflusses konnte aus den vorliegenden Daten nicht quantifiziert werden, da diese nicht erhoben werden. Dazu zählt das Kurzarbeitergeld nicht zum Bruttoverdienst und fließt daher nicht in die Berechnung des Gender Pay Gap ein.

Änderungen, um die Lücke zu schließen

Arabian-Vogel: „Wir fordern die Politik auf, Rahmenbedingungen zu schaffen, die eine Änderung herbeiführt.“ Hier nannte die Unternehmerinl das Beispiel vom Ehegatten-Splitting. So sei das traditionelle Familienmodell, bei dem der Mann als Ernährer der Familie arbeitet und die Frau zuhause bleibt, steuerlich honoriert.. „Das ist ein Punkt, an dem die Politik die Spielregeln verändern kann. In der Realität ist dieses Familienbild schon längst überholt.“

„Wir brauchen ein Gesetz, das die Ursache der Entgeltlücke angeht“, sagt auch Henrike von Platen, Fair Pay Innovation Lab (Unternehmensberatung für faire Bezahlung). „Die Ursache liegt nicht dort, wo ich das Geld bekomme, sondern liegt dort, wo das Geld abfließt und das ist im Unternehmen.“ In der Praxis zeige sich, dass Frauen in Spitzenpositionen ein Instrument sein können, um die Lohnlücken zu verkleinern, wie von Platen erklärt. „Eine gleichmäßige Verteilung der Geschlechter über alle Gehaltsniveaus führt dazu, dass sich der Gender Pay Gap schließen wird. Nicht komplett, aber es ist ein großer Baustein. Bei Unternehmen ist er häufig ein sehr markanter, sprich einen, den man priorisieren kann.“ Auch Brüssel stärkt die faire Bezahlung: Die EU-Kommission will größere Unternehmen verpflichten, ihren Gender Pay Gap zu veröffentlichen. Bei großen Lohnlücken sollen sie gegensteuern.