Ergebnisse der ZVA-Branchenstrukturerhebung im Detail

ZVA Branchenergebnis: Konzentrationsprozess wird sich fortsetzen

Im Januar hat Sigrun Schmitz, Abteilungsleiterin Betriebswirtschaft und Krankenkassen beim ZVA, die Ergebnisse der vom Zentralverband initiierten aktuellen Branchenstrukturerhebung bereits im Überblick vorgestellt. Hier folgt eine detailliertere Betrachtung unter den Aspekten der aktuellen Marktstruktur, der regionalen Unterschiede innerhalb Deutschlands sowie der Marktveränderungen in den vergangenen Jahren.
Eine alte Dame nutzt eine Lupe, um ein Buch zu lesen

Für Menschen mit starken Seheinschränkungen sind vergrößernde Sehhilfen oftmals die einzige Lösung.

© AdobeStock / Stefanie Baum

Erstveröffentlicht in der DOZ 02I24

Die Branchenstrukturerhebung kann als repräsentativ für die Augenoptikbranche ohne Großfilialisten angesehen werden. Vor diesem Hintergrund sind die folgenden Ausführungen zu den regionalen Unterschieden bei der Betriebsgröße zu verstehen. Für die Auswertung der Betriebsgrößenklassen nach Regionen wurden die sogenannten Nielsen-Gebiete herangezogen. Es handelt sich hier um nach wirtschaftlichen Kriterien festgelegte Regionen Deutschlands, die teilweise mehrere Bundesländer umfassen und ursprünglich von der Firma Nielsen zu Marktforschungszwecken festgelegt wurden. Im Jahr 2008 wurden die Nielsengebiete 5 und 6 zusammengelegt.

Gesamtumsatz Betriebsstätte
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Eine Betrachtung der Betriebsgrößenklassen auf dieser Grundlage (siehe Grafik 1) zeigt, dass es innerhalb Deutschlands deutliche Unterschiede hinsichtlich der Umsatzgrößenverteilung der Betriebe gibt. Insbesondere in den Gebieten Nielsen 5 + 6 und 7 gibt es überproportional viele kleinere Betriebe. Der Anteil der Betriebe mit einem Netto-Jahresumsatz bis 250.000 Euro von 40 Prozent (Nielsen 5 + 6) und 54 Prozent (Nielsen 7) liegt deutlich über dem bundesweiten Durchschnitt von 28 Prozent. Umgekehrt liegt der Anteil der Betriebsstätten mit einem Jahresumsatz von 500.000 Euro netto und mehr in den Nielsengebieten 3b und 4 deutlich über dem Gesamtdurchschnitt.

Marktveränderungen vor allem ab dem Jahr 2014

Bereits seit über 30 Jahren führt der ZVA Branchenstrukturerhebungen durch. Daher lassen sich Betrachtungen und Vergleiche über einen langen Zeitraum anstellen. Die Frage nach der Umsatzgröße pro Betriebsstätte wurde über diesen Zeitraum in identischer Art und Weise gestellt, sodass sich die Veränderungen in den Umsatzkategorien über diesen langen Zeitraum darstellen lassen (siehe Grafik 2). Die Ergebnisse zeigen, dass sich in den Jahren 1992 bis 2010 nur wenig geändert hat. Die Anteile der Betriebsstätten in den Größenklassen blieben weitgehend identisch. Im Jahr 2010 lag ein Fünftel der Betriebsstätten in der Umsatzkategorie „bis 125.000 Euro Umsatz pro Jahr (netto)“, knapp ein Drittel in der Kategorie „bis 250.000 Euro“. Mit einem Anteil von 37 Prozent lag der größte Anteil im Umsatzbereich 250.001 bis 500.000 Euro. Lediglich zwölf Prozent der Betriebsstätten machten mehr als 500.000 Euro Jahresumsatz (netto).
Seit dem Jahr 2014 gibt es deutliche Verschiebungen. Die kleinen Betriebsstätten gehen zurück, während die größeren Einheiten zunehmen. Erzielten im Jahr 2010 noch über die Hälfte der Betriebe (51 Prozent) einen Jahresumsatz bis 250.000 Euro, liegt dieser Anteil im Jahr 2022 nur noch bei 28 Prozent. Umgekehrt lag der Anteil der Betriebsstätten mit einem Jahresumsatz über 500.000 Euro im Jahr 2010 noch bei zwölf Prozent, während er im Jahr 2022 bei 32 Prozent liegt. Diese Veränderungen sind nicht mehr allein durch die Preissteigerungs- bzw. Inflationsrate zu erklären. Der durchschnittliche Nettoumsatz einer Betriebsstätte liegt im Jahr 2022 bei 473.875 Euro und damit um 19 Prozent über dem Wert von 2018. Seit 2014 ist der durchschnittliche Nettoumsatz pro Betriebsstätte um 41 Prozent gestiegen, während die Preissteigerungsrate in diesem Zeitraum bei 17 Prozent lag. Dies zeigt die deutlichen Verschiebungen in Richtung größerer Betriebsstätten, die über den Effekt der Preissteigerungsrate hinausgehen.

Gesamtumstatz Betriebsstätte Mwst
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Generell ist festzustellen, dass die Betriebsstätten in Deutschland seit dem Jahr 2013 zurückgehen. Davor waren – trotz gegenteiliger Prognosen vor dem Hintergrund der Änderungen der Sozialgesetzgebung und dem fast völligen Herausfall der Sehhilfen aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung im Jahr 2004 – jährliche Zuwächse zu verzeichnen. Die größte Anzahl an Betriebsstätten hatte die Branche im Jahr 2012 mit 12.030 Geschäften. Danach ging die Anzahl sukzessive zurück. Im Jahr 2022 geht der ZVA von 11.100 Augenoptikbetrieben aus. Dies ist in Rückgang von knapp acht Prozent bezogen auf das Jahr 2012.

Die Entwicklung zu größeren Betrieben/Geschäften liegt zum einen am Rückgang der Betriebsstätten an sich. Hauptsächlich kleinere Betriebe verschwinden vom Markt, da sie keinen Nachfolger finden und den Betrieb schließen müssen. Auf der anderen Seite kommt immer mehr Geld in die Branche, Kapitalunternehmen bauen neue Ketten auf. Neben der Neueröffnung von Standorten übernehmen diese Ketten auch zum Verkauf stehende Betriebsstätten, allerdings werden in erster Linie die größeren Geschäfte übernommen. Dies gilt auch für bereits bestehende mittelgroße Filialunternehmen, die weiter expandieren. All dies trägt zur beschriebenen Marktveränderung mit der Tendenz zu immer größeren Betriebsstätten bei.

Beachtliche Veränderungen im Ranking der Umsatzriesen 

Betrachtet man die großen Unternehmen in der Branche und vergleicht die Liste der umsatzstärksten Unternehmen des Jahres 2022 (siehe Tabelle) mit der Liste aus dem Jahr 2014, so stellt man beachtliche Veränderungen fest. Die Plätze eins bis drei sind unverändert. Neu in der Liste aufgeführt sind Firmen wie Mister Spex und SuperVista mit ihren hybriden Vertriebswegen. Allein durch die Aufnahme dieser beiden Firmen haben sich Verschiebungen ergeben. Zusätzlich wurden neue Firmen gegründet (Ounda) bzw. traten in den augenoptischen Markt ein (Kind Hörgeräte). Firmen wie eyes and more sowie Rottler, aber auch die Viehoff-Gruppe und Neusehland haben expandiert und ihre Umsätze deutlich ausgeweitet. Die Zahl der größeren augenoptischen Unternehmen hat zugenommen. Nicht alle sind in der abgebildeten Liste der 20 größten Unternehmen enthalten.

Umsatzstärkste Unternehmen
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Vor dem Hintergrund des hohen Durchschnittsalters der Betriebsinhabenden stehen auch weiterhin viele Betriebsübergaben an: In den kommenden ein bis zwei Jahren möchten 15 Prozent der Inhabenden ihren Betrieb oder einzelne Betriebsstätten übergeben, das heißt verkaufen und falls kein Verkauf möglich ist, schließen. 16 Prozent dieser Inhaberinnen und Inhaber rechnen jetzt schon damit, dass ein Verkauf unmöglich sein wird und sie ihren Betrieb daher schließen müssen. Dabei handelt es sich in erster Linie um kleinere Einheiten mit weniger als 250.000 Euro Umsatz pro Jahr. Diese Betriebe werden also vom Markt verschwinden, übrig bleiben die größeren Betriebe, die entweder selbstständig weitergeführt oder von kleineren oder größeren Ketten aufgekauft werden. Das bedeutet, dass sich der Markt weiterhin verändern und der Konzentrationsprozess sich aller Wahrscheinlichkeit nach weiter fortsetzen wird.

Sigrun Schmitz
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Autorin: Sigrun Schmitz

ist Diplom-Betriebswirtin und arbeitet beim Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) als Abteilungsleiterin Betriebswirtschaft und Krankenkassen.