Die wesentlichen Ergebnisse der Branchenstrukturerhebung

ZVA: Betriebe arbeiten effektiver, Konzentration schreitet fort

Etwa alle vier Jahre führt der ZVA eine Branchenstrukturerhebung durch, so auch wieder zum Ende des Jahres 2023. Zum wiederholten Mal wurde die aktuelle Erhebung gemeinsam mit der GfK an NIQ Company (ehemals: Gesellschaft für Konsumforschung, Nürnberg) durchgeführt. Sigrun Schmitz, Abteilungsleiterin Betriebswirtschaft/Krankenkassen beim ZVA, fasst hier die wichtigsten Ergebnisse zusammen.
Auswertungen Umsatz & Unternehmenswert
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Erstveröffentlicht in der DOZ 01I24

Durch die regelmäßige Durchführung der Branchenstrukturerhebung können längerfristige Trends erkannt werden, gleichzeitig erhält der Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) eine detaillierte Situationsanalyse der Branche zum Be fragungszeitpunkt. Diese Daten dienen zum einen der fundierten Erarbeitung berufspolitischer Entscheidungen, zum anderen werden die Ergebnisse den Augenoptikbetrieben sowie der interessierten Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt.

Vom 27. Juli bis 10. September vorigen Jahres wurde die Branchenstrukturerhebungmittels Online-Fragebogen durchgeführt. Gefragt wurde nach den Zahlen des Jahres 2022 mit Stichtag 31. Dezember 2022. An der Umfrage haben sich 916 Unternehmen/Hauptbetriebe mit insgesamt 1.496 Filialen beteiligt. Unter den Teil nehmern waren fünf Unternehmen mit insgesamt 429 Filialen. Jedes dieser Unternehmen gab an, mehr als zehn Filialen zu betreiben. Die weiteren 911 Unternehmen gaben an, bis maximal zehn Betriebsstätten zu besitzen.

Bezogen auf eine Grundgesamtheit von 11.100 augenoptischen Fachgeschäften in Deutschland im Jahr 2022, beläuft sich der Anteil der insgesamt teilnehmenden Betriebsstätten auf 13,5 Prozent. Die regionale Verteilung stimmt im Wesentlichen mit der tatsächlichen Verteilung der Betriebe in Deutschland entsprechend der Angaben des Zentralverbands des deutschen Handwerks überein. Somit kann die Strukturerhebung als repräsentativ für die Augenoptikbranche ohne Großfilialisten gelten.

Inhaber, Mitarbeiter, Übergaben: relevante Ergebnisse im Detail

Inhaber: Seit 2010 steigt das Durchschnittsalter der Betriebsinhaber und -inhaberinnen kontinuierlich an. Im Jahr 2010 waren die Inhabenden durchschnittlich 51 Jahre alt, im Jahr 2022 liegt das Durchschnittsalter bei 55 Jahren. Die Altersstruktur verschiebt sich weiter in Richtung der höheren Altersklassen. Mittlerweile sind 36 Prozent der Inhaber 60 Jahre oder älter. Mit einem Anteil von 38 Prozent sind die meisten Inhaberinnen in der Altersgruppe von 50 bis 59 Jahren zu finden. Der Anstieg des Durchschnittsalters der Betriebsinhaber bedeutet gleichzeitig auch eine große Anzahl von Betriebsübergaben in der nahen Zukunft.

Betriebsübergaben/-schließungen: Im Rahmen der Erhebung wurden die Betriebsinhaber gefragt, ob bzw. in welchem Zeitrahmen gegebenenfalls Betriebsübergaben, sowohl des ganzen Betriebs als auch einzelner Betriebsstätten, anstehen. Hierfür wurden kurz- bis mittelfristige Zeiträume abgefragt. Für den Zeitraum „ein bis zwei Jahre“ gaben 15 Prozent der Unternehmen an, dass eine Übergabe bzw. Schließung geplant sei. In den mittel- und längerfristigen Zeiträumen waren es 16 bzw. 25 Prozent (siehe Grafik 1).

Grafik 1 ZVA-Branchenstrukturerhebung

Betrachtet man die abgefragte kürzeste Frist von ein bis zwei Jahren, so ist festzustellen, dass die Inhaberinnen zu 16 Prozent von einer Betriebsschließung ausgehen. In sechs Prozent der Fälle wurde sowohl die Schließung als auch die Übergabe als Option genannt, 78 Prozent rechnen mit einer Übergabe bzw. einem Verkauf. Vor allem kleinere Betriebe haben wenig Hoffnung, ihren Betrieb übergeben zu können. In den Betriebsgrößenklassen bis 125.000 bzw. 250.000 Euro Jahresumsatz (netto), gab mehr als die Hälfte der Inhaber an, dass sie ihren Betrieb schließen werden. Dieser Anteil sinkt drastisch in den größeren Umsatzklassen. Je weiter die geplante Übergabe in der Zukunft liegt, desto optimistischer sind die Inhaberinnen, einen Verkauf realisieren zu können und nicht schließen zu müssen.

Mitarbeiterstruktur: Die Augenoptik ist ein weiblich geprägter Beruf. Insgesamt, inklusive Inhaberinen, sind zwei Drittel der Beschäftigten weiblich. Der Anteil der Frauen ist insbesondere bei den Gesellen, Auszubildenden und sonstigen Mitarbeitern hoch. Bei den Meistern liegt der Frauenanteil bei 47 Prozent mit steigender Tendenz. Auch als Inhaberin haben die Frauen noch Nachholbedarf. Ihr Anteil liegt derzeit bei 30 Prozent und damit allerdings um drei Prozentpunkte höher als bei der letzten Erhebung (siehe Tabelle 1).

Tabelle ZVA-Erhebung

Mehr Meisterinnen und Inhaberinnen

Legt man die bereinigte Beschäftigtenzahl zugrunde (unter Berücksichtigung der Arbeitszeiten), sind in den mittelständischen Betrieben im Durchschnitt zu 45 Prozent Meisterinnen inklusive Inhaberinnen beschäftigt, zu 39 Prozent Gesellen, zu fünf Prozent Auszubildende und zu elf Prozent sonstige Mitarbeiterinnen (siehe Grafik 2). Je nach Umsatzgröße sind die Anteile unterschiedlich stark vertreten. In der Umsatzklasse bis 125.000 Euro pro Jahr liegt der Meister bei einem Anteil von 61 Prozent. Dies ist der höchste Anteil bezogen auf die Umsatzgruppen. Zu erklären ist dies damit, dass in kleinen Betrieben häufig der Inhaber – als Meister – allein oder mit Gesellen oder sonstigen Mitarbeitern arbeitet, gegebenenfalls in Teilzeit.

In den größeren Umsatzkategorien ändert sich das Bild deutlich. Hier sinkt der Anteil der Meisterinnen bis auf 43 Prozent in der Umsatzgrößenklasse über 750.000 Euro Jahresumsatz. Der Anteil der Gesellinnen unterscheidet sich in den unterschiedlichen Größenklassen (mit Ausnahme der kleinsten) nicht allzu deutlich – der Anteil liegt hier zwischen 35 und 41 Prozent. Im Gesamtdurchschnitt liegt der Anteil der Gesellen bei 39 Prozent. Er liegt damit um fünf Prozentpunkte über dem Anteil im Jahr 2018, allerdings auf gleichem Niveau wie 2014.

Grafik 2 ZVA-Branchenstrukturerhebung

Weniger Auszubildende

Abgenommen hat der Anteil der Auszubildenden. Er liegt in den höheren Umsatzklassen bei fünf Prozent und damit auf dem Niveau des Gesamtdurchschnitts. In den Betrieben mit einem Jahresumsatz bis 250.000 Euro (netto) wird weniger ausgebildet. Der Anteil der „sonstigen Mitarbeiter“ liegt etwas unter dem Anteil der vorigen Erhebung. Dies erstaunt deshalb, weil in der Branche schon seit mehreren Jahren ein Mangel an Fachkräften herrscht, und es daher zu erwarten gewesen wäre, dass Mitarbeiter aus anderen Bereichen zugenommen hätten.

Fachkräftemangel und Betriebsanpassung

Bereits in mehreren Umfragen des ZVA wurde deutlich, dass die Betriebe ihre offenen Stellen nicht oder nicht in der gewünschten Art und Weise besetzen können. Zuletzt wurde dies in der Online-Umfrage zur wirtschaftlichen Situation der Betriebe Anfang 2023 deutlich. In dieser Umfrage gaben 42 Prozent der Betriebe an, im vergangenen halben Jahr Fachpersonal gesucht zu haben. Von diesen Betrieben konnten 68 Prozent die Stelle gar nicht besetzen, teilweise konnte die Stelle nicht mit der gewünschten Qualifikation, nur in Teilzeit oder erst zu einem späteren Zeitpunkt besetzt werden.

Die Ergebnisse der aktuellen Branchenstrukturerhebung legen die Vermutung nahe, dass sich die Betriebe darauf einstellen, mit dem zur Verfügung stehenden Personal irgendwie klarzukommen. Die Betriebe gehen beispielsweise vermehrt dazu über, Termine zu vergeben. 43 Prozent der Betriebe gaben an, eine Online- Terminvergabe anzubieten. Dieser Anteil lag vor vier Jahren noch bei 22 Prozent. Dies dürfte einerseits auf die positiven Erfahrungen während der Corona-Zeit bei der (Online-)Terminvergabe zurückzuführen sein, andererseits auf die Möglichkeit, das Personal mit dieser Vorgehensweise effizienter einzusetzen.

Glas-Endrandung und Brillenfertigung extern

Ein weiteres Instrument, dem Fachkräftemangel zu begegnen, ist die Auslagerung von Tätigkeiten, die nicht unbedingt betriebsintern vom eigenen Fachpersonal durchgeführt werden müssen. Daher ist es folgerichtig, dass die Betriebe die Endrandung der Korrektionsgläser sowie die komplette Fertigung der Brillen vermehrt extern durchführen lassen.

Während im Jahr 2018 noch knapp die Hälfte der Betriebe überhaupt keine Gläser extern endranden ließen, waren es im Jahr 2022 nur noch knapp ein Fünftel der Betriebe. Neun Prozent der Betriebe gaben an, in ihren Betrieben alle Gläser extern endranden zu lassen. Im Gesamtdurchschnitt wird die Hälfte der Gläser (50,4 Prozent) extern endgerandet. Im Jahr 2018 lag der Gesamtdurchschnitt noch bei 30 Prozent, im Jahr 2010 bei 15 Prozent.

Eine ähnliche Entwicklung zeigt sich beim Glazing, also der kompletten Auslagerung der Brillenfertigung. Für das Jahr 2022 gaben nur noch knapp ein Viertel der Betriebe an, dieses Instrument überhaupt nicht einzusetzen. Sechs Prozent der Unternehmen fertigen überhaupt nicht mehr im eigenen Betrieb, sondern lassen alle Brillen extern fertigen. Im Gesamtdurchschnitt werden aktuell knapp ein Viertel der Brillen (22,1 Prozent) extern gefertigt (2018: 12 Prozent).

Betriebsstruktur nach Umsatz, Rechtsform, Lage und Größe

In puncto Umsatz zeigen die Ergebnisse der aktuellen Branchenstrukturerhebung, dass die Betriebsstätten/ Filialen immer größer werden bzw. einen immer höheren Umsatz ausweisen (siehe Grafik 3). Die Anteile der kleineren Betriebsstätten mit einem Netto-Jahresumsatz bis 250.000 Euro im Jahr 2022 liegen bei 28 Prozent, während dieser Anteil im Jahr 2018 noch bei 33 Prozent lag. Auch der Anteil der Betriebsstätten mit einem Umsatz bis 500.000 Euro ist rückläufig. Dem gegenüber ist der Anteil der Betriebsstätten mit einem Jahresumsatz über 500.000 Euro deutlich gewachsen, er liegt aktuell bei 32 Prozent und hat sich damit gegenüber 2018 mehr als verdoppelt.

Bei der Interpretation dieses Ergebnisses sind verschiedene Faktoren zu berücksichtigen: Zum einen gab es in den vergangenen (vier) Jahren eine deutliche allgemeine Preisentwicklung bzw. Inflationsrate. Zum anderen dürften in den vergangenen Jahren auch einige – vor allem kleine – Betriebe mangels Nachfolger geschlossen haben. Zu berücksichtigen ist auch die Corona-Krise in den Jahren 2020 und 2021, aufgrund derer es ebenfalls zu Betriebsschließungen kam. Festzustellen ist jedoch, dass sich, insbesondere ab dem Jahr 2014, deutliche strukturelle Änderungen in der Branche zeigen.

Grafik 3 ZVA-Branchenstrukturerhebung

Nach wie vor macht die Brillenoptik mit 74 Prozent den Hauptanteil des Umsatzes eines Augenoptikbetriebs aus. Dieser Anteil ist im Vergleich zu 2018 nahezu stabil. Der zweitwichtigste Umsatzträger ist der Kontaktlinsenbereich mit einem Anteil von insgesamt elf Prozent (neun Prozent Kontaktlinsen, zwei Prozent Pflegemittel). In der Branchenstrukturerhebung 2018 wurde erstmals nach dem Umsatz mit optometrischen Dienstleistungen gefragt. Dieser beläuft sich sowohl im Jahr 2018 als auch 2022 auf zwei Prozent des Gesamtumsatzes. Die übrigen 13 Prozent des Umsatzes entfallen auf Sonnenbrillen (ohne Korrektion), Hörgeräte, vergrößernde Sehhilfen sowie Handelswaren. Im Zeitraum von 20 Jahren haben sich die Umsatzanteile nur leicht verschoben. Der Brillenoptikumsatz ging leicht zurück, während der Anteil des Umsatzes mit Kontaktlinsen etwas zunahm.

Bezüglich der Rechtsform, des Standorts sowie der Lage der Betriebe hat sich gegenüber den vorangegangenen Erhebungen nichts Wesentliches geändert. Die Ergebnisse stellen eine Fortschreibung der bisherigen Situation dar. Nach wie vor werden mittelständische Augenoptikbetriebe überwiegend als Einzelfirma geführt. Aktuell liegt deren Anteil bei 67 Prozent, der der GmbHs bei 24 Prozent.

Die meisten Betriebe in 1b-Lage

Im Durchschnitt liegt die Hälfte der Betriebsstätten in Gemeinden mit bis zu 20.000 Einwohnern – lediglich zehn Prozent der Betriebsstätten liegen in Orten mit über 500.000 Einwohnern. Kleinere Betriebsstätten mit weniger Umsatz finden sich häufiger in kleineren Städten – und umgekehrt. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass diese Aussagen nur für die mittelständischen Augenoptikbetriebe gelten und Großfilialisten nicht berücksichtigt sind.

Die Beurteilung der Lage der Betriebe beruht auf der Einschätzung des Betriebsinhabers. Mit 43 Prozent wird der größte Anteil der Betriebe in die 1b-Lage einsortiert. Einen etwas kleineren Anteil (39 Prozent) macht die 1a-Lage aus.

Im Vergleich zur vorherigen Branchenstrukturerhebung sind die Betriebe in ihrer Verkaufsfläche insgesamt größer geworden. Die durchschnittliche Verkaufsfläche ist von 78,5 Quadratmetern im Jahr 2018 auf derzeit 99 Quadratmeter gestiegen.

Erhebung fördert vorherrschende Themen der Branche zutage

Die Ergebnisse der Branchenstrukturerhebung veranschaulichen sehr deutlich die in der Augenoptik vorherrschenden Themen wie älter werdende Betriebsinhaber, anstehende Betriebsübergaben, Änderung der Marktstruktur und Fachkräftemangel sowie den Umgang der Betriebe mit diesen Themen.

Die vorliegenden Ergebnisse der aktuellen Erhebung zeigen, dass die Betriebe auf das Problem „Fachkräftemangel“ reagieren und sich an die veränderte Situation anpassen. So bietet beispielsweise das verstärkte Angebot der Online Terminvergabe die Möglichkeit, das Personal effektiver einzusetzen. Auf der anderen Seite werden Tätigkeiten ausgelagert, die nicht dringend innerhalb des Betriebes von Fachkräften verrichtet werden müssen, wie etwa Endrandung und Glazing.

Größe der Betriebsstätten nimmt zu, während Anzahl insgesamt abnimmt

Auffallend sind die Veränderungen der Betriebsstruktur insbesondere seit dem Jahr 2014. Die Größe der Betriebsstätten nimmt deutlich zu und ist nicht mehr allein mit der Inflation beziehungsweise Preissteigerungsrate zu begründen. Die Betriebsstätten insgesamt gehen zurück. In den kommenden Jahren stehen allein aufgrund des Alters der Betriebsinhaber weitere Betriebsübergaben oder -schließungen an. Das bedeutet, dass sich der Markt weiterhin verändern und sich der Konzentrationsprozess aller Wahrscheinlichkeit nach weiter fortsetzen wird.

Eine detailliertere Analyse der Entwicklung der Marktstruktur folgt in der kommenden Ausgabe 02/2024 der DOZ.

Sigrun Schmitz
© ZVA

Autorin: Sigrun Schmitz

ist Diplom-Betriebswirtin und arbeitet beim Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) als Abteilungsleiterin Betriebswirtschaft und Krankenkassen.