Augenoptik heute und in Zukunft

ZVA-Obermeistertagung in Schönefeld

Augenoptik heute und in Zukunft, das ist – stark vereinfacht – das Thema, um das sich die Obermeistertagungen des Zentralverbands der Augenoptiker und Optometristen (ZVA) drehen. Die Vorträge der Obermeistertagung während der Sichtkontakte Anfang Oktober in Schönefeld machten da keine Ausnahme. Andererseits werden die diesjährigen Referate über Krankenkassen, optometrische Dienstleistungen und Telemedizin noch für jede Menge Gesprächs- und Diskussionsbedarf sorgen.
Auditorium mit Zuhörern und Christian Müller am Podium

ZVA-Präsident Christian Müller eröffnet die Obermeistertagung in Schönefeld mit dem Bericht zur aktuellen Situation.

© ZVA / Peter Magner

Erstveröffentlicht in der DOZ 11I23

In seinem Bericht zur aktuellen Situation der Branche kann Christian Müller, Präsident des Zentralverbands der Augenoptiker und Optometristen (ZVA), zwar darauf verweisen, dass das Jahr 2023 mit einem bisher aufgelaufenen Umsatzplus bei der Brillenoptik von 1,3 Prozent durchaus zufriedenstellend war. Aber er lässt gleichzeitig nicht unerwähnt, dass dieses Plus unter den aktuellen Bedingungen (Stichwort Inflation) ein Minus bedeutet. Auch wenn sich also die Augenoptik insgesamt trotz der aktuellen Lage mehr als gut schlägt, hinterlassen die vielfältigen Krisen der vergangenen Jahre ihre Spuren. Umso wichtiger ist da der Blick in die nähere Zukunft. Und dass über die gewählten Themen noch ausführlich zu sprechen sein wird, beweist der folgende Parforceritt durch ausgewählte Vorträge.

So setze sich der Verband trotz vieler Ungewissheiten und zäher Verhandlungen weiterhin für entsprechende Krankenkassenverträge ein: „Wir müssen die augenoptische Versorgung im Rahmen des GKV-Systems bestmöglich gestalten“, erklärt Müller. Dass dies kein leichtes Unterfangen ist, weiß aber auch der ZVA. So hört man auch den Satz: „Nichts ist sicher, wir müssen uns auf alles vorbereiten.“ Was das wiederum konkret bedeuten könnte, führt im Anschluss ZVA-Vizepräsident Kai Jaeger aus, der von einem Gespräch mit dem GKV-Spitzenverband berichtet und zum geplanten Gesetzgebungsverfahren zur Versorgung im GKV-System mit Sehhilfen informiert. Nachdem 2022 mit dem Bundesrechnungshof und dem Bundesamt für Soziale Sicherung gleich zwei bedeutende staatliche Institutionen Kritik an dem Verhalten der Krankenkassen hinsichtlich der Versorgung der gesetzlich Versicherten geäußert hatten, werde nun mit einem Gesetzgebungsverfahren gerechnet, um die aufgezeigten Defizite zu beseitigen. Die Krankenkassen bezichtigten die Betriebe der Gesundheitshandwerke dabei unter anderem, sie würden den Versicherten allzu oft eine unnötige, aufzahlungspflichte Versorgung anbieten. Nun sei der Gesetzgeber am Zug, auf die vorgebrachte Kritik 

Fielmann rollt den „Augen-Check-up“ aus

Mit Spannung erwartet wurde der Vortrag von Katrin Pietschmann, Managing Director der Fielmann Ventures GmbH. Immerhin soll hier das so bezeichnete Konzept des Augen-Check-ups vorgestellt werden, das kurz vor dem Roll-out in den Fielmann-Filialen steht. Auch Fielmann erkenne eine steigende Nachfrage nach augenärztlichen Leistungen, während gleichzeitig die Zahl der niedergelassenen Augenärzte abnehme. Eine Lösung dafür sieht der Branchenprimus in neuen Technologien, durch die Augenoptiker, ergo Fielmann, bei der Vorsorge eine Schlüsselrolle einnehmen können. Konkret beruht das Konzept auf der Zusammenarbeit mit dem Telemedizin-Anbieter Ocumeda. In den Filialen vor Ort sollen für den Augen- Check-up die Refraktionswerte, Aufnahmen des Augenhintergrundes durch eine Funduskamera sowie die Augeninnendruckwerte mittels NCT als Datenbasis dienen. Man habe sich bewusst, erklärt Katrin Pietschman auf Nachfrage aus dem Auditorium, beispielsweise für die Funduskamera und gegen das OCT entschieden, um die Akzeptanz bei Augenärzten zu erhöhen. Allzumal so alle Daten von Augenoptikern mit „Refraktionserfahrung und einer von Ocumeda zertifizierten Schulung“ erhoben werden könnten.

Die Daten werden anschließend digital an Ocumeda übermittelt und von angebundenen Augenärzten überprüft. Sodann erhielten die Kunden „innerhalb weniger Werktage“ eine Auswertung der Daten. Letztere erfolgt im Ampelsystem: Grün bedeutet „keine Auffälligkeiten“. Gelb bedeutet, dass eine augenärztliche Abklärung empfohlen wird. Rot schließlich, dass eine rasche augenärztliche Abklärung notwendig ist. Bereits seit 2021 testet Fielmann das Konzept in ausgewählten Filialen in der Schweiz und in Deutschland. Die Rückmeldungen der Kunden seien durchweg positiv. Dass das Konzept deshalb nun auf alle Filialen ausgeweitet werden soll, versteht sich daher von selbst. Auch wenn der endgültige Preis für die Dienstleistung „Augen-Check-up“ noch nicht letztgültig feststeht, wirft Pietschmann mit 49 Euro doch schon einen Preispunkt in den Ring. Über den Augen-Check-up von Fielmann wird sicher noch ausführlich gesprochen und berichtet werden. Denn egal, wie man letztlich zum Filialisten steht: Wenn der Marktführer optometrische Zusatzleistungen – und seien sie noch so niederschwellig – für sich entdeckt, dann wird das Echo in der gesamten Branche widerhallen.

Ländliche Versorgung im Fokus

Die Verknüpfung von Ophthalmologie und Optometrie sowie Augenoptik ist auch das Thema des ebenfalls auf Telemedizin spezialisierten Anbieters Mirantus Health aus Berlin. Mirantus-Gründer und CMO Dr. Claus Gruber will mit seinem Team jene Patienten erreichen, die besonders von medizinischer Unterversorgung betroffen sind, also vor allem in Seniorenheimen und in ländlichen Regionen sowie in der häuslichen Pflege. Davon gebe es in Europa immerhin über 100 Millionen. Dazu ist ein „mobiles Einsatzteam“, bestehend aus Optometristinnen und Augenoptikern, nötig, das die durch einen Augenarzt delegierte Untersuchung vor Ort durchführt. Die so gewonnenen Daten werden über die Telemedizin-Plattform von Mirantus dem Augenarzt zur Befundung vorgelegt, der diese wiederum in einer Videosprechstunde mit regionalen Augenärzten auswertet. Das hehre Ziel der besseren Versorgung bisher unterversorgter Patienten ist erstrebenswert. Was hier für Gesprächsstoff sorgen dürfte, ist vielmehr die Frage wo die benötigten Augenoptikerinnen und Optometristen herkommen sollen, angesichts des akuten Fachkräftemangels in der Branche.

Letztmals für Gesprächsbedarf sorgte 2018 die Branchenstrukturerhebung des ZVA. Zeit für eine Neuauflage also, deren erste Ergebnisse Roland Lorek von der GfK vorstellte. Zusammenfassend hat sich mit 30 Prozent im Vergleich zu 26 Prozent (2019) der Anteil der Betriebsinhaberinnen erhöht. Bei den Funktionen sind weibliche und männliche Meister mit jeweils 50 Prozent gleich aufgestellt, in den Qualifikationen bis zum Gesellen gibt es einen höheren Frauenanteil in der Augenoptik. Das Nachfolgeproblem verschärft sich weiterhin durch das steigende Alter der Betriebsinhaber. Nach einem Einbruch während der Corona Pandemie hat die Abgabe von Kontaktlinsen mit gut neun Prozent wieder zugelegt. In Kürze werden alle Ergebnisse der Branchenstrukturerhebung, die von Ende Juli bis Mitte September stattfand und mit 916 Rückläufern zu aussagekräftigen Ergebnissen führen dürfte, grafisch aufbereitet veröffentlicht.