Nachwuchs generieren und sichern

Tipps um Azubis in der Augenoptik zu gewinnen

Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BiBB) hat die offiziellen Ausbildungszahlen vorgelegt: So wurden 2020 weniger als 500.000 Verträge geschlossen. Um der gesunkenen Anzahl entgegenzuwirken, wurde das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ gestartet – auch um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf dem Ausbildungasmarkt zu dämpfen. Für die Nachwuchsgewinnung wird Social-Media als Marketing-Strategie empfohlen, um die junge Zielgruppe zu erreichen. Acht Tipps für ein gelungenes Azubimarketing.
junge Menschen für die Ausbildung begeistern

Mit einer Social-Media-Strategie lassen sich potenzielle Azubis direkt aus den Sozialen Medien rekrutieren.

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Viele wollen ausbilden, können es aber nicht. Wer also den Nachwuchs für sich gewinnen will, sollte in die Marketing-Kiste greifen. Für ein gelungenes Azubi-Marketing sollten die Vorbereitungen für 2021 heute schon in Social Media beginnen. Hier halten sich viele junge Menschen auf und wollen auch dort angesprochen werden. Dort erhalten sie schnell einen Eindruck über den Inhalt der Ausbildung und können ihre zukünftigen Kolleginnen und Kollegen kennenlernen.

Referentin Stefanie Sausele vom RKW Kompetenzzentrum erklärt: "Bei den Sozialen Medien geht es in erster Linie um Unterhaltung – das gilt auch im Bezug zum Azubimarketing. Das Ziel ist, über Instagram und Co. Aufmerksamkeit für die Ausbildungsstelle zu erzeugen, der zentrale Dreh- und Angelpunkt bleibt aber die eigene Karrierewebsite." Eine gut aufbereitete Karriereseite ist Sausele zufolge die Grundlage, um den Weg in die digitalen Medien zu wagen und sei daher der erste Schritt. In einem Online-Seminar verriet die RKW-Expertin acht Tipps, um potenzielle Bewerber auf sich aufmerksam zu machen, die nachfolgend übersichtlich zusammengefasst wurden.

Tipp 1: richtiger Social-Media-Kanal

Neben der Fotoplattform Instagram empfiehlt Sausele das chinesische Videoportal TikTok, da sich hier die jüngere Zielgruppe im potenziellen Ausbildungsalter aufhält. Facebook, Xing und LinkedIn seien aufgrund der älteren Zielgruppe bzw. des anderen inhaltlichen Fokus weniger zu empfehlen. Ihr Tipp: "Statt auf zu viele Kanäle zu setzen, besser intensiv weniger Kanäle regelmäßig mit Inhalten bespielen." Nach der alljährlichen Befragung der apoBank Düsseldorf nutzen im Jahr 2020 96 Prozent der befragten Schüler Youtube, dicht gefolgt von Instagram (91%), Snapchat (72%) und TikTok (42%).

Tipp 2: Azubi soll Social-Media-Kanäle betreuen

Wer eignet sich besser als die eigenen, bereits gewonnenen, Azubis für die Gewinnung? Diese können im Rahmen eines Projektes den Aufbau eines (Zweit-)Kanals selbstständig durchführen. Eigene Ideen für Postings aus ihrem Alltag entwickeln, diese umsetzen und so neue potenzielle Azubis ansprechen. Dies sei authentischer, so Sausele.

Tipp 3: Aufmerksamkeit über Kurzvideos

TikTok mit seinen kurzen Videos ist bei den Jugendlichen absolut im Trend. Hier können kostenlos kurze Video-Clips über alle möglichen Situationen erstellt werden. Mit dem Handy sind sie schnell umgesetzt und lassen sich leicht konsumieren. Inspiration bieten die Kanäle anderer Betriebe, der eigene Unternehmensalltag oder die auf TikTok aufgerufenen Musik-Challenges, bei denen teilgenommen werden kann. Über eine humorvolle Art und Weise kann Aufmerksamkeit für den eigenen Betrieb erzeugt werden. Längere Videos (wie Image-Filme, Job-, Test- oder Erklärvideos) können hingegen auf Youtube veröffentlicht werden.

Tipp 4: eigene Hashtags erstellen

Über Hashtags können Inhalte besser gefunden werden. Die zielgruppenrelevanten Hashtags lassen sich mit einer kurzen Suche herausfinden. Sinnvoll sind alle, die mit dem eigenen Beruf zu tun haben. Darüber hinaus empfiehlt Sausele, eigene spezifisch auf das Unternehmen angepasste Hashtags zu etablieren – beispielsweise der eigene Unternehmensname, Namen für bestimmte Produkte oder Produktfamilien. Über diese lassen sich alle Profilinhalte bündeln und bis zum eigenen Unternehmen nachverfolgen.

Tipp 5: Postings vorbereiten

Täglich oder wöchentlich Inhalte posten ist oft zeitaufwendig. Mit einem Redaktionsplan lassen sich die Posts, zum Beispiel für bestimmte Feiertage oder Welttage, vorplanen und vorbereiten. Für Facebook und Instagram gibt es das Creator Studio für die Beiträge. Wer vorplant, muss sich nicht in kurzen Abständen neue Ideen einfallen lassen. Für regelmäßigen Content bietet sich eine eigene Challenge an, zu welcher an einem bestimmten Wochentag zu einem Thema aus dem Unternehmen gepostet wird. Als Beispiel für Brillen: jede Woche wird ein neues Modell einer anderen Marke vorgestellt und ein bisschen was zur dahinterstehenden Geschichte erzählt. Weiter können beispielsweise Messebesuche, lokale Events im Ort, eigene Veranstaltungen wie ein Tag der offenen Tür usw. auf den Kanälen geteilt werden wie eine Roomtour, Routinen aus dem Betrieb, kurze Interviews mit einzelnen Mitarbeitern – Ideen gibt es viele.

Tipp 6: Werbung schalten

Mit wenig Geld kann zielgerichtet Werbung geschaltet werden. So können über die Zielgruppeneinstellung genau den richtigen Menschen aus Region und im passenden Alter die Werbung eingeblendet werden. Auch hier sollte vorher eine Zielgruppen-Analyse gemacht werden, da nicht jedes Unternehmen den gleichen Azubi anspricht (Schulabschluss, Alter etc.). Diese kann von den Nutzern (z.B. bei Instagram) nicht übersprungen werden. Nach der Schüler-Befragung nehmen 61 Prozent die In-App Werbung wahr, um sich über den Betrieb zu informieren.

Tipp 7: WhatsApp-Kontakt anbieten

Auch WhatsApp lässt sich für die Suche nutzen: über die Karrierewebsite können Unternehmen eine Sprechstunde via WhatsApp anbieten. Hier sollten neben der Telefonnummer auch die Zeiten stehen, in denen der Ansprechpartner zum Thema Ausbildung zu erreichen ist.

Tipp 8: Datenschutz

Für Social-Media gilt – egal ob privat oder beruflich – der Datenschutz. Einen Überblick gibt DATEV, das Unternehmen für Datenverarbeitung, was datenschutzrechtlich (und darüber hinaus) bei der Nutzung von Social Media zu beachten ist. Ein wichtiger Punkt: Für die Veröffentlichung von Fotos der Mitarbeiter braucht es eine schriftliche Einverständniserklärung – diese muss vorab, freiwillig, in informierter Weise erfolgen und vom Verantwortlichen nachgewiesen werden können.

Extra-Tipp: Das RKW Kompetenzzentrum hat eine kostenlose Mappe zum Thema Azubimarketing erstellt.

Corona trifft den Ausbildungsmarkt hart

Nach den offiziellen Zahlen des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) wurden 2020 erstmals seit der Wiedervereinigung weniger als 500.000 Ausbildungsverträge abgeschlossen. So wurden bundesweit 467.5000 Verträge geschlossen, 2019 begannen noch 525.000 junge Menschen eine Ausbildung. Im Handwerk gab es ein Minus von „moderaten“ 7,5 Prozent. Berufe wie Maurer, Dachdecker, Fliesen-, Platten und Mosaikleger, Zimmerer oder Zweiradmechatroniker konnten sogar ein Plus erzielen. In Industrie und Handel wurde ein Rückgang von durchschnittlich 14 Prozent registriert, unter anderem waren Ausbildungsberufe wie Tourismuskaufmann, Veranstaltungskaufmann, Hotelfachmann, Restaurantfachmann, Koch sowie Mediengestalter Digital und Print besonders betroffen.

Der Hauptgrund für den Rückgang der neuen Lehrverträge sei die Corona-Pandemie, so das Institut. Sowohl das Ausbildungsangebot als auch die Nachfrage sinkt. Zudem sei es aufgrund der aktuellen Lage schwieriger geworden, ohne die Ausbildungsmessen und Praktika, die Betriebe mit interessierten Azubis zusammenzubringen, hieß es. Doch auch der demografische Wandel wird zum Risiko für Firmen, denn die Zahl der Schulabgänger sinkt jedes Jahr weiter.

Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks (ZDH), Hans Peter Wollseifer, betont: „Durch eine beispiellose Aufholjagd dank des großen Engagements der Handwerksbetriebe und mit Unterstützung der Handwerksorganisation haben wir es über den Sommer und in den vergangenen Monaten geschafft, diesen Rückstand zu verkleinern.“ Von Januar bis Mai 2020 hätte die Differenz noch 18 Prozent betragen. Vermittlungsaktionen fänden statt, um weitere Ausbildungsplätze zu besetzen. In Baden-Württemberg sei derzeit ein verspäteter Ausbildungsbeginn zum Februar 2021 im Gespräch. Ausbildungswillige Jugendliche können jedoch unabhängig davon noch eine Ausbildung beginnen, denn Betriebe und Berufsschulen ermöglichen auch einen Start im Winter.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund sieht die sinkenden Zahlen als schlechtes Vorzeichen für 2021. "Vor allem junge Menschen mit niedrigen oder mittleren Schulabschlüssen sowie Jugendliche aus Einwandererfamilien drohen zu den Verlierern der Krise zu werden", sagte die stellvertretende DGB-Vorsitzende Elke Hannack. Sie forderte eine Ausbildungsgarantie, die Jugendlichen, die keinen betrieblichen Ausbildungsplatz bekommen, den Einstieg in das erste Ausbildungsjahr in einer außerbetrieblichen Ausbildung ermöglichen soll. Weiter warnt der Verband, dass junge Menschen, die jetzt nicht ausgebildet würden, künftig als Fachkräfte fehlten.

Mit dem Bundesprogramm „Ausbildungsplätze sichern“ habe das Handwerk eine politische Stützungsmaßnahmen für den Ausbildungsmarkt erreicht, um die coronabedingten negativen Auswirkungen möglichst gering zu halten. Die jüngste Verbesserung sei "ein wichtiges Signal der Wertschätzung des Ausbildungsengagements der Betriebe unter den Corona-erschwerten Bedingungen", so Wollseifer.