Wie sich die Aus- und Weiterbildung finanziert – Teil 3

Das Studium liegt im Trend - das Bafög eher weniger

Rund 2,9 Millionen Studierende waren im Wintersemester 2019/2020 an deutschen Hochschulen immatrikuliert. Studieren liegt weiterhin im Trend - will aber auch finanziert werden. Wie gut, dass die Regierung auch beim Studenten-Bafög einige gesetzliche Änderungen durchgesetzt hat. Zum Abschluss unserer dreiteiligen Serie schauen wir uns die aktuelle Finanzierung des Augenoptik-Studiums genauer an.
Studenten vor einer Uni freuen sich

Wer studieren will, kann Bafög beantragen - zum Wintersemester 2020/2021 hat die Bundesregierung einige Verbesserungen beschlossen.

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Hannah, 25, studiert Augenoptik an der Hochschule Aalen und sagt: „Mein erster Bafög-Antrag lief ohne große Probleme. Fehlende Unterlagen habe ich nachgereicht. Beim Antrag für dieses Jahr  - 5. und 6. Semester - nicht. Meine neue Sachbearbeiterin hat einige Unterlagen bezüglich meines Vermögens falsch berechnet, die Aktualisierung des Gehalts meiner Mutter mittels Formblatt 7 nicht mit einbezogen und wollte Steuerunterlagen meines Vaters von 2016, die dem Bafög-Amt bereits von meinem Antrag 2018 hätten vorliegen müssen. Aufgrund dieser Fehler bekam ich einen Bescheid über Null Euro Förderung, gegen den ich mit Hilfe eines Anwalts aktuell Widerspruch eingelegt habe.“

„Viele studieren nach dem Abitur erstmal Bafög", sprach einst Klaus Klages, deutscher Gebrauchsphilosoph und Abreißkalenderverleger. Wer mit dem Vollzeit-Studium anfängt, kann Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz beantragen. Allerdings gibt es einen Haken: Es ist vom Einkommen der Eltern abhängig. Verdienen diese mehr als die Einkommensgrenze erlaubt, gibt es keinen Cent. Weitere Voraussetzungen sind die deutsche Staatsangehörigkeit, die Eignung (ob das Ziel erreicht wird) und das Alter bei Beginn des Studiums (unter 30 Jahre). Eine Bewilligung gilt in der Regel für zwölf Monate, danach muss ein Folgeantrag gestellt werden. Egal ob Erst- oder Folgeantrag: Ausgezahlt wird das Geld immer erst ab Antragsmonat, nicht rückwirkend.

„Dadurch wird Formblatt 5 zu einem weiteren Problem“, erzählt Hannah. „Die Hochschule muss darauf bestätigen, dass der Student alle erforderlichen Leistungen des Semesters bestanden hat beziehungsweise in der vorgegebenen Zeit voraussichtlich das Studium abschließen kann. Damit das Bafög-Amt fortlaufend Zahlungen tätigt, muss der Folgeantrag bis zu einer Deadline eingereicht werden, zu der unser Semester noch nicht beendet ist. Folglich kann der Nachweis von der Hochschule nicht ausgefüllt und pünktlich eingereicht werden. Übrigens: Mit der Immatrikulationsbescheinigung läuft es genauso!“ Da bleibt oft nur: nachreichen, nachtragen, nachverhandeln – wenn's sein muss - wie in Hannahs Fall - auch mit anwaltlicher Hilfe.

Mehr Geld und schneller Antrag

Um die Auseinandersetzung mit den Bürokraten attraktiver zu machen, hat die Bundesregierung beim Studi-Bafög jüngst einige Verbesserungen beschlossen. So steigt der Höchstsatz zum Wintersemester 2020/2021 auf 861 Euro pro Monat. Wer alleine wohnt, bekommt 325 Euro Zuschuss (vorher: 250 Euro). Die Einkommensfreibeträge der Eltern wurden zum Herbst 2020 um drei Prozent sowie zum Herbst 2021 um weitere sechs Prozent angehoben. Auch die Freibeträge wurden erhöht: Studierende dürfen selbst ein „Vermögen“ von 8.200 Euro besitzen (vor Herbst 2020: 7.500 Euro), auch für Ehepartner sowie Kinder wurden die Freibeträge um 200 Euro angehoben. Ebenso wurden die Kranken- und Pflegeversicherungszuschläge erhöht sowie für Studierende ab 30 Jahren eingeführt. Ein Nebenjob mit maximal 450 Euro pro Monat darf ohne Einfluss auf das Bafög ausgeübt werden.

Hannah wünscht sich allen finanziellen Verbesserungen zum Trotz vor allem eine bessere Organisation und Koordination der Bafög-Bearbeiter. „Ein Mitarbeiter weiß oft nicht, was der andere macht. Unterlagen verschwinden und man muss sie neu einreichen. Und es wäre wünschenswert, wenn die Mitarbeiter die nachgereichten Anschreiben und Unterlagen auch lesen würden. So würden Fehler wie in meinem Fall nicht passieren.“

Wer ein Auslandssemester plant, kann ebenfalls Bafög beantragen (komplett neuer Antrag, weil ein anderes Amt zuständig ist). Die Förderbeträge sind höher als im Inland, es ist möglich, dass man trotz abgelehntem Antrag im Inland Anspruch auf das Auslands-Bafög hat. Voraussetzungen sind unter anderem ein ständiger Wohnsitz in Deutschland, eine anerkannte Hochschule im Ausland („gleichwertig“) und die Ausbildung muss eine Mindestdauer haben. Der Antrag sollte mindestens ein halbes Jahr vor dem geplanten Auslandssemester beim zuständigen Amt (abhängig von der Wahl des Landes) eingegangen sein. Auch dieses wird zur Hälfte als Zuschuss und als zinsloses Darlehen ausbezahlt. Des Weiteren kommen beim Auslandsaufenthalt Zuschläge für die Reisekosten (EU: 250 Euro/ Nicht-EU: 500 Euro pauschal) sowie Zuschläge für die höheren Lebenshaltungskosten außerhalb der EU und der Schweiz dazu. Ebenfalls werden unter bestimmten Voraussetzungen Studiengebühren im Ausland bis zu 4.600 Euro für maximal ein Jahr als Zuschuss bezahlt.

Das 2016 von Alexander Rodosek (Rechts- und Steuerexperte), Pascal Heinrichs (Informatiker) und Philip Leitzke (Berater) gegründete Online-Tool namens „meinBafög“ verspricht eine Antragsstellung in 30 Minuten – statt der üblichen fünf bis sechs Stunden. Mithilfe der hinterlegten Checkliste sollen keine Unterlagen vergessen werden, auf der Website wird der Antragsteller Schritt für Schritt durch alle Punkte geleitet. Ebenso wird ein Antrag zur Befreiung der GEZ-Gebühren während des Studiums hinterlegt. Der Bafög Assistent hilft beim Bafög-Erstantrag, -Folgeantrag, Schüler-Bafög, Elternunabhängiges-Bafög, Auszubildenden-Bafög, Bafög für Ausländer und beim Auslands-Bafög (kein Meister-Bafög!). Im Rechner erfährt der Antragsteller, wie hoch sein monatlicher Bafög-Anspruch ausfallen wird. Wer das Tool nutzt, zahlt 24,99 Euro bei erfolgreicher Antragstellung. Durch die Registrierung auf der Seite bleiben die Daten gespeichert und können für den Folgeantrag genutzt werden – ohne sie erneut eingeben zu müssen.

Rückzahlung und KfW-Kredit

Wie das Meister-Bafög muss auch das Studenten-Bafög zurückgezahlt werden. Die Hälfte des Geldes gibt es als Zuschuss vom Staat, den Rest als zinsfreies Darlehen. Fünf Jahre nach der Regelstudienzeit muss der Betrag in gleichbleibender Rate (mind. 105 Euro pro Monat) zurückgezahlt werden. Die Höchstgrenze für die Rückzahlung liegt bei 10.010 Euro und kann sich über 20 Jahre strecken (Zahlungspause bei niedrigem Einkommen möglich).

Ist der Bafög-Antrag abgelehnt, kann auch ein Studienkredit der KfW-Bank in Anspruch genommen werden. Dieser fördert unabhängig vom Einkommen die grundständigen (also mit Abschluss) Erst- und Zweitstudien ebenso wie ein Zusatz- oder Aufbau-Studium und eine Promotion. Ausgezahlt wird eine flexible monatliche Rate bis zu 650 Euro. Die Summe kann monatlich angepasst werden. Bei der Rückzahlung ist die KfW strenger: In der Karenzzeit (18 Monate bevor die eigentliche Rückzahlung beginnt) müssen die Zinsen für die Darlehenssumme bezahlt werden. Die Rate kann flexibel gestaltet und an zwei Terminen im Jahr angepasst werden (15.03 und 15.09) – länger als 25 Jahre darf die Rückzahlung jedoch nicht dauern. Sondertilgungen ab 100 Euro können getätigt werden, diese werden zum nächsten Termin (01.04. oder 01.10.) automatisch vom Konto abgebucht. Wegen der Corona-Pandemie wurde der Zinssatz vorrübergehend bei allen Auszahlungen bis zum 31.03.2021 auf Null Prozent gesetzt.

Neben den vielen Formblättern sollte man nicht vergessen, das Kindergeld zu beantragen. Hier gibt es noch einmal zusätzlich 204 Euro. Hannah hat schon während des Studiums nebenher gearbeitet: „Teilweise als studentische Aushilfe in der Fakultät Optik und Mechatronik oder in den Semesterferien in Vollzeit als Lagermitarbeiterin in Logistikzentren.“ Sie empfindet den Bafög-Zuschuss als gerade ausreichend mit ihrem Gehalt zusammen, wenn jedoch „das Kindergeld wegfällt und die Krankenkasse dazukommt, wird es eng!“

Zahl der Bafög-Empfänger sinkt

Nur noch 680.000 Studierende oder Schüler haben 2019 laut Statistischem Bundesamt finanzielle Unterstützung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz erhalten – das sind 47.000 weniger als im Jahr davor. Dabei steigt seit Jahren nach wie vor die Zahl der Studierenden und damit die Zahl der Anspruchsberechtigten. In der Konsequenz ist die Gefördertenquote kontinuierlich auf einen Wert von circa zehn Prozent gesunken, 2014 lag sie noch bei 16,5 Prozent. Interessant: Der Anteil der geförderten Frauen stieg um ein Prozent auf 57. Und auch mit dem Meister-Bafög (jetzt Aufstiegs-Bafög) geht es bergab: 157.000 Empfänger im Jahr 2019 bedeuten ein Minus von 10.000 gegenüber 2018.