HISTORIE
DOZ
09 | 2017
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„Wiener Brillen“ –
Auf den „Historien-Seiten“ der DOZ ist
es immer wieder um Sehhilfen gegan-
gen, die sich zum Teil bis in die heutige
Zeit gehalten haben. Dazu zählen nun
auch die hier abgebildeten Exemplare.
Diese wurden als Glasbrillen bezeichnet,
weil sie keine Einfassung um die Gläser
besaßen; bei dieser explizit außergewöhn-
lichen Fertigung wurden die korrigieren-
den Flächen einschließlich des Steges aus
einem Stück Glas hergestellt. Die Bügel –
hier silberne Doppelstangen nach innen –
wurden mit Hilfe einer durch eine Boh-
rung geführte Schraube fixiert.
u
Waldstein’sche und
Voigtländer’sche Brille
Die heute gebräuchliche Bezeichnung
ist „Waldstein‘sche Brille“, weil die Ver-
breitung dieses Typs vom Optiker Jacob
Waldstein (1810 bis 1876) aus Wien vor-
angetrieben wurde.
Spätere Erkenntnisse führten aber
dazu, dass schon vor Waldstein (1840)
der in London ausgebildete Brillenoptiker
Johann Friedrich Voigtländer (1779 bis
1859) im Jahr 1824 eine vergleichbare
Brille in Wien zum Kauf angeboten hatte.
Waldstein vergrößerte seine Ange-
botspalette auf Glaskneifer sowie eckige
und runde Manokel mit Griff komplett aus
Glas.
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Die dritte Abbildung zeigt die
Nutzung eines Glasteils in Verbindung
mit einem Schildpattgriff zur sogenannten
Stielbrille mit starrem Griff.
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Im Jahr 1844 wurden Brillen der ur-
sprünglichen Art auch bei Duncker in
Rathenow angeboten. Wegen der Nach-
ahmung nannte man sie aber „Wiener
Brille“.
1846 wurde dem Pariser Optiker
Berthiot ein Patent „für eine neue An-
lage für Lesebrillen“ erteilt. Wortlaut: „Zu
anderer Zeit ist man darauf gekommen,
die Fassung in Metall oder Schildpatt zu
vermeiden, wie sie die Gläser einer Brille
umgibt, und die Gläser an demselben
Glasstück anzubringen. Man beschränkt
sich darauf, die beiden Metallstangen, die
die Brille am Kopf festhalten, an den äuße-
ren Enden des Glasstreifens anzubringen,
dem die beiden Flächen zum Durchbli-
cken für beide Augen angeschliffen sind.“
Der aufmerksame Leser erkennt hier
genau die Fertigungsmethode sowohl der
Voigtländer‘schen, als auch der Wald-
stein‘schen Konstruktion. Die Brillen si-
cherten die Konstrukteure offenbar we-
der durch Gebrauchsmusterschutz noch
durch ein Patent.
Die abgebildete Fotokopie zeigt das
Deckblatt einer von Jacob Waldstein ab-
gefassten Anleitung „zur Unterstützung
und Erhaltung des Sehvermögens“, die
sich offensichtlich guten Zuspruchs er-
freute; immerhin wurde das Heft seit der
Erstausgabe im Jahr 1840 in insgesamt
vier Auflagen vertrieben.
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Warnung vor zu viel
künstlichen Lichts
Zum Inhalt gehören neben einer Viel-
zahl von Verhaltensempfehlungen bei
allen vorkommenden Fehlsichtigkeiten
einschließlich der Versorgung mit Bril-
len nach durchgeführter Staroperation
sowie angeborener und erworbener
Schwachsichtigkeit, die Empfehlung der
zur zurückhaltenden Nutzung von künst-
lichem Licht, der ausdrückliche Hinweis
auf die Notwendigkeit der monokula-
ren Ermittlung der Korrektionswerte für
eine anzufertigende Brille und vor allem
die Bewertung und Auszeichnung des
Herrn Waldstein mit der großen golde-
nen Medaille des Niederösterreichischen
Gewerbevereins für die „fabrikmäßige
inländische Erzeugung von Crown und
Flintglas“ dargestellt in einem Vortrag
des Gewerbevereins am 6. April 1846.
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Udo Timm




