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DOZ

09 | 2017

69

wenn sie aufgrund eines Gesichtsfeld-

ausfalls nicht wahrgenommen werden

können. Orientierungsblindheit tritt bei

Patienten, die an der Retinitis pigmen-

tosa leiden, auf. Zwar verfügen diese

Patienten häufig noch über eine ausrei-

chende oder gute Sehschärfe, aufgrund

des Verlustes des peripheren Gesichts-

feldes ist ihr Orientierungsvermögen

nahezu vollständig verlorengegangen.

Nicht nur absolute Gesichtsfeldausfälle,

sondern auch eine diffus herabgesetzte

Lichtunterschiedsempfindlichkeit kann

das Erkennen von Objekten erschweren.

Eine nicht oder nur unzureichend korri-

gierte Fehlsichtigkeit ruft ebenso wie eine

Linsentrübung ein diffuses Skotom hervor

(siehe Abb. 19). Ein kontrastarmes, peri-

pher abgebildetes Objekt kann dann leicht

übersehen werden; sodass keine Augen-

bewegungen ausgelöst werden können.

Die periphere Netzhaut reagiert emp-

findlicher auf Bewegungen als die zen-

trale Netzhaut. Die Wahrnehmung von

Bewegungen trägt zur Strukturierung der

Umwelt in Objekte und Hintergrund bei.

Periphere Gesichtsfeldverluste behindern

daher die sichere Objekterkennung auf-

grund einer schlechteren Bewegungs-

wahrnehmung.

Auswirkungen

kognitiver Defizite auf

den Straßenverkehr

Die Bedeutung kognitiver Prozesse für

den Straßenverkehr lässt sich anhand der

Unfallstatistiken nachweisen. [3] Unfall-

ursachen, die mit Einschränkungen der

Kognition und der visuellen Aufmerk-

samkeit in Verbindung gebracht werden

können, sind bei älteren Menschen häu-

figer als solche, die auf eine unbeson-

nene Fahrweise zurückzuführen sind. Die

Verlangsamung der kognitiven Prozesse

führt schnell dazu, dass ältere Menschen

in komplexen Situationen überfordert

sind. Nach Angaben des Statistischen

Bundesamts in Wiesbaden sind Nichtbe-

achten der Vorfahrt und Unaufmerksam-

keit beim Abbiegen für fast 60 Prozent

aller Verkehrsunfälle älterer Menschen

ursächlich, während diese Unfallursachen

bei jüngeren Verkehrsteilnehmern nur in

etwa einem Drittel der Fälle ausgemacht

werden konnten. Zu geringer Abstand

und erhöhte Geschwindigkeit, die nur in

Ausnahmefällen mit Sehproblemen zu-

sammenhängen, sind für mehr als die

Hälfte alle Unfälle bei jüngeren Auto-

fahrern verantwortlich, während dies bei

älteren Autofahrern nur für ein Fünftel

aller Fälle zutrifft. Langjährige Erfahrung

als Verkehrsteilnehmer führt zur Anpas-

sung von Abstand und Geschwindigkeit an

die eigenen psychischen und physischen

Fähigkeiten. Alter stellt also nicht das

größte Risiko im Straßenverkehr dar. Das

Statistische Bundesamt stellt fest: „18- bis

24-Jährige im Straßenverkehr: die sieben

risikoreichsten Jahre“ [3]. Nahezu jeder

fünfte Verkehrsunfall mit Personenscha-

den wurde von Personen im Alter von 18

bis 24 Jahren verursacht.

Eine hohe Sehschärfe ist für den Stra-

ßenverkehr nicht unbedingt erforderlich.

Wichtig ist das Sehen im Straßenverkehr

aber in zweifacher Hinsicht. Zum einen

liefert es den Input für die kognitiven Pro-

zesse im Gehirn, die richtiges Reagieren

und Handeln auf Veränderungen der Ver-

kehrssituation auslösen. Zum anderen

stört schlechtes Sehen die visuelle Auf-

merksamkeit, ohne die wegen der be-

grenzten Verarbeitungskapazitäten von

Netzhaut und Gehirn kein dauerhaftes

Existieren in wechselnden Umwelten

möglich wäre.

n

Text, Fotos und Grafiken von

Dr. Andreas Berke

Die vollständige Literaturliste steht zum

Download auf

www.doz-verlag.de be

reit.

Abb. 19: Gesichtsfeld bei unkorrigierter Myopie von -3 dpt (oben). Die Bebié-Kurve ist

gleichmäßig nach unten verlagert, was auf ein diffuses Skotom hinweist. Unten: Gesichts-

feld der gleichen Person mit Vollkorrektion der Myopie.