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OPTOMETRIE

DOZ

09 | 2017

Opto•161

reduziert ist. Eine frühe diabetische Retinopathie hingegen zeigt

sich an einer verringerten arteriellen und venösen Erweiterung

der Blutgefäße. Da diese Reaktion mit zunehmendem Schwere-

grad einer diabetischen Retinopathie weiter absinkt, kann durch

die Messung auch eine Schweregradeinteilung erfolgen. Die Arte-

rien reagieren bei Bluthochdruck-Patienten mit einer geringeren

Gefäßerweiterung als bei Personen ohne Bluthochdruck. [1]

Test der Funktionsweise der Blutgefäße können Veränderungen

möglicherweise erkannt werden, noch bevor sich statische Ge-

fäßveränderungen an der Netzhaut manifestieren. [9, 10] Zudem

ist eine genauere Beurteilung möglich, welches Gefäßsystem –

Venen oder Arterien – betroffen ist, da eine individuelle Aus-

wertung erfolgt. In frühen Phasen des Glaukoms konnte beispiels-

weise gezeigt werden, dass die venöse Antwort auf Flickerlicht

Teil 3: Augenerkrankungen mit Veränderungen

der Netzhautblutgefäße

Glaukom

Glaukomatöse Veränderungen am Auge sind definiert durch

charakteristische Veränderungen der Erscheinung des Seh-

nervenkopfes sowie damit einhergehenden Gesichtsfeldver-

änderungen. Dabei weisen beim Glaukom auch die Blutgefäße

Veränderungen auf. Ein Blick auf die Gefäße könnte in Zukunft

richtungsweisend für die Behandlung des Glaukoms sein.

Das Glaukom geht mit Durchblutungsstörungen des Seh-

nervenkopfes einher. Dies zeigt sich auch bei der Beobachtung

des Venenpulses bei Glaukompatienten. Dieser ist viel seltener

zu beobachten als bei Personen ohne Glaukom. In verschiede-

nen Studien wurde gezeigt, dass bei weniger als 50 Prozent der

Glaukompatienten und bei fortgeschrittenem Glaukom sogar bei

keinem der Patienten ein spontaner Venenpuls beobachtbar war.

Beim Glaukom ist die Autoregulation gestört. Aufgrund des

erhöhten Venendrucks müssen die Gefäße durch eine Weit-

stellung reagieren, um den Perfusionsdruck zu regulieren. Da

ein Teil des Regelsystems der Autoregulation somit dauerhaft

ausgenutzt werden muss, können die Gefäße zum Beispiel nur

noch minimal auf einen nächtlichen niedrigen Blutdruck mit

einer weiteren Weitstellung der Gefäße reagieren. Aufgrund

dieser verringerten Kompensationsfähigkeit treten bei Glaukom-

patienten auch häufiger Zentralvenenverschlüsse und Venen-

astverschlüsse auf.

Wenn der venöse Druck bei einem Glaukom höher ist als der

Augeninnendruck, und daher kein Venenpuls zu beobachten ist,

ist die alleinige Therapie durch Senkung des Augeninnendrucks

wirkungslos, da der Perfusionsdruck dadurch nicht erhöht wird

und somit die Durchblutungsstörung weiterhin besteht. Die

Durchblutungsstörung muss zusätzlich behandelt werden.

Wie sollte dann stattdessen therapeutisch vorgegangen wer-

den? Ansätze zur Senkung des retinalen Venendrucks wären eine

Behandlung mit Magnesium, Kalzium-Antagonisten, Endothelin-

Blockern und Antioxidantien. Die Reduzierung des retinalen

Venendrucks mit Kalzium-Antagonisten und Endothelin-Blockern

konnte bereits in kleinen Studien gezeigt werden. Bis zur stan-

dardmäßigen Ermittlung und gegebenenfalls Minderung des

retinalen Venendrucks bei Glaukom ist jedoch noch weitere

Forschung notwendig. [7, 1, 8, 9, 4, 10, 11, 12]

Als objektiv messbarer Parameter ist die Reaktion auf Flicker-

licht beim Glaukom verändert. Sowohl bei okularem Hochdruck,

als auch bereits bei sehr zeitigen Stadien des Glaukoms kann eine

verringerte Erweiterung des venösen Blutsystems beobachtet

werden. Die Ursache dafür könnte entweder eine vaskuläre Fehl-

regulation sein oder eine Reduzierung der neuronalen Aktivität,

wenn bereits Nervengewebe untergegangen ist. [1]

FlammerSyndrom

Es kann vorkommen, dass die arterielle Flickerreaktion redu-

ziert ist ohne, dass okulare oder systemische Krankheiten vor-

liegen. Der Blutdruck ist dann eher niedrig und die Arterien

am Auge weit gestellt. In diesem Fall handelt es sich um eine

primäre vaskuläre Dysfunktion. Wenn zusätzlich kalte Extremi-

vaskuläre Dysfunktion (verringerte arterielle Flickerantwort)

weite Arterien und

Hypotonie

enge / normale

Arterien, weite Venen

und Hypertonie,

Diabetes, andere

Ursachen

primäre vaskuläre

Dysfunktion u. a.

Flammer-Syndrom

sekundäre vaskuläre

Dysfunktion / endotheliale

Dysfunktion

Abb. 17: Arten vaskulärer Dysfunktionen bei reduzierten arteriellen

Flickerlichtantworten, nach Vilser 2016 [16]. (Gafik: Carolin Trucken-

brod)