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FACHTHEMA
DOZ
09 | 2017
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17,6 Prozent) um zusätzliche 80 Minuten
am Tag erhöht wurde. [19] Zudem war der
Grad der Myopieprogression bei Kindern,
die zusätzliche Zeit draußen verbracht
hatten, signifikant verringert (0,25 dpt
gegen 0,38 dpt pro Jahr). Saisonale Un-
terschiede im Grad der Myopieprogres-
sion, welche im Winter schneller und im
Sommer langsamer ist, unterstützen diese
Hypothese weiter. [20]
Die idealen zwei Stunden Sonnenlicht
pro Tag mögen nicht über alle Jahres-
zeiten hinweg umzusetzen sein, jedoch
könnte ein pragmatischer Ansatz, Frei-
luftaktivität um nur 40 Minuten draußen
im Sonnenlicht zu erhöhen, das Fort-
schreiten oder den Ansatz der Myopie
signifikant verzögern. [21] Es scheint,
dass allein die Versorgung mit Sonnenlicht
Auswirkungen auf den Vitamin-D-Haus-
halt der peripheren Retina hat und einen
schützenden Mechanismus auf Zellebene
in Gang setzt. [20]
Die Kontrolle der Myopie ist ein ange-
sagtes, weil aktuelles Gebiet in der For-
schung und Produktentwicklung. Obwohl
noch nicht geklärt ist, wie und weshalb
Kurzsichtigkeit fortschreitet, weiß man,
dass sich das visuelle Umfeld, in dem die
meisten Menschen leben, verändert hat.
So ist unter anderem die Nutzung von
elektronischen Geräten im Haus über ei-
nen längeren Zeitraum weit verbreitet.
Vorschulkinder in Großbritannien verbrin-
gen durchschnittlich vier Stunden täglich
mit der Nutzung elektronischer Geräten in
der Nähe. Bei Schweizer Vorschulkindern
ist eine Verweildauer von weniger als 30
Minuten im Freien gemessen worden.
Augenspezialisten müssen diesem Trend
zu immer höheren Kurzsichtigkeit und
den damit verbundenen klinischen Folge-
erscheinungen entgegentreten.
Korrektionsoptionen für
kurzsichtige Kinder
Die Kurzsichtigkeit bei Kindern wird histo-
risch mit Einstärkenbrillen / -konaktlinsen
korrigiert, jedoch haben Studien gezeigt,
dass durch die Korrektion mit Einstärken-
linsen eine hypermetropische Defokussie-
rung hinter der peripheren Retina entsteht
und dass diese das myopische Wachstum
des Auges vorantreibt, während das Auge
versucht, die Abbildungsebene auf der
Retina zu fokussieren.
Die standardmäßige Myopiekorrektur
mit Einstärkengläsern hat den Brennpunkt
auf der Makula und eine periphere hy-
perope Defokussierung der Abbildungs-
ebene hinter der Retina zur Folge.
Eine Myopiekontrollstrategie ist es, die
Optik so zu verändern, dass eine myopi-
sche Defokussierung induziert wird und
die Abbildungsebene peripher vor der
Retina liegt.
Derzeitig genutzte Brillengläser, wie
etwa großsegmentige Bifokalgläser und
zur Korrektur von Presbyopie entwickelte
Gleitsichtgläser, haben nachweislich ei-
nen sehr geringen Effekt auf die Myopie-
kontrolle. [22] Es wird angenommen, dass
die Einschränkungen durch das kleine
Leseteil verursacht werden, das die hype-
rope Defokussierung nur im entsprechen-
den Sektor der Retina korrigiert, anstelle
einer vollständigen Korrektion im gesam-
ten Gesichtsfeld.
Zur Lösung dieses Problems zur Re-
duzierung der Myopieprogression haben
Glashersteller versucht, Produkte zu ent-
wickeln, die eine myopische periphere
Defokussierung bieten. Die Versuche
einer Defokussierung bei Brillengläsern
herzustellen hatte jedoch signifikante
Einschränkungen aufgrund der durch
sie hervorgerufenen peripheren visuel-
len Verzerrung und des Effekts auf die
Tiefenwahrnehmung. Beides wird beim
schrägen Sehen durch die Mittperipherie
der Gläser verstärkt.
Die umfangreiche Arbeit von Jeff Wal-
line hat gezeigt, dass existierende weiche
multifokale Kontaktlinsen mit Ferne im
Zentrum (CD), wie die Biofinity und Pro-
clear Centre-Distance Kontaktlinsen, eine
statistisch signifikante Reduzierung der
Myopieprogression bewirken können. [23]
Das Tragen weicher multifokaler Kontakt-
linsen führte danach zu einer 50-prozenti-
gen Verringerung der Myopieprogression.
Eine andere Studie, die eine in Europa
noch nicht kommerziell verfügbare
„Mehrstärken“-Eintages-Kontaktlinse
verwendet, belegt indes eine Effektivität
von mehr als 50 Prozent bei gleichzeitig
gutem subjektivem Sehkomfort. [35]
Eine weitere Option mit nachweislich
guten Resultaten einer reduzierten Myo-
pieprogression ist die als Orthokeratologie
bekannte, oft Ortho-K abgekürzte Kor-
rektion. [24-25] Hierbei werden formsta-
bile Kontaktlinsen mit speziellem Rück-
flächendesign über Nacht getragen und
am Morgen herausgenommen, wodurch
eine Hornhautumformung verursacht
wird, die effektiv eine Abflachung der
zentralen Cornea bewirkt. Die temporäre
Abflachung der zentralen Cornea und die
mittperiphere Versteilung reduzieren die
Myopie. Das korrektionsfreie Sehen kann
dabei für 24 bis 48 Stunden nach dem
Herausnehmen der Linsen aufrechterhal-
ten werden. Ortho-K hat wenige klinisch
signifikante Nebenwirkungen, wenngleich
ihr Effekt auf die Hornhautnerven und
deren Stabilität von einigen Wissenschaft-
lern in Frage gestellt wird. [26] Es hat sich
gezeigt, dass Ortho-K-Linsen die Myo-
pieprogression bei Kindern im Schulalter
verlangsamen können. [27] Hersteller
Myopia Control tx
Myopic Progression
Hyperopic defocus
Abbildungsebene
von peripheren
Strahlen. (Grafik:
SwissLens)




