Beurteilung des Computerprogramms „Blink Blink“ Verbesserung der Symptome des Trockenen Auges während der Computerarbeit
28.10.2020
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Mann arbeitet an Bildschirmen.
Der Gebrauch von digitalen Alltagshelfern steigt seit einigen Jahren stetig an. Durch die lang anhaltende Naharbeit an digitalen Geräten wird das Auge in seiner Funktion beeinflusst. Studien zeigen, dass sich die Lidschlagfrequenz bei konzentrierter Computerarbeit im Gegensatz zum Blick in die Ferne verringert. [1-5] Hierfür sind im Wesentlichen zwei Gründe zu nennen: Viele gewöhnliche Lidschläge werden durch Blickbewegungen für eine bessere Bildstabilität ausgelöst, die bei konzentrierter Computerarbeit häufig wegfallen. Hinzu kommt eine kortikale Hemmung der Lidschlagfrequenz bei erhöhter kognitiver Leistung, wie es bei konzentriertem Arbeiten am Computer der Fall ist. [4, 6-8] Die Verdunstungsrate des Tränenfilms erhöht sich, was eine Destabilisierung des Tränenfilms und folglich Symptome des Trockenen Auges auslöst. [2, 9] Eine Studie hat ergeben, dass 25 bis 93 Prozent der Personen bei regelmäßiger, lang anhaltender Computerarbeit über verschwommenes Sehen, Augenschmerzen, vermehrtes Tränen, rote Augen und Kopfschmerzen klagen. [10] Diese durch die Computertätigkeit hervorgerufenen Symp tome werden unter dem Begriff „Computer Vision Syndrom“ (CVS) zusammengefasst. [10-13]
McMonnies erklärte sehr ausführlich und anschaulich in seinem Review-Artikel, wie regelmäßige Übungen die Qualität und die Häufigkeit von Lidschlägen und somit die Symptome des CVS verbessern können. [14] Allerdings erfordern diese regelmäßigen Übungen einen Zeitaufwand und einen hohen Grad an Compliance von Seiten der Patienten/Kunden. Als Alternative wurden verschiedene Computeranwendungen und andere kreative Ideen Foto: Adobe Stock / Patrick Daxenbichler entwickelt: Eyeblink beispielsweise ermittelt die individuelle Blinkfrequenz, animiert zu einer erhöhten Lidschlagfrequenz und erinnert den Computernutzer, häufigere Pausen einzulegen. [15] Auch Eyeleo erinnert den Probanden an eine Computerpause in bestimmten Zeitabständen. [16] Die Anwendung EyePro3 funktioniert ähnlich, sie bietet zusätzlich Spiele für ein Sehtraining an. [17] Bei DualBlink handelt es sich um einen Brillenaufsatz, der die Lidschlaghäufigkeit misst und mittels Lichtblitzen und Luftstößen zu häufigeren Lidschlägen verhelfen will. [18] Miura et al. verwendeten Signale einer LED, um eine erhöhte Lidschlagfrequenz zu provozieren. [19]
Eine weitere innovative Entwicklung stellt die sogenannte „Wink“-Brille dar, die Brillengläser anhand einer Flüssigkristallfolie matt werden lässt, wenn für mehr als fünf Sekunden nicht mehr geblinzelt wurde. [20] Cardona et al. manipulierten zu bestimmten Zeitintervallen den Bildschirm mit der Erscheinung eines weißen Dreiecks oder durch eine kurzzeitige Verzerrung des Textes, wodurch sich Computeranwender jedoch in ihrer Konzentration zu stark beeinträchtigt fühlten. [21]
Bereits in den Jahren 2012 bis 2014 wurde eine erste Version des „Blink Blink“-Programms (Institut für Optometrie, FHNW, CH-Olten und Google, CH-Zürich) entwickelt und eine darauf basierende Bachelorthesis durch zwei Optometriestudenten am Institut für Optometrie der FHNW durchgeführt. Ihre zu überprüfende Annahme war, ob sich durch die Erhöhung der Frequenz der Lidschläge, ausgelöst durch eine ständige Erinnerung durch das Computerprogramm „Blink Blink“, die Symptomatik des CVS verringern lässt. Obwohl sich die Symptome subjektiv verbesserten, war die Compliance für den einzelnen Nutzer nicht zufriedenstellend. [22]
Seitdem wurde das Programm in seinen Funktionen vereinfacht und in puncto Benutzerfreundlichkeit und persönliche Präferenzen verbessert. Es soll weiter dafür verwendet werden, eine Verbesserung durch die Erinnerung an kon trollierte, doppelte Lidschläge hervorzubringen. So wird die Qualität des Lidschlags verbessert, indem mindestens einer der beiden Lidschläge korrekt ausgeführt wird (und sich die Anzahl inkompletter Lidschläge reduziert), ohne dabei die Lidschlagfrequenz verändern zu müssen. Durch die somit erhöhte Aktivierung des Riolan-Muskels wird mehr Lipid aus den Meibomdrüsen in den Tränenfilm gegeben, der dann durch den vollständigen Lidschlag gleichmäßiger auf der Augenvorderfläche verteilt wird. [23]
Ziel dieser Studie war es zu prüfen, ob unter Verwendung des Programms „Blink Blink“ eine subjektiv sowie objektiv messbare, signifikante Verbesserung des durch Computerarbeit verursachten Trockenen Auges beobachtet werden kann. Als sekundärer Endpunkt sollte zusätzlich untersucht werden, ob ein Zusammenhang zwischen den objektiven Variablen „Tränenfilmaufreißzeit“ sowie „Lidschlagfrequenz“ und der subjektiven Variable „Symptomatik des Trockenen Auges“ besteht.
Material und Methoden
Für diese prospektive Cross-over-Studie wurden 33 Probanden mit Symptomen des Trockenen Auges per E-Mail und durch persönliche Kontaktaufnahme in nicht-optometrischen Bürobetrieben im Großraum von Olten (Schweiz) rekrutiert. Zur Bestätigung der Symptomatik des Trockenen Auges infolge von Bildschirmtätigkeit wurde eine deutsche Übersetzung des international anerkannten Ocular Surface Disease Index Fragebogen (OSDI) verwendet. [24, 25] Ein zusätzlicher Fragebogen diente zum Ausschluss von asthenopischen Beschwerden, die Symptomatik und somit Wirkung des Animationsprogramms hätten beeinflussen können. Die Bewertung beider Fragebögen erfolgte durch ein Grading von 0 bis 4, bei dem 0 „ nie“ und 4 „ immer“ bedeutet.
Diese Studie wurde vorgängig durch die Ethikkommission Schweiz (Swissethics) genehmigt und die Testphase dauerte pro Proband fünf Wochen, mit je zwei Testphasen von 14 Tagen, unterbrochen von einer einwöchigen Washout-Phase.
Einschlusskriterien waren eine Computerarbeits dauer von mindestens sechs Stunden an mindestens vier Tagen in der Woche, ein OSDIWert ≥ 18, ein unauffälliger vorderer Augenabschnitt im Hinblick auf Erkrankungen, die nicht auf ein CVS zurückzuführen sind, und ein monokularer Visus von ≥ 0,8. Ausschlusskriterien waren akut auftretende allgemeine und okuläre Erkrankungen, das Tragen von Kontaktlinsen während der Computerarbeit und asthenopische Beschwerden.
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