Mit System zum Erfolg: „lux-Augenoptik“

Team von lux-Augenoptik
Steffen Hennes (4. von links) mit seinem Team von lux-Augenoptik.
© Eric Fritz 2014

Wie muss ein optometrisches Geschäftsmodell aussehen, damit es sich rechnet? Die DOZ hat nachgefragt – bei Steffen Hennes von „lux-Augenoptik“ in Oranienburg: Wie nutzt er die Optometrie, warum hat er damit Erfolg? Welche Geräte sind für eine optometrische Untersuchung unabdingbar, welche Instrumente müssen vorhanden sein? Einblicke in ein vielversprechendes Konzept.

Das „systematische Angebot optometrischer Dienstleistungen“ sei sein Erfolgsrezept, erklärt Steffen Hennes überzeugt. Seit 2007 hat der Geschäftsführer dreier Augenoptik-Betriebe in Berlin Oranienburg, Hennigsdorf und Bernau entsprechende Tätigkeiten im Portfolio. Das Ergebnis lohnt, das lasse sich „gut an den Unternehmenskennzahlen darstellen“, denn seitdem geht’s bergauf. Doch wie funktioniert das, wie lässt sich Optometrie ins alltägliche Augenoptikgeschäft integrieren? Hennes: „Wir geben den Kunden die Möglichkeit, in die Optometrie ‚hineinzuschnuppern‘, sprich: wir versuchen, sie während der normalen Augenüberprüfungen mit dem Thema zu beschäftigen. Wir involvieren sie in die Thematik, zeigen, dass es mehr gibt – und wecken dadurch schlussendlich einen Bedarf.“

Mehrmalige Kundenansprache

Initialzündung sei eine Marktbeobachtung gewesen, bei der festgestellt wurde: Viele Kunden haben Schwierigkeiten, Arzttermine wahrzunehmen. Das beginnt oft bereits bei der Terminvergabe und er streckt sich bis zur überdurchschnittlich langen Wartezeit vor Ort. „Also haben wir überlegt, wie wir unsere augenoptische Erfahrung in die vorhandenen Strukturen und Prozesse einbringen können“, erläutert Hennes. So hätten sie letztlich begonnen, in jeder Augenüberprüfung Augendruckmessung und Netzhautkontrolle unterzubringen. Zum einen, um erste grundlegende Zusatzinformationen über das Auge zu bekommen. Zum anderen zur Sensibilisierung: „Ab diesem Zeitpunkt haben wir Kunden während des Prozesses mehrmals darauf angesprochen, ob sie es nicht sinnvoll fänden, regelmäßige optometrische Untersuchungen wahrzunehmen.“ Konkret heißt das: Der Kunde erhält das Angebot, ein Mal im Jahr automatisch zu einem Glaukom-Check eingeladen zu werden. „Wir halten die Glaukom-Vorsorge für sinnvoll, da es eine der Krankheiten ist, die zu spät erkannt werden können.“ Auch das Deutsche Grüne Kreuz befürwortet die jährliche Glaukom-Untersuchung. Prophylaxe bietet sich an dieser Stelle also an.

In der Untersuchung wird der Kunde dann mit etwas Neuem konfrontiert: Er sieht zum ersten Mal seine Netzhaut – ein Effekt, der, so Hennes, regelmäßig zu Begeisterung führt, „denn das hat er so auch beim Arzt noch nicht erlebt“. Gleichzeitig wird dem Brillenträger erklärt, was er da eigentlich betrachtet. Unabdingbar hierfür: eine kompetente Mannschaft. „Sie brauchen ein Team, das mitzieht und tiefere Einblicke ins Auge bereiten kann, keine Frage“, sagt Hennes, der in Berlin Augenoptik und Optometrie auf Diplom studiert und im Nachgang den Bachelor für klinische Optometrie an der Salus University in Pennsylvania (USA) drangehängt hat. Aus elf Personen besteht seine Mannschaft in Oranienburg, vier davon sind Optometristen. Der Grundsatz des Chefs: Die Untersuchungen können zwar auch von einem „normalen“ Augenoptiker beziehungsweise Augenoptikermeister vorgenommen werden – die Ergebnisse sichtet anschließend aber ein Optometrist. Denn: „Das brauchen wir zur fachlichen Absicherung.“

Raffinierte Kundenbindung

Im weiteren Verlauf des Verkaufs wird der Brillenträger erneut darauf angesprochen, ob er es nicht sinnvoll fände, entsprechende Kontrollen regelmäßig vorzunehmen. Spätestens beim Abholen der Brille wird er ein letztes Mal gefragt. „Damit haben wir eine zehnprozentige Abschlussquote und sind in der Lage, jedes Jahr 100 zusätzliche Kunden zu verpflichten, regelmäßig zur Vorsorge zu kommen“, sagt Hennes. Er spricht von „Basis- und Systemvorsorge“: „Basis“, das ist die Refraktion, „System“ die zusätzliche Dienstleistung in Form optometrischer Untersuchungen. Zwei Mal pro Jahr werden Kunden an die anstehende Untersuchung erinnert, erhalten ein Kärtchen samt Termin per Post. Der Betrag wird vorab eingezogen, es entsteht kein Verlust, wenn ein Termin nicht wahrgenommen wird. Erscheint der Kunde, hat der Augenoptiker Gelegenheit, auch seinen Visus zu prüfen und frühzeitig darauf hinzuweisen, dass eine neue Refraktion anstehen sollte. Sprich: Er bekommt die Chance, den Wiederbeschaffungsrhythmus gezielt selbst zu beeinflussen. Hennes: „Beim ersten Kontrollbesuch bieten wir dem Kunden ein fundiertes Glaukom-Screening an.“ Der Augendruck wird gemessen, die Netzhaut kontrolliert, eine Bestimmung der Hornhautdicke vorgenommen. Im zweiten Jahr folgt die Perimetrie (Bestimmung des Gesichtsfeldes) des einen Auges, im dritten Jahr ist das andere Auge dran. „So haben wir die Chance, bei Auffälligkeiten sofort zu reagieren und weitere Untersuchungen vorzunehmen. Außerdem ist es uns durch diese Aufteilung möglich, den Zeitaufwand für das Screening auf 25 Minuten pro Jahr einzudämmen.“ Denn: Das Anbieten entsprechender Zusatzdienstleistungen muss natürlich auch mit dem Personal und den vorhandenen Räumlichkeiten realisierbar sein. Eine halbe Stunde habe sich in der Praxis als Obergrenze erwiesen. „Für die meisten Kunden läuft das auf diese Weise letztendlich über Jahre hinweg“, resümiert Hennes. Sollte eine Auffälligkeit festgestellt werden, wird der Klient an den Arzt verwiesen. „Kunden nutzen unsere Vorsorge aber selbst dann, wenn sie parallel zum Beispiel aufgrund einer Erkrankung zum Augenarzt gehen.“ Den Grund hierfür sieht Hennes vor allem in gewissenhafter Aufklärung: „Unsere Kunden schätzen die Atmosphäre bei uns, weil wir in aller Ruhe ganz genau erläutern, welche Auffälligkeiten etwa vorhanden sind oder ob sich etwas verändert hat.“

Optometriebereich lux-Augenoptik
Im Optometriebereich des Geschäfts wird den Kunden ganz tief in die Augen geschaut. ©lux-Augenoptik

Für „lux-Augenoptik“ eine Erfolgsgeschichte: Auch der Brillenverkauf hat sich durch das optometrische Angebot deutlich verbessert. „Das Problem ist: Der Kunde kommt ja nicht mit Beschwerden. Er will ‚nur‘ eine Brille. Deshalb ist unser Erfolgsmodell ‚Refraktion mit Einbindung von optometrischen Inhalten.‘ So machen wir klar: Es gibt einige Dinge, auf die du bei deinem Auge achten solltest.“ Stellt man einen Kunden vor die Wahl, ob es eine Augenüberprüfung oder eine Augenüberprüfung mit individuellen optometrischen Schwerpunkten sein soll, fällt es dem Gros schwer, sich für etwas Höherwertiges zu entscheiden. „Daher ist es wichtig, dass bereits bei der Basisuntersuchung optometrische Dienstleistungen involviert sind. So kann der Kunde den Mehrwert einschätzen.“

Notwendiges Equipment

Natürlich sind entsprechende Messgeräte für optometrische Dienstleistungen unabdingbar. Auf welche Instrumente greift „lux-Augenoptik“ zurück, welche Geschäftsausstattung ist vorhanden (beachten Sie dazu auch unseren Info- Kasten)? Hennes: „Wir verwenden lieber einzelne Geräte mit präzisen Messungen als Kombigeräte, bei denen zwar viel rauskommt, die Ergebnisse aber nicht so präzise sind.“ Ein weiterer Nachteil der Allround- Maschinen: Der Kunde „erlebt“ die Optometrie weniger als bei spezialisierten Geräten, die deutlich machen, dass verschiedene Untersuchungen vorgenommen wurden. Hennes: „Der Kunde bekommt einen Eindruck von der Wertigkeit der Messungen, er versteht, dass es mehrere Untersuchungen sind, und man kann diese Leistungen dann auch einzeln abrechnen.“ Zum Einsatz kommen daher neben einem Non-Contact-Tonometer und einer Funduskamera (alternativ: ein Ophtalmoskop) auch Pachymeter, Perimeter, Keratograph, digitale Spaltlampen und ein OCT-Gerät. In gleichem Maße wichtig aus Hennes’ Sicht: entsprechende Software, die den gesamten Prozess gut abbildet. Es gibt zwar genügend Programme, mit denen sich Informationen zu vorgenommenen Untersuchungen speichern lassen. Für ein erfolgreiches optometrische Geschäftmodell dürfte das in den meisten Fällen allerdings nicht ausreichend sein. Die Software sollte außerdem können: Kontendaten erfassen, automatisch einen Termin für Kunden generieren, bei denen eine Kontrolle ansteht, zudem die Option beherrschen, der Klientel gebündelt ein Protokoll zu fertigen und nicht einzeln für jede Untersuchung. „Das ist wichtig, da wir immer von einer Dienstleistung sprechen, sprich einem immateriellen Angebot. So können wir dem Kunden etwas an die Hand geben und sagen: ‚Das haben wir alles gemacht‘“ Möglich ist das nur mit Unterstützung einer Software, die entsprechende Aspekte terminlich, organisatorisch, finanziell und fachlich erfasst. „2007 hatten wir relativ große Schwierigkeiten, eine solche Softwarelösung zu finden“, erklärt Hennes. Die Lösung sei seinerzeit gewesen: „Wir haben uns etwas eigenes geschrieben. Damit arbeiten wir auch heute noch.“ Getreu dem Motto, das wohl auch ganz allgemein für das Vorhaben gelten kann, optometrische Dienstleistungen in die augenoptische Praxis zu integrieren: Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg.

Folgende Instrumente verwendet „lux-Augenoptik“ für optometrische  Dienstleistungen:

  • Non-Contact-Tonometer: Mit dem Non-Contact-Tonometer ist eine kontaktlose, hygienische intraoculare Messung des Augeninnendrucks möglich.
  • Funduskamera, auch Netzhautkamera, alternativ Ophtalmoskop: Eine Funduskamera (auch Netzhautkamera genannt) ermöglicht fotografische Aufnahmen der hinteren Augenabschnitte (Netzhaut) und hilft so dabei, Veränderungen sichtbar zu machen und zu dokumentieren.
  • Pachymeter zur Bestimmung der Hornhautdicke: Das Pachymeter wird verwendet, um die Hornhautdicke am menschlichen Auge zu messen. Der Begriff setzt sich aus den altgriechischen Wörtern für „dick“ und „Werkzeug zum Messen“ zusammen. Die Hornhautdicke ist maßgeblich für die korrekte Bestimmung des Augeninnendrucks durch Tonometrie. Eine verminderte Dicke gilt als zweitwichtigster Risikofaktor für die Entstehung eines Glaukoms. Auch bei der Vorbereitung auf verschiedene Augenoperationen spielt die Pachymetrie eine wichtige Rolle.
  • Perimeter zum Screening des Gesichtsfeldes: Ein Perimeter dient zur Messung des Gesichtsfelds: Der Patient sitzt vor einem halbrunden Testschirm, auf dem in zufälliger Reihenfolge aufblinkende Lichtpunkte erscheinen. Die Testperson blickt auf einen fixen Punkt in der Mitte des Schirms und muss einen Knopf drücken, sobald sie einen solchen Lichtpunkt bemerkt. Hierbei wird stets nur ein Auge getestet, das andere ist mit einer  Augenklappe abgedeckt. Die Gesichtsfeldmessung dient der Früherkennung und Kontrolle von Augenkrankheiten wie z.B. Grüner Star, Netzhautablösung oder Makuladegeneration.
  • Keratograph: Der Keratograph dient der Analyse und Auswertung der Hornhaut-Topographie.
  • OCT-Gerät: Mit einem OCT – kurz für „optical coherence tomography“, „optische  Kohärenztomographie“ – ist es möglich, hochauflösende Bilder des Augenhintergrundes aufzunehmen. Der Patient blickt hierbei in ein schwaches Laserlicht, das von seiner Netzhaut reflektiert wird. Diese Reflexionen werden gemessen und per Computer in detaillierte Bilder umgewandelt, die dem  Optometristen einen präzisen Einblick in die Strukturen und eventuellen Veränderungen der Netzhautschichten geben. Die OCT-Untersuchung kommt unter anderem zum Einsatz bei erhöhtem Augeninnendruck, zur Diagnostik und Verlaufskontrolle bei Glaukom oder Patienten mit altersbedingter Makuladegeneration (AMD).

Autor: Benjamin Weber