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BETRIEBSPRAXIS

DOZ

09 | 2017

104

nächsten Jahren entwickeln? Kann das

Unternehmen unabhängig von den bis-

herigen Inhabern geführt werden? Wie ist

die Bilanz gestaltet? Werden realistische

Gewinne ausgewiesen oder liegt die Prio-

rität eher auf der Steuerminimierung?

Das rückt nun den Unternehmenswert

in den Blickpunkt …

…und damit die solide geprüfte Un-

ternehmensbewertung. Sie ist die Ge-

sprächsgrundlage für den jetzigen und

den potenziellen zukünftigen Unterneh-

mensinhaber. Sie legt offen, ob der ver-

kaufswillige Inhaber überhaupt von kom-

patiblen Vorstellungen ausgeht. Heikler

Nebenaspekt für den Verkäufer ist dabei

die Wertschätzung, die Bilanzierung sei-

nes Lebenswerkes. Die damit verbunde-

nen Emotionen sorgen nicht selten dafür,

dass es zu wenig marktgerechten Wert-

vorstellungen kommt. Grundsätzlich muss

jeder Betrieb individuell bewertet werden.

Dabei können unterschiedliche Bewer-

tungsmethoden richtig sein. Sind bei dem

einen Unternehmen die Gewinne die aus-

schlaggebende Bewertungsbasis, sind es

bei einem anderen die Vermögenswerte,

die in Maschinen oder im Warenlager

gebunden sind. Die Verwendung allge-

meiner Durchschnittsmultiplikatoren kann

daher kaum zu einer plausiblen Wert-

ermittlung führen.

Eine transparente und plausible Wert-

ermittlung setzt deshalb die detaillierte

vorherige Analyse des Unternehmens

voraus. Der gesamte Betrieb muss auf

seine Stärken und Schwächen, Chancen

und Risiken eingehend durchleuchtet wer-

den. Dieser Vorgang umfasst sowohl die

Produkte, den Markt, die Kunden- und

Lieferantenstruktur, die Organisation,

das Management sowie die Beurteilung

bisher getroffener Notfall- und Nachfol-

geregelungen und auch die Analyse der

Unternehmenszahlen. Was im Zuge des-

sen außerdem niemals fehlen darf, ist eine

Kapitaldienstfähigkeitsberechnung, die

zeigt, ob der anvisierte Wert oder Kauf-

preis bei einer angenommenen Finanzie-

rungsstruktur überhaupt finanzierbar ist.

Welche strittigen Punkte treten dabei

erfahrungsgemäß auf?

Viele Nachfolgen scheitern, weil Ver-

käufer und Käufer extrem unterschied-

liche Vorstellungen über den Kaufpreis

haben. Dem Deutschen Industrie- und

Handelskammertag zufolge sind bei ei-

nem Drittel aller Fälle die Preisvorstellun-

gen der Verkäufer einfach zu hoch. Wie

gesagt, es gibt kein einheitliches Verfah-

ren, um den Wert eines Unternehmens zu

ermitteln. Je nach Branche, Größe oder

Unternehmensform bieten sich andere

Methoden an. Dabei gilt: Der ermittelte

Wert ist immer nur eine Orientierungs-

größe. Den tatsächlichen Kaufpreis regeln

dann Angebot und Nachfrage. Zuneh-

mend haben sich in der Praxis die Ermitt-

lung der nachhaltig erzielbaren Erträge

nach dem Ertragswertverfahren sowie

die Berechnung der realisierbaren Cash-

Flows nach der Discounted Cash-Flow

Methode (DCF) durchgesetzt. Problema-

tisch – und durchaus strittig – bei diesem

Verfahren ist allerdings die Prognose des

zukünftigen Erfolgs. Auch der Kapitali-

sierungszinsfuß lässt sich nicht objektiv

berechnen. Betriebsspezifische Risiko-

faktoren und die Inhaberabhängigkeit, die

auch nach dem Verkauf noch eine gewisse

Zeit nachwirkt, müssen berücksichtigt

werden.

Gibt es weitere diesbezügliche Risiko­

faktoren?

Erfahrungsgemäß kommen die aus den

Bereichen Produkt- und Leistungsange-

bot, Markt und Branche, Beziehungen,

Mitarbeiter und Organisation. Eine Rolle

spielt beispielsweise die höhere Abhän-

gigkeit vom Management im Vergleich

zu börsennotierten Unternehmen. Ein

weiterer Aspekt ist die geringere Markt-

macht mittelständischer Unternehmen

in der Branche. Je niedriger die Risiken

anzusetzen sind, desto niedriger fällt der

eben genannte Zins aus und desto höher

ist der Wert des Unternehmens. Nicht

selten sind Verkäufer jedoch auch bereit,

für den richtigen Nachfolger oder die rich-

tige Nachfolgerin einen Abschlag auf den

Kaufpreis hinzunehmen, um den Verkauf

in ihrem Sinne oder überhaupt zu realisie-

ren. Dieser emotionale Discount wird un-

ter anderem durch die persönliche Nähe

zum potenziellen Übernehmer beeinflusst,

aber auch durch den Wunsch des Überge-

bers, den Mitarbeitern des Betriebes den

Arbeitsplatz zu sichern oder den Namen

des Unternehmens zu erhalten.

Welche Faktoren müssen abschließend

genauer betrachtet werden, um den

Unternehmensverkauf von Seiten der

Abwicklung wasserdicht zu machen?

Bevor es zum Vertragsabschluss

kommt, sind es diese Fragen, über die Klar-

heit herrschen muss: Wurden Zahlungsal-

ternativen vereinbart? Welche

Regelungen gelten im Fall ei-

ner verzögerten Kaufpreiszah-

lung und beim Rücktritt vom

Vertrag? Wurde der zeitliche

Ablauf festgelegt? Ist die Er-

ledigung laufender Aufträge

geklärt? Welche besonderen

Verpflichtungen gibt es für

den Käufer hinsichtlich des

Firmennamens, des Standor-

tes und der Mitarbeiter? Ist

eine Auflistung übergebener

Unterlagen sowie die Zusi-

cherung ihrer Ordnungsmä-

ßigkeit erfolgt? Gibt es ein

Wettbewerbsverbot für den Alt-Inhaber

oder Festlegungen zu einer eventuellen

Beratertätigkeit? Genau wie bei einer

Nachfolgeregelung innerhalb der Familie

sollte der scheidende Unternehmer dem

neuen Inhaber persönlich den Einstieg

erleichtern. In diesem Zusammenhang

sollten beide auch bedenken: Sowohl die

Belegschaft als auch wichtige Kunden

und Lieferanten schätzen es gar nicht,

wenn sie aus der Presse vom Verkauf des

Unternehmens erfahren.

n

Interview: Hartmut Volk

„Viele Nachfolgen scheitern,

weil Verkäufer und Käufer

extrem unterschiedliche

Vorstellungen über den

Kaufpreis haben.“