BETRIEBSPRAXIS
DOZ
09 | 2017
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Professor Dr. Birgit Felden bekleidet an der Berliner Hochschule für Wirtschaft
und Recht einen Lehrstuhl für Mittelstand und Unternehmensnachfolge. Aus
der Verbindung von wissenschaftlicher mit langjähriger Praxiserfahrung erläu
tert sie im Interview die sinnvolle Vorgehensweise bei einem geplanten Unter
nehmensverkauf.
Frau Professor Felden, wann ist die
Zeit gekommen, sich mit den Notwen
digkeiten des Abschieds vom Lebens
werk zu befassen?
Professor Birgit Felden: Ich empfehle,
drei bis fünf Jahre Vorlauf einzuplanen,
egal ob das Unternehmen nun verkauft
oder eine interne Regelung gefunden
werden soll. Für falsch halte ich es, die
Übergabe selbst an einem konkreten Alter
festzumachen. Es ist das Privileg von Un-
ternehmern, nicht mit dem gesetzlichen
Rentenalter aufhören zu müssen. Genauso
ist es aber ihre Verpflichtung, dafür zu
sorgen, dass ihr Unternehmen für die Zu-
kunft gut aufgestellt ist. Und das verlangt
neben einer soliden und tragfähigen Not-
fallplanung die frühzeitige Beschäftigung
mit der Nachfolge im Management und
mit der Sicherung des Eigentums. Und
das nicht ausschließlich, weil Nachfolger
gefunden werden oder finanzielle und
rechtliche Dinge geregelt werden müssen,
sondern auch, weil der Abschied vom Le-
benswerk ein emotionales Thema ist, das
verarbeitet und verdaut werden will.
Ist die von Ihnen empfohlene Weitsicht
des Vorgehens Grundlage des Han
delns in der Praxis?
Nur rund ein Drittel der Betriebe ist
auf einen plötzlichen Ausfall der Unter-
nehmensspitze vorbereitet. Diese Gefahr
wächst mit zunehmendem Alter. Schon
von daher empfiehlt es sich wirklich, den
Gedanken an einen Unternehmensverkauf
nicht immer wieder von sich zu schie-
ben, sondern sich den damit zusammen-
hängenden Fragen zu stellen. Ein erster
vorbereitender Schritt in diese Richtung
ist die Zusammenstellung eines Notfall-
koffers. Darin sollten Vollmachten, Ver-
tretungsplan, Informationen zu Kunden-
und Lieferantenstrukturen und eine Do-
kumentenmappe mit Bankverbindungen,
Passwörtern und einem Testament enthal-
ten sein. Dieser Notfallkoffer sollte nicht
nur, er muss Pflichtprogramm für jeden
Unternehmer sein. Die Kür ist dann die
langfristige und sorgfältig geplante Un-
ternehmensnachfolge, mit der besser zu
früh als zu spät begonnen werden sollte.
Wer in der Mitte seines Lebens, also mit
etwa „50 plus“ anfängt nachzudenken,
hat – Kinder hin oder her und Gesundheit
vorausgesetzt – genug Zeit, eine Über-
gabe ohne Druck in trockene Tücher zu
bringen.
Welche ganz konkreten Vorteile er
geben sich aus diesem weitsichtigen
Handeln?
Beginnen die Überlegungen zum Ab-
schied vom Lebenswerk zum Beispiel
rechtzeitig, können geeignete und inter-
essierte Kinder oder Mitarbeiter als poten-
zielle Nachfolger systematisch aufgebaut
werden. Es können rechtliche und steuer-
liche Aspekte von langer Hand vorbereitet
werden, um Steuervorteile auszunutzen.
Oft erhöhen sich auch Verkaufserlöse,
wenn das Unternehmen über Jahre mit
Bedacht auf einen Verkauf vorbereitet
wird, indem Abhängigkeiten vom bishe-
rigen Inhaber reduziert, Kundenabhän-
gigkeiten verringert und eine gute zweite
Führungsebene aufgebaut werden.
Und was in diesem Zusammenhang
auch zu bedenken ist: Gerade
mittelständische Unternehmer
leben für ihr Unternehmen,
sie definieren sich darüber als
Person und bauen sich oft gar
kein Leben jenseits der Ar-
beit auf. Der Rückzug und die
Übergabe an jemanden, der
vielleicht auch andere Akzente
setzt und Dinge anders angeht,
fallen dann schwer, weil sie
Verlust von Macht und Status
mit sich bringen. Vor allem bei
kleineren Mittelständlern ist
zudem die Nachfolge auch ein
finanzielles Thema. Reicht die
Altersvorsorge? Ist die Familie ausrei-
chend abgesichert? Nicht zuletzt sorgen
sich viele auch um ihre Gesundheit: Im
Moment bin ich noch fit. Aber wie geht es
mir, wenn ich nicht mehr im Berufsalltag
gefordert werde?
Mit welchen Schritten beginnt nun der
gezielte Einstieg in den Verkauf?
Erster Schritt ist eine solide Bestands-
aufnahme und Analyse der Ausgangs-
situation: Welche finanzielle Basis gibt es?
Mit Blick auf die abgebende Generation
betrifft das vor allem die finanzielle Absi-
cherung im Alter. Es fällt nicht leicht los-
zulassen, wenn man finanziell vom Betrieb
Abschied vom Lebenswerk –
Unternehmen zu verkaufen
„Wer in der Mitte seines Lebens,
also mit etwa „50 plus“ anfängt
nachzudenken, hat […] genug Zeit,
eine Übergabe ohne Druck in
trockene Tücher zu bringen.“




