Die Gesundheit mit aufs Auge gesetzt

Wie smarte Kontaktlinsen unser Leben verbessern könnten

Die Wissenschaft forscht an den großen Ideen der Zukunft. Dass Kontaktlinsen und Brillen dazugehören, zeigt nicht nur die jüngst veröffentlichte AR-Brille von Apple. Wie smarte Technik den Weg in Kontaktlinsen finden kann, beschreiben Fachmagazine und -portale in zahlreichen Fachartikeln. Die aktuelle Online-Recherche, die wir für Sie in diesen Sphären unternommen haben, lässt erahnen, wie unsere Nachkommen mit Linsen leben könnten. Spoiler: Sie werden nicht mehr nur zum Sehen aufs Auge gesetzt.
Smarte KL im Auge

Smarte Kontaktlinsen sind bereits seit Jahren in der Entwicklung und immer mehr Unternehmen widmen sich dem Thema KI.

© Adobe Stock / Real

Erstveröffentlicht in der DOZ 08I23

Was ist der Mensch heute noch außer eine Ansammlung von Daten? Für unsere Smartwatch, die Herzfrequenz und Puls anzeigt, die Schritte zählt, für Apps, die Kalorien auswerten und unseren täglichen Verbrauch nach Gewicht und Körpergröße berechnen. Längst sind wir begeistert gläsern in unserem täglichen Tun. Dass die Technik so weit ist, hat viele Vorteile. Allein für Betroffene von Autoimmunkrankheiten wie Diabetes hat der automatisierte Körperscan eine lebensverändernde und im Zweifel rettende Bedeutung. Während man Insulinpumpen am Arm trägt, die automatisch den notwendigen Stoff nach Bedarf in die Blutbahn pumpen, gibt es längst Forschungen an Wearables, die wir im Auge tragen können. Mit hauchdünnen Drähten ausgestattet, sollen smarte Kontaktlinsen eines Tages den Blutzucker messen können, Medikamente nach Bedarf abgeben oder unserem Auge zu smartem Sehen verhelfen. Forschungen hierzu sind noch jung, aber versprechen spannende Ansätze, insbesondere für den medizinischen Bereich und den der Ophthalmologie.

Ein wissenschaftlicher Artikel der American Chemical Society (Quelle: news-medical.net) beschäftigt sich mit Kontaktlinsen, die mit Gold-Nanopartikeln indiziert sind und mit Hilfe dieser kleinsten Teilchen Farbenblindheit kompensieren sollen. Ansätze gab es bereits mit gefärbten Kontaktlinsen, allerdings konnte sich der Farbstoff nicht in der Kontaktlinse halten und lief aus. Gold-Nanokomposite zeichnen sich dadurch aus, dass sie ungiftig sind. Forscherinnen mischten diese in ein Hydrogel-Polymer. Das dadurch entstandene Material filtert laut dem Artikel Licht im Bereich von 520 bis 580 Nanometer. Bei dieser Wellenlänge überschneiden sich Rot und Grün. Das Verfahren sei erfolgversprechend und müsse nun noch in klinischen Tests ausgewertet werden, um gegebenenfalls Menschen mit Rot-Grün-Schwäche helfen zu können.

Drahtlose Schaltkreise, Displays und Glukosesensoren

Geforscht wird auch weiterhin an smarten Kontaktlinsen. Selbst wenn jüngst Unternehmen wie Mojo Vision, das sich mit dieser Thematik beschäftigt hatte, seine Entwicklungen einstellte: Im akademischen Bereich sind Kontaktlinsen mit integrierten drahtlosen Schaltkreisen weiterhin ein interessantes Forschungsthema. In einem Fachartikel der Science (science.org) wird zum Beispiel eine weiche Kontaktlinse vorgestellt, die mit solch drahtlosen Schaltkreisen, Glukosesensoren und Displays, dank physiologischer Informationen in Echtzeit zur Gesundheitsüberwachung eingesetzt werden könnte. Eine solche Kontaktlinse wäre bestenfalls in der Lage, den Augeninnendruck sowie den Zustand der Tränenflüssigkeit zu analysieren. Möglich ist das durch in die Linse integrierte Glukosesensoren die drahtlose Stromübertragungsschaltung und Anzeigepixel,
die eine Visualisierung der Messsignale in Echtzeit darstellen können. Diese Anzeigepixel wären durch transparente und dehnbare Nanostrukturen in die Linse eingelassen. Dadurch würde dann ein externes Display wegfallen.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgen die Entwicklerinnen und Entwickler einer intelligenten, drahtlosen theranostischen Kontaktlinse zur elektrischen Messung und Regulierung des Augeninnendrucks. Im Wissenschafts-Magazin Nature Communications beschreibt eine Gruppe Forschender, wie man den Augeninnendruck mit Kontaktlinsen drahtlos messen und sogar eine Rückmeldung über verabreichte Medikamente geben könne. Diese Methodik wäre für die Glaukombehandlung ein Meilenstein, befindet sich allerdings noch in den Anfängen der Entwicklung. Die vorgestellte drahtlose und theranostische Kontaktlinse nutzt ein kompaktes, auf die begrenzte Fläche und Krümmung zugeschnittenes Design. Das System solle die In-situ-Messung des Augeninnendrucks sowie eine bedarfsgerechte Abgabe von Glaukom-Medikamenten übernehmen. Das Medikament werde direkt in das Kammerwasser der Augenkammern abgegeben. (Quelle: nature.com)

System direkt auf die Tränenflüssigkeit

Ein Artikel des Journals Science beschreibt, wie ein multifunktionales, hochtransparentes und leicht bedienbares intelligentes Kontaktlinsensystem direkt auf das Kontaktlinsensubstrat (und somit in direktem Kontakt mit der Tränenflüssigkeit) montiert werden kann. Eine solche Methode solle eine Integration von Sensorik und Kontaktlinse vereinfachen und auch andere funktionelle Komponenten integrierbar machen. Als Beispiel werden die Elektrodenanordnung für Elektro retinografie genannt, aber auch Antennen für eine drahtlose Kommunikation und Stromversorgungsmodule für zukünftig mögliche In-vivo-Untersuchungen. (Quelle: sciencedirect.com)

Diese Linsen sind nur das Substrat einiger der zahlreichen wissenschaftlichen Fachartikel, die man online findet. Schaut man auf deren Autoren, lässt sie erahnen, dass das Thema vor allem im asiatischen Raum rege erforscht wird. Dass es noch vieler Jahre Forschung bedarf, bis solche Kontaktlinsen in der Diagnostik eingesetzt werden können, ist anhand der vielen technischen Hindernisse und Regularien zu erwarten. Spannend bleiben smarte Kontaktlinsen nicht nur für Freunde von KI und Science-Fiction. Vielen Trägerinnen diverser Autoimmunerkrankungen, Glaukome oder anderer Augenleiden könnten solche Innovationen eines Tages das Leben erleichtern.