DOZ
09 | 2017
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Als Basis für die Kontaktlinsenanpassung dient die Messung der Parameter der
menschlichen Hornhaut. Durchmesser, zentraler Radius und numerische Exzentri-
zität erlauben eine ungefähre Abbildung der Flächenform des vorderen Auges.
Dies ist Standard im Bereich der formstabilen Kontaktlinsen. Ist das Ziel eine
Weichlinsenanpassung wird immer öfter auf eine Messung dieser Standardpara-
meter verzichtet. Möglicherweise, weil Anpasser durch diese Messungen eine
Zeitverschwendung vermuten, wenn die Wahl der Linsenparameter aus zwei
Basiskurven und einem Durchmesser erfolgt. Die geringe Auswahlmöglichkeit
ist bei den marktdominierenden Tauschlinsen häufig der Fall. Eigentlich paradox,
wo doch die weiche Kontaktlinse deutlich größer ist und mehr Fläche des Auges
bedeckt als die formstabile. Die Hersteller weicher Tauschlinsen optimieren ihre
Geometrien für mittlere Hornhautdurchmesser und mittlere Hornhautradien. Bei
genauerer Betrachtung wird deutlich, dass eine relevante Anzahl von Menschen
Augen besitzt, die signifikant von diesen Standards abweichen. Können auch diese
Kunden mit den gängigen Tauschlinsen versorgt werden? Wären diese Kunden mit
individualisierten Kontaktlinsen physiologisch besser versorgt? Welche Parameter
erlauben eine Aussage über „Normauge“ oder „Sonderauge“?
Experten wie Van der Worp oder Kemp-
gens erörtern in Veröffentlichungen die
Notwendigkeit einer Renaissance der
Anpassung im Weichlinsenbereich. [1,2]
Die im Folgenden beschriebene Anwen-
dungsbeobachtung, durchgeführt an der
Fielmann Akademie Schloss Plön, unter-
sucht die gestellten Fragen und diskutiert
die Notwendigkeit, der Individualität des
Kontaktlinsenträgers gerecht zu werden.
Auf die Form der
Hornhaut kommt es an
Für die Auswahl einer Kontaktlinse ist es
unerlässlich, die Form der Hornhaut ge-
nau zu kennen. In internationalen Arbei-
ten konnten Zusammenhänge zwischen
den hornhautbeschreibenden Parametern
Hornhautdurchmesser, Radius und Exzen-
trizität ausgearbeitet werden.
In einem Review von Mashige wur-
den internationale Arbeiten ausgewertet,
um einen Überblick über die Vielfalt der
Hornhautparamter zu erhalten. [2] Die
ermittelten horizontalen Hornhautdurch-
messer zeigten eine Spannbreite von
10,3 mm bis 13,16 mm. Die horizonta-
len Radien lagen zwischen 7,1 mm und
8,75 mm; die vertikalen Radien bei
7,03 mm bis 8,66 mm. Als Einflussfak-
toren auf die Hornhautform wurden das
Alter, das Geschlecht und die Fehlsich-
tigkeit herausgearbeitet. So weisen äl-
tere Menschen kleinere Hornhautdurch-
messer auf als jüngere. Asiaten haben
im Vergleich zu Kaukasiern kleinere und
steilere Hornhautformen. Ein ähnliches
Ergebnis ist im Vergleich zwischen Frauen
und Männern erkennbar: Letztere weisen
häufiger flachere und größere Hornhäute
auf. Auch Myope zeigen kleinere Horn-
hautradien. Um diese internationalen
Messungen mit lokalen Daten zu verglei-
chen, wurde die Datenbank des Oculus
Keratograph 5M der Fielmann Akademie
Schloss Plön ausgewertet. Es wurden aus-
schließlich die Datensätze augengesunder
Probanden herangezogen. Anhand der
Messdaten von 1.485 Augen konnte ein
mittlerer horizontaler Hornhautdurchmes-
ser von 12,15 mm, ein mittlerer flacher
Radius von 7,88 ± 0,30 mm (MW±SD)
und ein mittlerer steiler Radius von 7,69
± 0,34 mm (MW±SD) ermittelt werden.
Diese Werte decken sich mit einer Arbeit
der Fachhochschule Jena, die fast 6.000
Daten ausgewertet hat. [3]
Bei dem Vergleich der Datensätze von
männlichen und weiblichen Probanden
zeigte sich ein statistisch signifikanter
Unterschied. Die männlichen Probanden
zeigen größere und flachere Hornhäute,
Frauen haben kleinere und steilere Horn-
häute. Die Exzentrizität lag geschlechts-
unspezifisch in einem Bereich von 0,4
bis 0,7. In einer Gegenüberstellung der
Radien zum Durchmesser konnte ein Zu-
sammenhang festgestellt werden (Abb. 1).
Die Form der Hornhaut wird ent-
scheidend durch die benannten Faktoren
bestimmt. Diese stehen über die Schei-
telgleichung in einem direkten Zusam-
menhang. Weiche Kontaktlinsen liegen
zu einem Großteil auf der Bindehaut auf,
deren Form nur mit hohem technischem
Aufwand (OCT oder Eye Surface Profiler)
messtechnisch erfasst werden kann. Um
diese Lücke zu schließen, wird momentan
ein Messtool für die Oculus Pentacam
entwickelt, das zusätzlich zur zentralen
Messung zwei Messungen des Über-
gangs der Hornhaut zur Sklera vornimmt.
Hieraus kann die Scheiteltiefe des ho-
rizontalen Augenabschnittes bis circa
15 mm Durchmesser bestimmt werden.
Dazu wird mit reduzierter Belichtung
je eine Aufnahme des nasalen und des
temporalen Bereiches der Hornhaut und
Sklera durchgeführt. Die Pentacam lie-
fert eine Darstellung, aus der die Schei-
teltiefe für einen gewünschten Durch-
messer und die Kontur des Verlaufs, das
Corneoskleralprofil (CSP), hervorgehen.
Dabei gilt wie bei der Hornhaut: Je fla-
cher der Verlauf, desto geringer ist die
Scheiteltiefe bei gleichem Durchmesser
(Abb. 2). Bis die Technik selbstständig
objektive verwertbare Informationen über
das Corneoskleralprofil liefert, bleibt dem
Abb. 1: Der Zusam
menhang besagt:
Je größer der Horn
hautdurchmesser,
desto flacher die
Hornhautradien.
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