DOZ
09 | 2017
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nem bezahlbaren Preis angeboten werden
kann. Es gilt also nicht nur, technische
Hürden zu überwinden, auch der Markt
will sondiert sein.
Aufwändiger, jahrelanger
Prozess
Steht eine Idee fest, wird entwickelt, ge-
testet, getestet – und wieder getestet.
Schon im Vorfeld sind zahlreiche Berech-
nungen erforderlich: Wie kann man die an
das Brillenglas gestellten Anforderungen
umsetzen? Ist die technische Machbarkeit
gegeben? Wenn es um Beschichtungen
geht: Welche Substanzen sind in welcher
Dicke und Reihenfolge aufzudampfen,
um eine bestimmte optische Eigenschaft
zu erzeugen? Die Beschichtung soll sich
mit dem Grundglas schließlich auch noch
gut „vertragen“, sprich: optimal verbin-
den – und das für möglichst lange Zeit.
Um das zu garantieren, müssen zahlreiche
Tests durchlaufen und bestanden werden.
Das ist nötig, um, so Schuldt, „auch nur
in die Nähe einer Serienproduktion zu
kommen.“ Bevor ein neues r+h-Produkt
in den Verkauf geht, wird es daher im
Qualitätslabor getestet: zunächst unter
Entwicklungsbedingungen, dann unter
Produktionsbedingungen. Der erste Mei-
lenstein ist erreicht, wenn das Produkt die
Laborprüfung Entwicklung geschafft hat.
Dem folgt eine weitere Herausforderung:
Theorie (Labor) und Praxis (Produktion)
unterscheiden sich mitunter stark. Es
genügt nicht, die Qualitätsanforderun-
gen allein mit dem Entwicklungsteam im
Labor zu verwirklichen – das Glas oder
die Veredelung muss auch unter realen
Produktionsbedingungen in Serie herge-
stellt werden können. Gelingt dies, folgen
weitere Tests. Bei einer neuen Beschich-
tung beispielsweise werden typische
Gebrauchssituationen der Veredelung
streng und hart simuliert, auch Brillen-
gläser werden im Qualitätslabor auf Taug-
lichkeit überprüft: Wie reagieren sie auf
Bestrahlung mit UV-Licht, wie auf Tem-
peratureinwirkungen, auf Feuchtigkeit –
und das über längere Zeit hinweg? Wie
stellt sich die Kratzfestigkeit dar? Wie gut
haftet die Oberfläche am Grundglas? All
diese Tests müssen mehrfach durchlaufen
werden, sowohl in der Entwicklungs- als
auch in der Vorproduktionsphase. „Nur
wenn das wiederholt funktioniert, be-
kommt das Produkt sein Qualitäts-Okay“,
so Schuldt. Denn: Später muss man das
Glas schließlich stabil produzieren und zur
Serienreife bringen. Bis das passiert und
ein Programm in Serienproduktionsphase
geht, können aber mehrere hundert oder
auch tausende Gläser getestet worden
sein. Einige davon unter Umständen auch
von Augenoptikern und anderen Testträ-
gern. So vergehen von der ersten Idee bis
zum Verkaufsstart durchschnittlich zwei
bis drei Jahre – unter Umständen auch
mehr, je nach Komplexität des Produkts.
„Hier lohnt es sich gegebenenfalls, viele
Versuche, Ansätze und Varianten zu wa-
gen: Welche sind gut umsetzbar, welche
funktionieren besonders? Das sind die
Herausforderungen, die wir in der Glas-
entwicklung annehmen müssen, sie sind
unser ‚tägliches Brot’“, so Schuldt. Nach
Abschluss aller Tests, wenn das Produkt
technisch und wirtschaftlich funktioniert,
der Markt es wünscht und nach wie vor
Absatzmöglichkeiten vorhanden sind –
dann geht es in den Verkauf.
Konkurrenz auf
dem Markt
Wie reagiert der Markt auf ein innovatives
Produkt? Kopiert die Konkurrenz? Gute
Ideen stoßen schließlich schnell auf Ge-
genliebe, weshalb die meisten davon mit
einem Patentschutz versehen sind. Ohne
kann es durchaus passieren, dass Ansätze
und Lösungen übernommen werden.
Auch bei r +h beobachtet man natürlich,
was den Mitbewerber umtreibt. Schuldt:
„Oft sagen wir uns allerdings: Die Idee ist
gut. Aber es ist auch gut, dass sie jemand
anderes umsetzt, denn wir verfolgen eine
andere Strategie. Grundsätzlich gilt: Ein
Produkt muss immer einhundertprozentig
zu unseren Kunden passen.“
Gewährte Einblicke in die Glasentwicklung:
Stefanie Schuldt, Produktmanagerin bei
Rupp+Hubrach. (Foto: Rupp+Hubrach)
Brillengläser werden zahlreichen Tests unterzogen, bevor sie in den Verkauf gehen. Hier kon
trolliert ein Mitarbeiter von Rupp+Hubrach die Produktion eines Glases. (Foto: Rupp+Hubrach)
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