Sechs leidenschaftliche Anpasser

„Wertschätzung von Kunden bringt Wertschöpfung“

Dass man mit Hilfe von Kontaktlinsen die Corona-Zeit besser überstehen kann, hatte unser Rechenexempel in der Oktober-Ausgabe der DOZ gezeigt. Ob die Praktiker mit der Erfahrung in ihren Geschäften das ebenso sehen, wollten wir im Rahmen der DOZ-Aktion „Krisenblocker Linse“ in Erfahrung bringen. Sechs Kontaktlinsenspezialisten erzählen, wie sie ihre Betriebe seit der Pandemie über Wasser halten.
Kampagnenmotiv Krisenblocker Linse

Motiv der DOZ-Kampagne "Krisenblocker Linse"

© Schutterstock / Valentina Photos; urfn / Montage: DOZ
Team von Augenopik Kloppenburg mit Inhaber Klaus Kloppenburg (li.).

Klaus Kloppenburg (l.), Inhaber von Augenoptik Kloppenburg in Idstein, mit Augenoptikerin Annkatrin Mager und Augenoptikermeister Collin Bergander.

© DOZ / Kern

„Großartig, der Chef selber ...“

Klaus Kloppenburg passt in seinem Geschäft „Augenoptik Kloppenburg“ in Idstein seit 40 Jahren Kontaktlinsen an und freut sich bis heute über die Treue seiner Kunden. Neben den klassischen Tauschlinsenträgern versorgt der Augenoptikermeister auch Spezialfälle. Hier greift er zusammen mit seinem Team aus einem weiteren Meister und vier Augenoptikerinnen auf die Kontaktlinsen aller Hersteller zurück. „Alcon ist jedoch einer unserer Hauptlieferanten“, betont er. So bezieht das Gros seiner mehr als 200 Abonnenten Linsen und Pflegemittel über das Alcon-System Elina und kann darüber auch nachbestellen. Hinzu kommen dann noch rund 300 Kontaktlinsenträger – darunter viele Sportler – die ohne Abo bedarfsweise ordern.

Und genau diese Klientel hatten Kloppenburg und seine Mannschaft während des Lockdowns direkt versorgt. Reaktionen wie „Großartig, der Chef selber… .“ oder: „Was für ein persönlicher Service!“ seien keine Seltenheit gewesen. Mit der Kontaktlinse werden in Idstein üblicherweise zwischen acht und zehn Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet. Im März dieses Jahres ging nun dieser Gesamtumsatz um 40, im April um 50 und im Mai erneut um 40 Prozent zurück. Im Juni und Juli zog es gesamt gesehen wieder an.

Etwas entspannter war derweil die Lage im Kontaktlinsen-Segment. „Hier war“, erinnert sich Kloppenburg, „im Vergleich zur Brille mehr Frequenz vorhanden. Zum einen habe ich den Home-Service durchgeführt, zum anderen sichern mir unsere Kontaktlinsen-Abonnenten ein Monatsfixum an Umsatz.“ Weitere Maßnahmen wie Kurzarbeit und das Bilden zweier Teams hätten zusätzlich für mehr Sicherheit gesorgt. „Mir war von Anfang an klar: Ich werde keinen entlassen. Das konnte ich bisher auch einhalten.“

Interview mit Klaus Kloppenburg

Johannes Schnetzer, Inhaber Augenoptik Schnetzer

Johannes Schnetzer, Inhaber Augenoptik Schnetzer in Leonberg, konnte den Umsatz im Segment Kontaktlinse steigern.

© Schnetzer

Persönliche Bindung statt Abos

Auch „Augenoptik Schnetzer“ aus Leonberg ist laut Inhaber Johannes Schnetzer besser durch die harten Corona-Monate gekommen, als zunächst erwartet. Nach der Anfangszeit mit reduzierten Öffnungszeiten und Kurzarbeit wurde der Betrieb des Alcon-Partners im Zuge der ersten Lockerungen wieder hochgefahren. In der Folge sei das Geschäft umso besser angelaufen, berichtet der Inhaber, auch wenn man mit Blick auf die Kundenbindung nicht auf Kontaktlinsen-Abos setzt.

Als stimmiger habe sich für das kleine Fachgeschäft in dem 7.000-Seelen-Ort stattdessen die persönliche Bindung erwiesen. So werde die Linse durch das dreiköpfige Team vor allem im Beratungsgespräch beim Brillenkauf kommuniziert. Zudem habe sich unter Corona der neu in die Firmenwebsite integrierte Onlineshop als gut erwiesen. Denn dort „habe ich den Bestandskunden während des Lockdowns einen Kontaktlinsen-Hamsterpack mit Eintageslinsen oder Monatslinsen“ anbieten können.

Inzwischen hat sich der Umsatz des Geschäfts wieder stabilisiert. In der Kontaktlinse „haben wir sogar eine Umsatzsteigerung von circa zehn Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum“ eingefahren, freut sich Schnetzer. „Ich stelle fest, dass unsere Kunden wieder bewusster versuchen, den stationären Handel zu unterstützen. Ich hoffe, dass das auch langfristig so bleibt.“

Interview mit Johannes Schnetzer

Alexander Lehr, Inhaber Optik Lehr aus Mainz, untersucht eine Kundin.

Alexander Lehr, Inhaber Optik Lehr aus Mainz, untersucht die Augen einer Kundin an der Spaltlampe. Ein Plastikschutz sowie der Mund-Nasenschutz sollen ihn und die Kunden vor der Ansteckung mit dem Coronavirus schützen.

© DOZ / Kern

„Wir haben unter Corona im Kontaktlinsenbereich zugelegt“

Mit drei Geschäften ist „Optik Lehr“ in Mainz vertreten. Wir treffen Inhaber Alexander Lehr in seinem Betrieb in Laubenheim. Die Filiale gibt es dort seit 25 Jahren. Übernommen hat er sie 1998 und arbeitet seitdem als Meister zusammen mit einer Augenoptikerin und einem Auszubildenden. Kontaktlinsen gehören seit der ersten Stunde zu seinem Sortiment, heute macht die Linse etwa 15 bis 17 Prozent des Gesamtumsatzes aus.

Nach dem Lockdown „hat es direkt wieder voll angezogen“, berichtet Lehr. In den ersten drei Wochen habe er sich mit Neuanpassungen und Kontrollen zurückgehalten, um dann wieder loszulegen. Das Geschäft hatte er rasch coronakonform gemacht: an der Spaltlampe schützt ein selbstgebauter Schild Kunden und Anpasser vor Infektion, alle Mitarbeiter tragen Mund-Nasen-Schutz, im Eingangsbereich steht Desinfektionsmittel, Plexiglasscheiben trennen am Tresen und am Beratungstisch den Sehexperten vom Kunden. Ohnehin wird nur hereingelassen, wer einen Termin hat und klingelt.

Wirtschaftlich konnte er den Betrieb „gut über Wasser halten“. Um das zu erreichen, habe er die Zeit des Lockdowns genutzt und „ein bisschen getrickst“. Herausgekommen ist dabei ein Rückgang des Gesamtumsatzes für die Monate März und April im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 41 Prozent. Im Brillensegment waren es minus 56 Prozent, in der Kontaktlinse gab es allerdings ein Plus von 22 (!) Prozent. Der Trick dabei: Lehr zog ein paar Abonnenten bei der Erinnerung an die Nachbestellung vor, diese orderten im Anschluss entsprechend früher ihre neuen Kontaktlinsen.

Interview mit Alexander Lehr

Andreas Hartwig, Inhaber Hartwig Optik in Heikendorf.

Dr. Andreas Hartwig, Hartwig Optik Uhren Schmuck  in Heikendorf, in seinem Refraktionsraum.

© Hartwig

Intensivere Beziehung zum Abo-Kunden

„Ich picke mir überall die Rosinen raus“, erklärt Dr. Andreas Hartwig von „Hartwig Optik Uhren & Schmuck“ in Heikendorf, als er nach seinem Erfolgsrezept im Kontaktlinsen-Segment gefragt wird. Der Anpasser arbeitet in dem Betrieb in zweiter Generation, hat knapp 150 Kunden mit Kontaktlinsen-Abos und außerdem „viel Laufkundschaft“. Während seiner Lehrjahre machte er Station unter anderem bei Ciba Vision, in der Heidelberger Augenklinik und im Brien Holden Vision Institute.

Heute nutzt er die Kontaktlinse in erster Linie als Kundenbindungstool. „Zum Abo-Kunden kann ich eine intensivere Beziehung aufbauen als zum reinen Brillenkunden.“ Denn der käme im Schnitt nur alle vier bis fünf Jahre ins Geschäft und einmal zwischendurch, um Schrauben nachziehen zu lassen.

Die Corona-Monate März und April hat der Betrieb überstanden, auch wenn Hartwig sie als „katastrophal“ bezeichnet. „Durch die Kontaktlinsen-Abos habe ich monatlich eine gewisse Kostendeckung.“ So sei zumindest die Ladenmiete gedeckt gewesen. „Mit Brillen haben wir quasi kein Geschäft gemacht, Kontaktlinsen haben uns wesentlich besser über die Zeit gebracht.“

Interview mit Dr. Andreas Hartwig

Sabine Siegmund, Inhaberin von „Siegmund Augenoptik & Hörakustik“ in Pattensen, und Patric Poggenpohl, Regional Sales Manager von CooperVision.

Sabine Siegmund, Inhaberin von „Siegmund Augenoptik & Hörakustik“ in Pattensen, und Patric Poggenpohl, Regional Sales Manager von CooperVision, der sich den Termin nicht entgehen lassen wollte.

© Janko Woltersmann

„Wertschätzung von Kunden bringt Wertschöpfung“

„Gefühlt war es nur im April sehr ruhig bei uns. Ab Mitte Mai ging es dann sofort wieder los“, erinnert sich Sabine Siegmund, Inhaberin von „Siegmund Augenoptik & Hörakustik“ in Pattensen. Rückblickend seien der Lockdown und die Restriktionen „wirtschaftlich gesehen fast spurlos an ihrem Geschäft vorbeigegangen“. So seien die Kontaktlinsen-Abos weitergelaufen und hätten für einen stabilen Umsatz gesorgt; in der Brille sei er allerdings gesunken.

Ihre Begeisterung für die Linse gibt die überzeugte Kontaktlinsenträgerin an ihre Kunden weiter. „Wir fragen uns immer, was das Beste für jeden einzelnen Kunden und seinen individuellen Tragebedarf ist und kümmern uns darum. Wertschätzung von Kunden bringt Wertschöpfung“, zeigt ihre Erfahrung. Seit Juni werden in Pattensen auch wieder Neuanpassungen vorgenommen, „natürlich unter Berücksichtigung der bekannten Hygieneregeln“.

„Ich glaube, dass man jetzt merkt, dass die Kontaktlinse mehr sein kann, nämlich eine wirkliche Stütze für das Geschäft“, ergänzt Patric Poggenpohl, Regional Sales Manager von CooperVision, der beim Vor-OrtTermin der DOZ dabei war. Seit Jahren rede man von ungefähr fünf Prozent des Geschäfts und zehn Prozent des Umsatzes - und jetzt habe man gesehen, wie wichtig diese zehn Prozent des Umsatzes sein können. Ebenso sei in der Kontaktlinse ein gewisses Handlager immer wieder Thema. „So kann man Spontankäufer zumindest in Brot-und-Butter-Stärken bedienen.“

Interview mit Sabine Siegmund und Patric Poggenpohl

Gereon Müller (re.), Inhaber von Optik Müller in Köln, zusammen mit seinem Team.

Gereon Müller, Inhaber von Optik Müller in Köln, mit seinem Team aus den drei Augenoptikermeisterinnen (v.l.)  Anke Piepereit, Gülsah Adali und Esther Janitz.

 

© Müller

„Kontaktlinsen geben viel Sicherheit“

Bei „Optik Müller“ in Köln-Lindenthal werden rund 23 Prozent des Gesamtumsatzes mit Kontaktlinsen erwirtschaftet. 80 bis 90 Prozent der Kontaktlinsenkunden nutzen dabei das Abo-Angebot und tragen zudem fast ausschließlich – bis auf die OrthoK-Kunden – zusätzlich eine Brille. Folglich beschreibt Gereon Müller, Inhaber des Geschäfts, die Zeit seit Corona als „völlig normal. Wir haben keinerlei Veränderung seitdem.“

Auch im März und im April war der Laden geöffnet; zudem arbeite man seit jeher nur auf Termin, so der Augenoptikermeister. Seit Beginn der Pandemie berücksichtigt das vierköpfige Team des CooperVision-Partners selbstredend die vorgeschriebenen Hygienemaßnahmen wie das Tragen von FFP2-Maske, Face-Shield und Sicherheitsabstand.

„Meine Kunden hatten während des Lockdowns auf einmal mehr Zeit“, erinnert sich Müller. Hinzu sei die neue Linse „Biofinity Toric Multifocal“ von CooperVision gekommen, die sehr guten Anklang findet. Folglich habe er während der Lockdown-Monate mit Kontaktlinsen mehr umgesetzt als im Vorjahreszeitraum. Für ihn ist seitdem klar: „Kontaktlinsen geben einem Betrieb mit Blick auf die Existenz viel Sicherheit.“

Interview Gereon Müller