Mido-Präsident Vitaloni über die Messe 2024 und Terminprobleme

Mido: „Wir wollen und können unseren Termin nicht verschieben“

Drei Wochen nach der Opti trifft sich die internationale Augenoptik in Mailand zur Mido. In Italien stehen dabei die Zeichen auf Wachstum, wie Mido-Präsident Giovanni Vitaloni im DOZ-Interview verrät. Mit vergrößerter Ausstellungsfläche und mehr Ausstellern nähert man sich den Zahlen der Rekord-Mido 2019 an. Bei der Terminproblematik von Opti und Mido im Jahr 2025 aber sind die Beteiligten von einer Annäherung noch relativ weit entfernt. Weil beide Messen auf ihren Daten bestehen, braucht es laut Vitaloni „kreative Lösungen“.
Vitaloni Mido

Giovanni Vitaloni ist Präsident der Mido und unterstreicht gerne den Anspruch der Messe, die international bedeutsamsten Veranstaltung der Branche zu sein.

© Mido

Erstveröffentlicht in der DOZ 01I24

Giovanni Vitaloni ist nicht nur seit 30 Jahren in der Eyewear-Branche aktiv und Chef des italienischen Labels Vanni (siehe DOZ 11|23), seit 2017 ist er auch Präsident der weltweit größten augenoptischen Fachmesse Mido. Im Gegensatz zur Opti wird die Mido vom italienischen Industrieverband ANFAO (Associazione Nazionale Fabbricanti Articoli Ottici) organisiert. Die Messe sei „ein Export-Motor“, der von der Industrie betrieben werde, und das stärkste Tool des Verbands, sagt Vitaloni im DOZ-Interview. Entsprechend wichtig sei es, die Mido als „place to be“ zu vermarkten und alle internationalen Player in Mailand begrüßen zu können Das damit verbundene Selbstverständnis wird im Gespräch immer wieder deutlich, gerade dann, wenn es um die anhaltende Terminproblematik zwischen Mido und Opti geht.

Herr Vitaloni, die Opti hatte in den vergangenen Jahren aufgrund schwindenden Zuspruchs von Ausstellern und Besuchern einige Probleme. Wie hat die Mido die Pandemie-Jahre überstanden?
Giovanni Vitaloni: 2019 war die bislang größte Mido – zumindest, wenn man sich die Jahre anschaut, in denen die Mido stattfinden konnte. Denn auf dem Papier hätte die Mido 2020 alle Rekorde gebrochen. Nach dem pandemiebedingten Rückgang ist die Mido jetzt aber wieder auf dem Weg zurück zu alter Stärke.
Nach sechs Pavillons im vergangenen Jahr werden es 2024 sogar sieben sein. Und auch weitere Zahlen sprechen für das Wachstum: Die Ausstellerfläche wird mit 42.000 Quadratmetern um 18 Prozent wachsen, bei den Ausstellern haben wir mit 1.150 ein Plus von 15 Prozent. Wir haben den guten Vibe der vorigen Messe nutzen können und schon kurz nach der Mido 2023 einen zusätzlichen Pavillon angemietet. Somit hinken wir den Zahlen von 2019 nicht mehr weit hinterher.

Wie wichtig ist dieses Wachstum?
Im Gegensatz zur Opti, die von einem privaten Unternehmen veranstaltet wird, ist die Mido das Aushängeschild der italienischen Industrie mit dem Industrieverband ANFAO als Organisator. Für die Augenoptik in Italien, die zu 90 Prozent vom Export lebt, ist die kommende Mido besonders wichtig, da nach einem guten ersten Halbjahr 2023 die Zahlen zum zweiten Halbjahr deutlich rückläufig waren. Dennoch jagen wir den Zahlen von 2019 nicht hinterher, da die Qualität der Messe wichtiger ist als die reine Quantität. Dennoch sind wir stolz darauf, mit der Mido die weltweit größte Messe in der Augenoptik auf die Beine stellen zu können.

"Alle wichtigen Firmen vor Ort"

Das „weltweit“ gilt sowohl für Aussteller als auch für Besucher. Wie wichtig ist dieser weltweite Zuspruch?
Wir sind und bleiben attraktiv für das internationale Publikum. Im vergangenen Jahr kamen Besucher als 150 Ländern zur Mido. Ich habe etwa Leute getroffen, die extra von den Fidschi-Inseln nach Italien gekommen sind. Wer die Neuheiten der größten Player der Branche sehen will, der muss zur Mido kommen. Bis auf Kering und Thelios, die derzeit keine Messen besuchen, sind alle wichtigen Firmen vor Ort.

Ist größer auch gleich besser für eine Messe? Die Opti zum Beispiel konzentriert sich wieder auf vier Hallen und hat nicht den Anspruch, zu den Rekordzahlen und den ehemals sechs Hallen zurückzukehren.
Die Quantität darf man natürlich nicht vernachlässigen, aber entscheidend ist die Qualität. Die Opti hatte in den vergangenen Jahren Probleme mit dem Support von Ausstellern und Besuchern – 2022 mehr noch als 2023. Für Mitteleuropa spielt die Opti jedoch eine wichtige Rolle. Ich bin ein Fan der Opti und mit meinem Unternehmen Vanni regelmäßig als Aussteller in München zu Gast. Hier herrscht ein familiärer Touch. Das ist der Kernwert, den die Opti nicht verlieren sollte. Auf der anderen Seite werden große Einkäufer aus Australien, den USA oder Südafrika sich eher für die Mido entscheiden. Wenn beide Messen sich auf ihre Stärken konzentrieren, dann sind sie auch erfolgreich. In der Pandemie wurde viel über die Zukunft der Messen gesprochen und darüber, dass sich vieles ins Digitale verlagern wird. Wir haben jedoch schon nach kurzer Zeit gemerkt, dass persönlicher Austausch extrem wichtig ist und es eher einen Multichannel-Ansatz braucht.

Mido Messegelände

Besucherinnen und Besucher aus 150 Ländern kamen im vergangenen Jahr zur Mido. Auch in diesem Jahr will die italienische Messe der „place to be“ sein.

© Mido

Die Opti hat mit einem Round Table und Präsenz auf zahlreichen Veranstaltungen versucht, die Bedürfnisse des Marktes aufzusaugen und die Erkenntnisse daraus in die kommende Opti zu transportieren. Wie gut kennt die Mido die Bedürfnisse der Aussteller und Besucher?
Dadurch, dass die Messe von der Industrie selbst veranstaltet wird, haben wir unser Ohr ganz nah am Markt. Wir kennen die Bedürfnisse mehr als der Hälfte der Aussteller ganz genau aus unserer täglichen Arbeit, wir haben ein feines Gespür dafür, was die Leute bewegt. Mit den international wichtigen Kunden veranstalten wir zudem regelmäßige Panels. Wir wollen nicht nur Produkte auf der Messe präsentieren, sondern auch die Kultur der Augenoptik mitprägen. Zum Beispiel im Bereich Nachhaltigkeit: Was früher eine nette Worthülse war, versuchen wir mittlerweile mit Leben zu füllen.

Aussteller für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisieren

Kann eine augenoptische Messe wie die Mido, zu der Aussteller aus der ganzen Welt anreisen, denn überhaupt nachhaltig sein?
Wenn ich 15 Jahre zurückblicke, dann war eine Messe sicherlich nicht nachhaltig. Heute aber beginnt Nachhaltigkeit schon mit dem Standbau. Wir haben versucht, unsere Aussteller für das Thema zu sensibilisieren und vor fünf Jahren bereits den „Stand up for green“-Award ins Leben gerufen, mit dem wir die umweltfreundlichen Messestände prämieren. Mittlerweile gibt es hier rund 150 Bewerbungen pro Jahr. Weiterhin haben wir als ANFAO ein Zertifikat für nachhaltige Brillenfassungen geschaffen. Dieses Zertifikat soll nicht nur ein neuer Maßstab in Italien, sondern auch in Europa und sogar weltweit werden.

Das heißt auch in Asien, wo eine Vielzahl von Fassungen produziert werden? Schließlich gibt es auf der Mido einen Pavillon ausschließlich mit asiatischen Herstellern.
Der entscheidende Punkt ist doch der CO2-Fußabdruck. Es macht überhaupt keinen Sinn, Rohmaterial aus Europa nach Asien zu schaffen, nur um dort günstiger produzieren zu lassen. Natürlich ergibt sich dadurch eine Kostenersparnis von 40 Prozent, auf der anderen Seite erhöht sich der CO2-Fußabdruck um das 3,5-fache. Das heißt, wir müssen dafür sorgen, dass die Fabriken in Asien mit lokal hergestellten Rohmaterialien versorgt werden und die Lieferkette innerhalb Asiens verbleibt.

Wir sind alle nicht glücklich mit dieser Situation, aber es gibt derzeit keinen Ausweg

Giovanni Vitaloni, Mido-Präsident

2024 liegen zwischen Opti und Mido immerhin drei Wochen, für 2025 kündigt sich ein noch engeres Zeitfenster von lediglich einer Woche an. Eine Situation, die unter Umständen beiden Messen Nachteile verschafft.
Das Thema ist ja nicht neu. Wir haben bereits 2019 einen langfristigen Vertrag mit der Messe Mailand, der Fiera Milano Portello, unterschrieben und unsere Termine für sieben Jahre fixiert. Das hatte den Hintergrund, dass wir 2026 die Olympischen Spiele in Mailand und Cortina d’Ampezzo haben. Das Pressecenter wird ebenfalls auf der Messe installiert und wir wollten unseren Februartermin sicherstellen. Der Februar ist aufgrund der zeitlichen Nähe zu den Fashion Weeks extrem wichtig, da wir als Augenoptik ja auch im Fashionbereich angesiedelt sind. Die Opti muss alle zwei Jahre aufgrund einer großen anderen Messe (die „Bau“, Anm. d. Red.) auf den späteren Termin im Januar ausweichen. Mit dem angestrebten Wechsel nach Stuttgart wollte man diesem Problem aus dem Weg gehen, mit der Rückkehr nach München aber steht man erneut vor der Terminproblematik. Wir als Mido aber wollen und können unseren Termin nicht verschieben. Ich hoffe, die Opti findet für die Zukunft eine Lösung. Schließlich gibt es einige Firmen, die sowohl auf der Opti als auch auf der Mido ausstellen wollen. Ich weiß nicht, welche Optionen die Opti noch hat, aber natürlich sollten die Messen mindestens drei Wochen auseinander liegen.

Für 2025 wird es also definitiv keine Lösung geben?
Wir sind alle nicht glücklich mit dieser Situation, aber es gibt derzeit keinen Ausweg. Wir haben uns mehrfach mit den Verantwortlichen der Opti getroffen und darum gebeten, dass sie ihr Bestes geben, die Messe auf ein anderes Datum zu verlegen. Da dies für 2025 nicht funktioniert, werden auch wir ein paar Aussteller und Besucher verlieren, aber mit dieser Situation müssen wohl oder übel beide Messen leben. Vielleicht finden sich aber noch kreative Lösungen, um den Ausstellern zumindest die Möglichkeit zu geben, auf beiden Messen vertreten zu sein. Vielleicht kann man spezielle Pakete schnüren, mit Ausstellungsflächen, die von der Opti bereitgestellt und von den Firmen bespielt werden. So müsste der Stand nicht von München nach Mailand gebracht werden, was zeitlich ohnehin unmöglich wäre.

Wäre das für Ihre Firma Vanni eine echte Option?
Auf jeden Fall.

Die Höhepunkte auf der Mido 2024

2025 ist also noch Zukunftsmusik. Auf welche Höhepunkte dürfen sich die Besucher im kommenden Februar freuen?
Wir werden drei Tage vollgepackt mit Eyewear, Events und Talks erleben. Jeder Pavillon wird seine eigene Identität bekommen, wir wollen die Trends der Augenoptik herausarbeiten. Derzeit finalisieren wir beispielsweise noch das Programm für den Otticlub, in dem wir Themen nicht nur oberflächlich anreißen, sondern in die Tiefe gehen wollen.

Und warum sollte eine Augenoptikerin aus dem DACH-Raum, die zuvor schon die Opti besucht hat, zusätzlich nach Mailand kommen?
Keine andere Messe repräsentiert die internationale Eyewear-Branche so wie die Mido. Und das ist dann auch eine Frage der Quantität. Wenn man auf der Suche nach Innovationen ist, dann würde ich nach Mailand kommen. Wir haben dreimal so viele Aussteller wie die Opti und dreieinhalbmal so viele Besucher.