Von Brücken, Brillen und einer Botschaft

Vanni: eine Kampagne als Hommage an Turin

Turin gehört zu den wichtigen Kultur-, Universitäts- und Wirtschaftszentren Italiens. Jedoch wird die Hauptstadt der Region Piemont oft unterschätzt und zu unrecht als Industriemetropole etikettiert. Die Motive der aktuellen Kampagne der Brillenmarke Vanni hingegen zeigen ein anderes Turin und schlagen die visuelle Brücke zum Flair der Stadt, dem Lifestyle und der Identität ihrer Menschen.
Vanni Kampagnenbild in Turin

Ob Schlösser, Gärten oder eleganten Paläste – Turin hat architektonisch viel zu bieten, unter anderem das historische Barockzentrum, die Residenzen des Königshauses von Savoyen, Weltkulturerbe der UNESCO.

© Vanni

Erstveröffentlicht in der DOZ 11I23

Gewiss: In Turin sitzen bedeutende italienische Unternehmen – neben Fiat (heute zugehörig zum Automobilkonzern Stellantis) unter anderem der Kaffeeproduzent Lavazza, der Sportartikelhersteller Kappa sowie das Luft- und Raum-fahrtunternehmen Leonardo, zudem wächst mehr und mehr die Bedeutung des IT-Wirtschaftszweigs. Liebhabern der italienischen Küche sind von hier stammende Delikatessen wie Grissini, Martini, Barolo, Vitello tonnato und Gianduiotti ein Begriff. Doch Turin hat viel mehr zu bieten, wie der Bestseller-Autor Giuseppe Culicchia eines Besseren belehrt. Die Stadt sei reich an historischen Sehenswürdigkeiten und versprühe einen lebenswerten Vibe. Deshalb hat Culicchia einen Reiseführer für seine Heimat verfasst („Torino è casa mia“), eine Art Ode an die wohl grünste Metropole Italiens zwischen Alpen und Po-Ebene, wie er sagt.

Für Giovanni Vitaloni und dessen Ehefrau, Alessandra Girardi, ist Turin nicht nur Standort ihrer Firma – die Stadt ist ihre unternehmerische, gesellschaftliche und kulturelle Wirkungsstätte. Das eigene Firmengebäude liegt in einem der belebten Viertel von Turin. Im Zentrum an der Piazza Carlo Emanuele II führt das Brand zudem ein Augenoptikergeschäft, das gleichermaßen Showroom und Ort der Begegnung mit zeitgenössischer Kunst und Brillenkunst ist. Für Marketingleiterin Alessandra Girardi sind diese eng miteinander verflochten – und eine Herzensangelegenheit. Im kulturellen Engagement sieht Girardi eine gesellschaftliche Verpflichtung. Deshalb kooperiert man mit Artissima, der führenden italienischen Messe für zeitgenössische Kunst. Mit einem Kunstwettbewerb und über die Plattform Vanni #artistroom sowie Ausstellungen im Showroom finden Projekte mit zeitgenössischen Künstlerinnen und Künstlern und deren Brillenkreationen eine anspruchsvolle Präsentation.

Vanni

Himmel, Fluss und Brücken wurden zum Sujet für die aktuellen Brillendesigns von Vanni.

© Vanni

„Unser Unternehmen ist mit dem Territorium, der Stadt Turin und der Region Piemont verwurzelt. Deshalb ist dies ein guter Weg, junger Kunst ein Forum zu verschaffen.“ Ästhetisch wie technisch möchte man die Schnittstellen zwischen Kunst und Brillendesign ausloten. Bei einer Auszeichnung auf der Kunstmesse Artissima erhalten die prämierten Kunstschaffenden deshalb neben einem Geldpreis die Möglichkeit, für den Brillenhersteller ein Modell zu entwerfen und mit dem Designteam eine Kapselkollektion zu gestalten, die in einer limitierten Auflage produziert wird. „Uns reizt ihre kreative Freiheit, ihre künstlerische Vorstellung einer Vanni-Brille.“

Produktkultur und "Società Benefit"

Dieser Prozess brächte fantasievolle Impulse hervor, begeistert sich Girardi. Die Verbindung zwischen zeitgenössischer Kunst und zeitgenössischem Brillendesign sei für ihre eigene Arbeit, das Design ihrer Kollektionen, eine groß  Bereicherung, unterstreichen die Turiner. „Durch unser Kunstengagement haben wir vermutlich noch keine Brille mehr verkauft, aber in unserer Firma und bei unseren Kunden neues Bewusstsein für kulturelle Werte geschaffen.“ Unternehmen und Marke gehe es um eine Botschaft, um den Mehrwert in puncto Produktkultur, um ein Qualitätsdenken. „Um Kultur im weiteren Sinne: das Interesse für das gesellschaftliche Miteinander, Respekt für das Individuum, die Natur, die menschlichen Lebensräume. Dieses Anliegen nehmen wir sehr ernst, heute und in Zukunft.“

Vanni

Mediterraner, urbaner Flair, zeitlose Schönheit und Kreativität: Die Motive der neuen Vanni-Kampagne verstehen sich auch als Hommage an die Stadt und den Standort Turin.

© Vanni

Entsprechend die Mission: Im Dezember 2021 wandelte Vanni seine Unternehmensform in eine „Società Benefit“ um. Benefit Corporations, so ist nachzulesen, „integrieren in ihren Unternehmenszweck neben Gewinnzielen auch das Ziel, einen positiven Einfluss auf die Gesellschaft und die Biosphäre zu nehmen.“ Die Erfahrungen aus der Zeit der Covid-Pandemie sei für diese Entscheidung ausschlaggebend gewesen, erklärt Girardi: „Wir wollen unseren unternehmerischen Horizont erweitern und nicht nur den Unternehmensgewinn im Auge haben, sondern ebenso die Verpflichtung gegenüber nachkommenden Generationen, die Welt besser zu gestalten oder zumindest Menschheit und Umwelt nicht noch weiteren Schaden zuzufügen.“ Besonders stolz ist Girardi darauf, dass die Mitarbeiter an der Basis des Unternehmens in das Projekt mit einbezogen wurden. „Sie sind Teil dieser Veränderung, sie bekommen Gehör und können sich äußern.“ Für das Engagement zum Wohle der Gesellschaft wurden vier spezifische Ziele definiert, erklärt Gerardi, die im Unternehmen für die Nachhaltigkeit verantwortliche Managerin: „Es beginnt mit den Produkten, indem wir gewährleisten, dass unsere Brillen sowohl in funktionaler als auch in ästhetischer Hinsicht ,schön und in der Qualität gut gemacht’ sind und zur Gesundheit und zum Wohlbefinden der Menschen beitragen.“ Punkt zwei geht auf die ökologische Nachhaltigkeit von Produktionsprozessen ein, indem sich das Unternehmen verpflichtet, die direkten und indirekten Auswirkungen auf die Umwelt zu reduzieren. Vanni wolle eine „Kultur der Nachhaltigkeit“ schaffen, in einer Branche, die abgesehen von einigen großen multinationalen Konzernen, vornehmlich aus mittleren und kleineren Unternehmen wie dem ihren bestehe, betont Girardi.

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Wassersport ist in Turin sehr beliebt. Tatsächlich hat der Kanusport im Piemont eine lange und bedeutende Tradition.

© Vanni

„Daran arbeiten wir, tauschen uns aus mit Kunden, Lieferanten, Handelsvertretern, mit anderen Unternehmen, mit Netzwerken von Verbänden und Institutionen weltweit, um gemeinsam das Bewusstsein zu schärfen.“ Im dritten Punkt geht es um die Qualität des Arbeitsumfelds und der Arbeitsatmosphäre, die Förderung der Entwicklung und beruflichen Verwirklichung des Einzelnen, die Integration in das Unternehmen. Und last but not least, Punkt vier, der für das Streben nach einer nachhaltigen wirtschaftlichen Wertschöpfung und Wertsteigerung für das Unternehmen und die umliegende Region steht, für ein stetiges Wirtschaftswachstum bei gleichbleibender Qualität.

Nachhaltig made in Italy

Bei Vanni gipfeln all diese Punkte in der „Italianità“. Denn man ist überzeugt, dass Produkte „Made in Italy“ allergrößte Wertschätzung rund um den Globus genießen. In dieser Tradition sieht sich das Unternehmen. Ob Mode, Accessoires oder Möbeldesign: Der Sinn für Stil, „il buon gusto“, beschreibe die Essenz des „Made in Italy“, sagt Alessandra Girardi. Die Turiner gehören nachweisbar zu jenen Brillenproduzenten, deren Fassungen ausnahmslos in Italien hergestellt werden. „Es gibt viel handwerkliches und technologisches Knowhow in unserem Land, weshalb wir unsere Brillen hier produzieren lassen. Dies ermöglicht unter anderem, die durch den Transport verursachten CO2-Auswirkungen deutlich zu reduzieren.”

Der Himmel über Turin. Heute ist er strahlend blau. Entlang des Po flanieren die Menschen. Der längste Fluss des Landes zieht ein grünes Band durch die Stadt, auf den Hügeln am Ufer erheben sich prächtige Villen, Ruderclubs lassen ihre Boote zu Wasser. Majestätische Paläste säumen die Plätze, unter Arkaden spazieren die Turinerinnen und Turiner. Architektur und Atmosphäre: Für Alessandra Girardi zeigen die Kampagnenmotive nicht nur aktuelle Brillendesigns. Sie stehen sinnbildlich für ihre Identität, die Identifikation mit der Stadt, den Lebensstil ihrer Menschen. „In diesem Moment mit vielen weltweiten Konflikten ist die Idee des Flusses und der Brücken, die ihn überqueren, Teil der Botschaft, die wir aussenden möchten: Wir müssen mehr Brücken bauen, die dem Dialog und dem Austausch dienen.“