Rezensionen von Roger Crelier und Jules van Els

Fachbuch: „Binokulare Korrektion: MKH in Theorie und Praxis“

Das Fachbuch „Binokulare Korrektion. MKH in Theorie und Praxis“ von Volkhard Schroth ist jetzt in der 3. vollständig überarbeiteten Auflage im DOZ-Verlag erschienen. Professor Roger Crelier und Optometrist Jules van Els haben das Werk rezensiert.
Bild des Buchcovers Binokulare Korrektion MKH von Volkhard Schroth

Cover der 3. Auflage des Fachbuchs "Binokulare Korrektion. MKH in Theorie und Praxis" von Volkhard Schroth.

© DOZ

Mit Vergnügen schreibe ich diese Rezension über die komplett überarbeitete Neuauflage des Buches: „Binokulare Korrektion. MKH in Theorie und Praxis“ von Volkhard Schroth, beginnt Jules van Els, NL-Heemskerk, Optometrist, Referent und Seminarleiter zur MKH, seine Rezension der dritten Auflage des Fachbuchs.

Als erstes fällt ins Auge, dass es eine neue Einteilung mit Infoblöcken gibt. Dies finde ich eine sehr starke Idee, weil damit die wichtigsten Punkte auf einen Blick erkenntlich sind. Für besonders eilige Leserinnen und Leser bieten die Infoblöcke eine gute Zusammenfassung. Auch wenn die Funktionsteste in den früheren Auflagen schon ausführlich dargestellt waren, sind diese in der Neuauflage nochmals ergänzt worden.

Unterschied: Tropie und Phorie

Besonderes Augenmerk ist auf die klare Unterscheidung zwischen Tropie und Phorie gelegt, was immer mehr notwendig ist, um nicht mit anderen Berufsgruppen in Konflikt zu kommen. Dasselbe gilt für den Ausschluss von neurologischen Problemen, die mit Hilfe der Pupillentestung oder Motilitätsprüfung erkannt werden können. Beispiele von bestimmten Funktionstests sind als Videos zur Verfügung gestellt, die online abgerufen werden können. Für MKH Anwendende mit weniger Erfahrung in diesen Funktionstests sind diese bewegten Bilder eine unschätzbare Hilfe.

Die praktische Anwendung der MKH ist sehr gut verständlich und übersichtlich dargestellt, damit jeder einzelne Test immer wieder nachgeschlagen werden kann. Dies ist nach wie vor das Kernstück des Buches und eine wertvolle Hilfe für Anwendende jeder Erfahrungsstufe. Stereopsis-Teste der MKH werden gemäß den Richtlinien der IVBS vorgestellt, aber auch teilweise darüber hinaus kommentiert. Zum Beispiel der Valenztest kann fachgerecht meines Erachtens nur von sehr erfahrenen Anwendenden benützt werden. Bisher wurde an keiner Stelle so ausführlich wie im neuen Buch über die theoretischen Hintergründe geschrieben.

Evidenzbasierte Sicht auf die MKH

Die Studienlage zu MKH relevanten Themen wurde aufbereitet und als evidenzbasierte Sicht auf die MKH zusammengestellt. Dies ermöglicht eine ganz neue Grundlage für Diskussionen innerhalb der MKH-Welt und mit anderen Berufsgruppen. Aus meiner persönlichen Erfahrung mit der MKH und ihrer Anwendung bei Stärkenbestimmungen für Gleitsichtgläser ist die Qualität der Stereopsis essentiell für eine gute Akzeptanz von modernen Gläsern. Je nach erreichtem Stereogrenzwinkel verwende ich unterschiedliche Glastypen.

Im vorliegenden Buch könnte dieser Bereich vielleicht noch ausführlicher dargestellt sein. Gute und praktische Tipps bei Gleitsichtgläsern sind hier in den Hintergrund getreten. Gleichtzeitig ist das Buch wichtig für alle, die mit der MKH praktisch arbeiten wollen und die mehr über das gesamte Themengebiet wissen möchten.

Autor

Jules van Els ist Optometrist und hat sich insbesondere auf den Bereich des binokularen Sehens und dessen Mess-Verfahren spezialisiert hat. Er ist darauf spezialisiert, Lösungen für binokulare Sehprobleme zu finden, die bei Menschen mit Schleudertrauma, Legasthenie und asthenopischen Beschwerden im Zusammenhang mit Fixationsdisparität auftreten – also Situationen, in denen das Sehen „out-of focus“ die Hauptursache der Symptome ist. Van Els verwendet vor allem das Verfahren nach H.-J. Haase, eine Vorgehensweise, mit der schrittweise die motorischen und sensorischen Funktionen des menschlichen Auges untersucht werden.


 

Volkhard Schroth als Autor des Buches „Binokulare Korrektion: MKH in Theorie und Praxis“ schafft es seit Jahren, die unzweifelhaft erfolgreichen Elemente der MKH nicht nur persönlich für seine Patientinnen und Patienten anzuwenden, sondern auch in Kursen, Workshops und vor allem an der Fachhochschule FHNW, Olten, zu lehren, berichtet Professor Roger Crelier, Institutsleiter der Optometrie an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten (CH). Gleichzeitig forscht er unermüdlich und unterzieht die Elemente, Prozesse oder Schlüsse aus der MKH einer kritischen Betrachtung. Dies nicht in Form von spekulativen Aussagen, sondern immer mit dem Ziel einer evidenzbasierten Herangehensweise und entsprechenden Schlussfolgerungen.

Dabei ist die Tatsache der erfolgreichen Anwendung der Methodik und dem gleichzeitigen Hinterfragen der zugrundeliegenden Modelle keinesfalls ein Widerspruch, sondern im Gegenteil zeugt es von einer tiefen Überzeugung zur grundsätzlichen Nützlichkeit der Methodik. Jede Anwenderin und jeder Anwender hat über die Jahre immer wieder erleben müssen, dass viele der Patientinnen und Patienten sich beim Anwenden der MKH nicht gemäß Haases Vorstellungen auf Nullstellung korrigieren lassen. Als mögliche Erklärung fallen Stichworte wie: binokulare Rivalität, Korrespondenzanpassungen, ausgeprägte Suppressionen….und deren viele mehr.

Herausforderug Valenztest

Ein speziell schwieriges Kapitel ist in dieser Hinsicht der Valenztest. In eigenen Fällen scheint er genau die von Haase vorausgesagten Werte und Wahrnehmungen zu liefern, aber in vielen Fällen führt er leider nicht zum Ziel. An diesem Test kann der unbedarfte Anwender durchaus in die Irre geführt werden.

Haase war ein offener Geist, hat sehr viele Diskussionen mit Ärzten, Forschern, Kollegen, Gleichgesinnten und Zweiflern geführt, war hartnäckig und hat nachgehakt. Er hat die bestehenden Ideen von Turville hinterfragt und verbessert, hat seine eigenen Testfiguren mehrfach verändert und sich für ein zum damaligen Wissenstand der Wahrnehmungsphysiologie passendes Modell entschieden, das die uns bekannte Unterscheidung von motorischen Komponenten, disparater Fusion und Fixationsdisparation vornimmt.

Praxisgerechte Hinweise zur Prismenverordnung

Volkhard Schroth beschreibt in diesem Buch nicht nur die praktische Vorgehensweise Schritt für Schritt, er gibt auch praxisgerechte Hinweise zur Verordnung von prismatischen Korrektionen. Leserinnen und Leser sollten sich aber unbedingt auch mit den theoretischen Betrachtungen und vor allem deren zeitgemäßen Interpretation auseinandersetzen. Die vielen Quellenhinweise ermöglichen erfahrenen Anwenderinnen und Anwendern genauso wie Studierenden, sich mit der Materie auseinanderzusetzen und für unsere Patienten die beste Vorgehensweise zu finden.

In der täglichen Arbeit erleben wir, dass wir vielen Kindern und Jugendlichen beim richtigen Sehen und dadurch beim Lernen helfen, Erwachsenen das Sehen erleichtern und Kopfschmerzgeplagten die Beschwerden lindern. Wir wissen, auch dank der Forschungsarbeit von Volkhard Schroth, dass die Modellvorstellungen von Haase an einigen Stellen vermutlich nicht richtig sind. Genauso wissen wir, dass wir unseren Patientinnen und Patienten helfen wollen und können. Lassen Sie uns das Eine tun und das Andere nicht lassen – genauso wie es in diesem Buch vorgeschlagen wird.

Ich freue mich sehr über das vorliegende Buch, es hilft den kommenden Generationen die Methodik anzuwenden und hoffentlich immer einen wachen Geist zu bewahren und eine gesunde Portion Neugier zu entwickeln.


 

Autor

Professor Roger Crelier ist Institutsleiter der Optometrie an der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten (CH). Ebenso leitet er den Bachelor-Studiengang Optometrie (B.Sc.) und ist als Dozent für die optometrische Augenprüfung und das Binokularsehen tätig.

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