Michelle Terpilak ist Bestmeisterin in der Augenoptik

„Endlich kann ich mal zeigen, was ich kann“

In der Schule war Michelle Terpilak „ziemlich durchschnittlich“, die Ausbildung zur Augenoptikerin konnte sie erst im dritten Anlauf abschließen. Doch dann ist die Leverkusenerin richtig durchgestartet: Ihre Meisterprüfung bestand sie 2020 als Jahresbeste der Handwerkskammer Düsseldorf, im März bestand sie zudem die Prüfung zur Optometristin. Und das Beste: Ihren Verlobten hat Michelle Terpilak ebenfalls für den Beruf begeistert, er folgte ihr als Azubi bei Heicken Optik nach.
Michelle Terpilak

Michelle Terpilak musste wegen Betriebsschließung zwei Mal ihre Lehrstelle wechseln.

© Ingo Lammert Photographie

„Mir gefällt an meinem Beruf, dass es immer wieder Neues zu entdecken gibt. Jeder Kunde ist anders und ich kann individuell auf seine Wünsche eingehen. Besonders viel Spaß macht es mir, Screenings durchzuführen.“ Man merkt Michelle Terpilak die Begeisterung für die Augenoptik an, wenn sie von ihrem Beruf erzählt. Dann ist sie kaum zu bremsen: „Bei meiner Firma Heicken Optik legen wir viel Wert auf modernste Messtechniken und besitzen viele Tools, um die Durchführung von Screenings überhaupt möglich zu machen. Aber auch die Kontaktlinsenanpassung macht mir viel Spaß!“ Langweilig wird ihr eher nicht: Noch bevor sie ihren Meisterbrief bekam, hatte sie sich zu einem Ortho-K-Seminar angemeldet und dieses erfolgreich absolviert. „Somit darf ich jetzt auch diese Speziallinsen anpassen.“

Ihre Leistungen während der Schulzeit bezeichnet Michelle Terpilak selbst als „ziemlich durchschnittlich“. 2014 machte sie ihr Abitur an der Marienschule in Opladen. In der Oberstufe merkte sie, dass ihr die naturwissenschaftlichen Bereiche besonders lagen. Die medizinische Ausrichtung des Augenoptikerberufs war dann auch entscheidend für ihre Berufswahl. Den Start ihrer Ausbildung 2014 konnte sie kaum erwarten – auch wenn es zu Beginn gar nicht gut lief, wegen Betriebsschließung musste sie zwei Mal ihre Lehrstelle wechseln. Bei Heicken Optik in Leverkusen hat sie dann 2017 im dritten Anlauf erfolgreich ihre Ausbildung abschließen können und schnell wurde ihr klar, dass das auch der Betrieb war, in dem sie weiterarbeiten wollte.

Michelle Terpilak

Michelle Terpilak kümmert sich gerne um außergewöhnliche Fälle wie komplizierte Prismenmessungen oder formstabile Kontaktlinsen.

© Ingo Lammert Photographie

Verlobt: der Geselle und die Meisterin

Auch ihren Verlobten hat die 25-Jährige mit der Liebe zu diesem Beruf angesteckt. Heicken-Optik hat zwei Filialen, eine in Leverkusen und eine in Burscheid. „In dieser Filiale konnte mein Verlobter nach Abschluss meiner Ausbildung selbst mit der Augenoptikerlehre beginnen. 2020 wurde er somit Geselle und ich Meisterin“, erzählt Michelle Terpilak, „den ersten Lockdown haben wir beide so kurz vor unseren Prüfungen gut zum Lernen nutzen können.“ Schon ein Jahr nach ihrer Ausbildung meldete sie sich bei der ZVA-Akademie für die Meisterfortbildung in Teilzeit an. Während der Meisterschule hatte sie – zumindest bis Corona - drei Tage lang Präsenzunterricht in Knechtsteden und an drei weiteren Tagen arbeitete sie weiter bei Heicken-Optik.

„Die einzuleitenden Maßnahmen nach Ausbruch der Pandemie stellten für alle eine Herausforderung dar, haben unsere Meisterausbildung durch das herausragende Engagement des Teams der ZVA-Akademie jedoch nicht eingeschränkt. Ob online oder im Präsenzunterricht, dank des gut durchdachten Konzepts habe ich mich zu jedem Zeitpunkt bestmöglich vorbereitet und sicher gefühlt. Deswegen kann ich jedem nahelegen: Schaut euch die Meisterschulen und angebotenen Konzepte gut und in Ruhe an. Rückblickend würde ich alles genauso wieder machen und bin mir sicher, dass die ZVA-Akademie für meine abschließende Leistung mitverantwortlich ist.“

36 Grad, Maske und Face-Shield

Am Tag ihrer Meisterprüfung war es sehr heiß – genauer gesagt 36 Grad im Schatten. Das hat die Umstände, die Prüfung mit Maske und Face-Shield zu machen, zusätzlich erschwert. Allerdings war die Jungmeisterin so gut vorbereitet, dass sie keinerlei Aufregung empfand. Sie dachte nur: „Endlich schaut mir mal jemand von Anfang bis zum Ende zu und ich kann zeigen, was ich kann!“ Gegenstand des ersten Prüfungsteils war es, eine Anamnese, Augenglasbestimmung und drei fallbezogene Screenings durchzuführen. Ihre Probandin bekam eine erfundene Augenerkrankung inklusive Symptomen, Hobbies und anderen relevanten Fakten „zugeteilt“, die in der Anamnese zu ergründen war. Michelle Terpilak bekam heraus, dass ihr Gegenüber an Retinopathia pigmentosa leidet - eine sehr seltene, genetisch bedingte Augenerkrankung und ein „Fall“, mit dem sie nicht unbedingt gerechnet hatte.

Im zweiten Teil ging es um die Anpassung einer weichen und einer formstabilen Kontaktlinse , im dritten und letzten um eine objektive Messung anhand eines Skiaskops am Phantomauge und das Führen des Fachgesprächs. „Nach der Prüfung stellte sich bei mir Erleichterung ein und ich hatte das Gefühl, es hätte kaum besser laufen können. Dennoch habe ich nicht damit gerechnet, Jahresbestmeisterin zu werden.“

Prüfung zur Optometristin bestanden

Der Schritt in die Selbstständigkeit ist für Michelle Terpilak aktuell keine Option. Sie möchte weiterhin bei Heicken Optik arbeiten und wird auch bereits in wichtige betriebliche Entscheidungen mit einbezogen. Ganz aktuell hat sie „obendrauf“ ihre Prüfung zur Optometristin bestanden – sie hatte in der ZVA-Akademie die Möglichkeit, die Unterrichtsinhalte der Meister- und Optometristenfortbildung mit einem Kurs abzudecken. Zukünftig will die Jungmeisterin sich weiter spezialisieren, denn sie kümmert sich gerne um außergewöhnliche Fälle wie komplizierte Prismenmessungen oder formstabile Kontaktlinsen – Herausforderungen, vor dem manch eine Augenoptikerin oder ein Augenoptiker lieber flüchtet. Ebenso kann sie sich vorstellen, auszubilden und ihr Wissen weiterzugeben.

Im Moment genießt Michelle Terpilak es einfach, wieder einen freien Tag in der Woche zu haben, und nutzt die Zeit zum Lesen, gerne auch Fachliteratur. „Aktuell habe ich das Gefühl, ein gutes Gleichgewicht zwischen Freizeit, Lernen und Arbeiten gefunden zu haben, und bin sehr glücklich damit. Ich freue mich, sobald es wieder möglich ist, mehr unbeschwerte Zeit mit meiner Familie und mit Freunden zu verbringen und endlich reisen zu können.“

Autorin: Anne Kuhlmann

Ein besonders robuster Jahrgang

Zum zweiten Mal in Folge konnte ein neuer Meisterjahrgang an Rhein, Ruhr und Wupper pandemiebedingt seine Meisterbriefe nicht im Rahmen einer großen Festveranstaltung inklusive Politik und Öffentlichkeit erhalten. Die fortdauernde Pandemie zwang die Handwerkskammer Düsseldorf Anfang März, ihre 786 erfolgreichen Prüfungsteilnehmerinnen und -teilnehmer des Jahres 2020 auf dem Versandweg mit den ersehnten Urkunden zu versorgen - als Bestandteil eines großen „Meisterpakets“, bestückt mit wertigen Aufmerksamkeiten. Immerhin 74 der 786 Absolventen, also fast zehn Prozent, waren Augenoptiker und Augenoptikerinnen – und von diesen wiederum Michelle Terpilak aus Leverkusen die Jahresbeste. Allen Jungmeistern egal welcher Profession galt das Lob des Handwerkskammer-Präsidenten: „Sie haben als besonders robuster Jahrgang gezeigt, dass Sie Ziele beharrlich verfolgen können, auch wenn Ihnen der Wind ins Gesicht bläst“, sagte Andreas Ehlert angesichts der erschwerten Umstände. „Das Handwerk braucht Menschen wie Sie gerade jetzt als Vorbild in der Krise!“

Autor: Tom Theilig