Augenoptische Versorgung von Spitzensportlern

Danebengreifen gilt nicht: Spitzensportler wie der Olympiasieger Fabian Hambüchen (hier mit einer Reckübung beim Worldcup in Stuttgart 2008) brauchen optimale Sicht, um Erfolg zu haben
Erstveröffentlichung in der DOZ 06|2025.
Die Geschichte dieser Spezialisierung begann vor 27 Jahren mit „Fabi“, wie Sascha Ruschenburg den ehemaligen Weltklasseturner Fabian Hambüchen längst nennt, weil sich auch eine Freundschaft entwickelte zwischen dem Augenoptikermeister und dem Top-Athleten, den er schon als Elfjährigen kennenlernte. Damals, 1998, war Fabian Hambüchen ein Nachwuchstalent, trainierte nach der Schule in der Halle – bis zu fünf Stunden täglich, an fünf Tagen pro Woche. Eine Kindheit nach Zeitplan und mit vielen Entbehrungen. „Ich hatte das tiefe innere Bedürfnis, dies zu würdigen“, erinnert sich Ruschenburg, damals noch Geselle und Meisterschüler. „Was unsere Spitzensportler leisten müssen, um dieses Niveau zu erreichen und dann zu halten, ist bemerkenswert. Für einen Hauptberuf bleibt kaum Zeit, auf Sponsoring sind sie daher angewiesen.“ Er überzeugte seinen Chef, eine augenoptische Versorgung bei „Fabi“ zu fördern.
(Noch) heute ist der Olympiasieger, Welt- und Europameister Fabian Hambüchen, der seine Titel zwischen 2005 und 2016 errang, ein Aushängeschild von Ruschenburgs eigenem Augenoptikbetrieb in Braunfels-Philippstein – gelegen im mittelhessischen Lahn-Dill-Kreis – mit einer weiteren Filiale in Kirchhain (bei Marburg). Original Autogrammkarten stehen dort jeweils bereit, die Kundinnen und Kunden mitnehmen dürfen, und auf der Homepage gibt es eine persönliche Danksagung: „Ich bin schon so lange bei Dir, mit all meinen Brillen und Linsen, fühle mich immer gut aufgehoben und optimal betreut …“. Inzwischen ist der prominente Ex-Turner zwar durch Augenlasern soweit korrigiert, dass er derzeit keine Sehhilfen mehr benötigt, doch bleibt er Ruschenburg verbunden und auch seine komplette Familie wird dort versorgt.
Seit 2013 ist Ruschenburg im „Team für Deutschland“ engagiert
Nach dieser von Hambüchen ausgelösten Initialzündung passte es für den Augenoptiker umso mehr, als sein industrieller Partner MPG&E 2013 das „Team für Deutschland“ in Zusammenarbeit mit der Deutschen Sporthilfe gründete. Als Kontaktlinsenanpasser wurde Ruschenburg gefragt, ob dies auch etwas für ihn sei. „Klare Sache, ich war sofort dabei! So ergab es sich, dass sich mit der Zeit immer mehr Spitzensportler bei mir meldeten.“ Weitere kamen über die angestellte Meisterin Heike Steinmüller und ihre familiären Kontakte zum Frauenfußball-Bundesligisten Eintracht Frankfurt, darunter die früheren Spielerinnen Saskia Matheis, Cara Bösl und Theresa Panfil. Außerdem versorgt Ruschenburg unter anderem Niklas Frach, amtierender Deutscher Meister auf zehn Kilometer Freiwasserschwimmen, Björn Lohmann, ehemaliger Kapitän der Nationalmannschaft im Rolli-Basketball oder Jaqueline Becker, unter ihrem Mädchennamen Orth 2018 zweifache Team-Weltmeisterin mit dem Sportgewehr.
Seit zwölf Jahren ist Ruschenburg Optik offizieller Service-Partner der Deutschen Sporthilfe. Das bedeutet: Bei einigen Sportlerinnen und Sportlern greift das „Team für Deutschland“ und der Betrieb erhält die für sie nötigen Kontaktlinsen kostenlos über MPG&E. Die Arbeitszeit investiert Ruschenburg als „Privatvergnügen“. Diese Möglichkeit besteht für alle, die Sporthilfe beziehen und über diesen Kontaktlinsenspezialisten versorgt werden. Es trifft jedoch nur für einen vergleichsweise kleinen Teil seiner Kunden zu, wie der Augenoptiker feststellt. Die anderen fördert er aus eigener Tasche. 2.000 bis 3.000 Euro kämen pro Person bei einer Erstversorgung zusammen: Linsenmaterial (EK) bis zur fertigen Linsen ca. 600 bis 1000 Euro, dann noch eventuelle Brillen 500 bis 800 Euro, Pflegeprodukte ca. 150 Euro; dazu seine Arbeitszeit für diverse Termine bis zur finalen Versorgung, so schätzt der Sportförderer aus Überzeugung seinen Beitrag ein.

Sascha Ruschenburg mit einer Kundin (ohne sportlichen Hintergrund) am Keratographen. Der Monitor weist ihn – etwas pathetisch – als Augenoptiker aus, von der Deutschen Sporthilfe für die Versorgung von Spitzensportlern „auserwählt“ wurde.
„Bei der Versorgung mit Kontaktlinsen verlassen wir uns nicht immer auf den Sponsoring-Pool von MPG&E“, erklärt Sascha Ruschenburg. „Sind andere Hersteller aus unserer Sicht besser geeignet, scheuen wir nicht den Wechsel auf eigene Kosten – der Zufriedenheit unserer Sportler zuliebe.“ Alle Spitzensportler erhalten bei ihm kostenlos Kontaktlinsen, Pflegemittel, Brille und Sonnenbrille – darunter gelegentlich sogar Athleten anderer Länder. So etwa Lilly Neubürger, Nachwuchstalent beim Speedklettern aus dem Team USA. Die 16-Jährige, die zeitweise in Deutschland lebte, ließ sich bei dem Geschäftsinhaber als „normale“ Kundin zu Kontaktlinsen beraten, erst im Gespräch erfuhr er von ihren sportlichen Leistungen. Ihm war klar: Auch sie verbringt ihre Jugend in Hallen, während andere das Leben feiern und in eine berufliche Karriere starten. Mit einer von ihm spendierten Vollversorgung ging Lilly Neubürger dann nach Hause.
„Für mich ist die augenoptische Versorgung besonders wichtig, um jedes kleinste Detail der Kletterwand bereits vom Boden aus erkennen zu können“, erklärt die Teenagerin. Beim Klettern sei es entscheidend, die Tritte und Griffe genau zu sehen, um den nächsten Schritt präzise planen zu können. „Mit normalen Kontaktlinsen ist das oft schwierig, da das Chalk (das Magnesiumcarbonat), das beim Klettern als Grip verwendet wird – die Linsen austrocknen und den Tragekomfort beeinträchtigen kann.“ Die Skleralschalen, die Sascha Ruschenburg ihr angepasst hat, bieten den Vorteil, dass sie die Augen optimal schützen und erlauben es Lilly Neubürger gleichzeitig, „zum Beispiel bei Balancierzügen so nah wie möglich an der Wand arbeiten, ohne dass meine Sehkraft beeinträchtigt wird. Das ist sehr wichtig und wäre mit einer normalen Brille oft nicht möglich. Die Versorgung ermöglicht mir, mein Kletterpotenzial voll auszuschöpfen und gleichzeitig sicher und komfortabel zu bleiben“.
Erzählt bitte so, „dass es wirklich authentisch und eure Meinung ist“
So kann Sascha Ruschenburg sich als Sponsor bezeichnen, der junge Spitzenathleten bei ihren Höchstleistungen unterstützt. Er selber dürfte damit Sympathiepunkte auch bei vielen anderen Kundinnen und Kunden sammeln, zumal er findig eine Werbemessage für alle daraus strickte: „Mit den richtigen Kontaktlinsen von Ruschenburg Optik können auch Sie so scharf sehen wie die besten deutschen Sportler auf ihrem Weg zum nächsten Triumph“, verspricht seine Homepage, auf der sich außerdem einige der versorgten Athletinnen und Athleten begeistert äußern.
Eine kleine Gegenleistung erwartet der Geschäftsinhaber für seine Großzügigkeit. „Ich sage den Sportlern: Ihr schreibt einen Text für mich und der muss zwei Aussagen enthalten: Ruschenburg Optik und die Linse, die ihr tragt. Den Rest erzählt ihr bitte so, dass es wirklich authentisch und eure Meinung ist.“ Klar, dass diese ohnehin positiv ausfällt, weil alle von ihm genau die augenoptische Versorgung enthalten, mit der sie ihren Sport am besten ausüben können und idealerweise zu ihren Höchstleistungen beiträgt. Dazu gibt es von all „seinen“ Spitzensportlern ein Foto, das er mit dem jeweiligen Statement auf die Homepage stellen oder etwa auch für Werbung auf Social-Media-Kanälen nutzen darf. Auch Autogrammkarten stellen ihm neben Fabian Hambüchen weitere seiner prominenten Kunden zur Verfügung. Sie kommen gut an als Giveaway und sind ein Hingucker in beiden Läden. Genauso wie der Werbetrailer übrigens, in dem einige der Athletinnen und Athleten zu sehen sind und der ebenfalls auf die Deutsche Sporthilfe aufmerksam macht.
Apropos Sporthilfe: Sind bei der augenoptischen Versorgung von Profisportlern besondere Dinge zu beachten? „Zielführend ist die Optik in diesen Fällen, wenn sie neben gutem Sehen auch Sicherheit im Wettkampf vermittelt“, erläutert Sascha Ruschenburg. „Außerdem sollte sie das Auge nicht belasten.“ Die besten Erfahrungen für sportliche Zwecke haben er und sein Team mit orthokeratologischen Linsen (von DreamLens) und Skleralschalen gemacht. Weiche oder corneale Linsen nutzen die Anpasser für diese Versorgung hingegen nicht. „Die sind entweder in puncto Sauerstoffversorgung problematisch, oder sie fallen raus oder es gelangt mal etwas unter die Linsen. Alles nicht akzeptabel beim Training oder im Wettkampf.“ Der Fokus bei der Versorgung für die sportliche Aktivität liegt also stets auf der Kontaktlinse. Brillen mit Sehstärke und Sonnenbrillen gibt es bei Ruschenburg für die Sportler zwar dazu, jedoch lediglich als Alltagsbegleiter.

Freiwasserschwimmer Niklas Frach hatte quasi „alles ausprobiert, was es an Kontaktlinsen gab“ – bis er bei Ruschenburg Optik Sklerallinsen angepasst bekam. „Die mit Abstand beste Option“, urteilt der 27-Jährige, „ich würde sagen, dass die Skleralschalen wesentlich zu meinen Leistungen beitragen.“
„Stabiler auf dem Auge, komfortabler für den Träger“
Skleralschalen werden in Deutschland mehr oder minder etwa als Sonderlinse gehypt und in erster Linie angepasst bei Augenverletzungen oder -erkrankungen. „Eine herkömmliche formstabile Kontaktlinse bewegt sich innerhalb der Iris und eine Skleralschale geht über die Iris hinaus bis ins Bindegewebe. Sie ist dadurch wesentlich stabiler auf dem Auge, wesentlich komfortabler für den Träger, wesentlich sicherer, es besteht kein Verlustrisiko, es kommt kein Fremdkörper darunter“, befindet Sascha Ruschenburg. „Wenn ich mir das im Verhältnis zu weichen Linsen anschaue, die das Auge viel mehr belasten, ist diese Linse ganz klar die bessere Wahl. Wir passen sie mittlerweile bei fast jedem an, also ob krank oder nicht krank und nicht nur bei Sportlern.“ Der Augenoptikbetrieb versorgt auch viele augenerkrankte Patienten, hat lange Zeit als Partner der Marburger Augenklinik deren Patienten mit Speziallinsen versorgt. „So hat sich das sukzessive alles zusammen entwickelt, nun gehören Skleralschalen bei uns ins normale Portfolio.“
Und sammeln dementsprechend eine immer größere Fangemeinde, zu der seit längerem auch der Freiwasserschwimmer Niklas Frach gehört: „Vorher hatte ich alles ausprobiert, was es sonst noch an Kontaktlinsen gibt – von weichen Linsen über normale, harte Linsen bis hin zu Nachtlinsen. Die Skleralschalen sind mit Abstand die beste Option“, urteilt der 27-Jährige. Beim Schwimmen im offenen Meer (Freiwasser) komme es enorm auf Orientierung an. „Speziell bei schwierigeren Bedingungen wie etwa ein bis zwei Meter hohen Wellen ist es umso wichtiger, die Umgebung schnell und klar sehen zu können, wenn wieder ein Wellental kommt. Ich würde sagen, dass die Skleralschalen wesentlich zu meinen Leistungen beitragen, denn es fällt mir damit sehr leicht, mich im Feld zu positionieren und mich zu orientieren.“
Eine Freundin aus dem Schwimmverein, als Braunfelserin selbst Kundin bei Ruschenburg „um die Ecke“, hatte Frach vor einiger Zeit das spezialisierte Fachgeschäft empfohlen. Und tatsächlich konnte dem EM-Teilnehmer von 2024 hier geholfen werden, mit Aha-Erlebnissen, mit denen er nicht unbedingt gerechnet hatte: „Bei den Skleralschalen macht es nichts, wenn mal ein Wassertropfen darauf kommt, und man muss nicht erst anfangen zu blinzeln, um weiterhin gucken zu können.“ Bei den normalen, harten Linsen sei es ihm auch schon passiert, dass eine einfach rausfiel, die er dann in der Schwimmbrille suchen musste … Frach: „Die Skleralschalen dagegen sind komplett zuverlässig – auch, was den Tragekomfort betrifft. Wenn ich täglich meine sechs Stunden trainiere, muss ich sie nicht ständig wieder rausnehmen und wieder einsetzen.“
Notwendig: Spezialausstattung und qualifiziertes Personal
Wie seine Sportlerkollegen und -kolleginnen freut sich Frach, dass er seine Sklerallinsen ebenso wie die Ersatzbrille kostenlos bereitgestellt bekommt. „Wir sind als Spitzensportler einfach auf Sponsoring angewiesen“, gibt der Schwimmer zu. Augenoptikbetriebe, die wie Ruschenburg als potenzieller Partner von MPG&E und der Deutschen Sporthilfe angesprochen werden wollen, benötigen neben einer geeigneten Versorgungsmöglichkeit auch Mitarbeiter, die sich mit entsprechenden Weiterbildungen dafür qualifiziert haben. Auch geeignete Geräte müssen vorhanden sein; insbesondere ein Keratograph für die Hornhautanalyse, der höhere Anforderungen erfüllt. Bei Ruschenburg Optik kommt einer zum Einsatz, der mit 22.000 Messpunkten exaktere Ergebnisse erzielt als ein Standardgerät mit 2.000.
Sein Engagement für die Stiftung Deutsche Sporthilfe hat letztlich auch dazu beigetragen, dass Sascha Ruschenburg seinen Kundenstamm aufbauen konnte. Wer als Partnerbetrieb im Team für Deutschland ist, wird in einer Liste geführt, in die Sportlerinnen und Sportler einsehen können.
Außerdem gibt es Fälle wie nun etwa bei Theresa Panfil, inzwischen Co-Trainerin beim VFB Stuttgart. „Als sie neulich bei uns zur Kontrolle war, hat sie mich gefragt, ob sie mir jemanden schicken könne. Und so ist nun noch mal eine Fußballerin auf mich zugekommen aus ihrer Mannschaft. Also auch über klassische Mund-zu-Mund-Propaganda passiert so einiges, wenn man erst einmal angefangen hat, Spitzensportlerinnen zu versorgen.“

Autorin: Christine Lendt
ist freie Journalistin und Fachautorin mit einem Schwerpunkt im Bereich Ausbildung und Beruf / Karriere / Arbeitsschutz. Sie hat bereits etliche Beschäftigte, Experten und andere Wirtschaftsakteure aus der Augenoptik interviewt und entsprechende Themen realisiert.