AKTUELL
DOZ
01 | 2017
14
sen Interviewtermin bestimmt. Essilor
hat sich durch den Onlineshop eyebuy-
direct.de– inzwischen längst wieder ab-
geschaltet beziehungsweise umgeleitet
auf sein englisches Pendant – und durch
die Übernahme der MyOptique Group
inklusive der in Deutschland bekannten
Onlineshops
netzoptiker.deund lens-
best.dein die Schlagzeilen gebracht und
bei manchem Kunden für großes Unver-
ständnis gesorgt.
Essilor verkauft nunmehr online direkt
an Verbraucher – das ist zumindest in
Deutschland etwas Neues und stößt trotz
der Versuche des Unternehmens, diese
Vertriebsstrategie zum Wohle der statio-
nären Augenoptiker auszulegen, vielfach
schlichtweg auf Unverständnis. Alles ab-
seits der von Unternehmensseite offensi-
ver kommunizierten Online-Partnerschaft,
die Essilor mit seinen Kunden – in die-
sem Fall die Augenoptiker – ab der Opti
in München eingehen möchte. Über die
Onlineshops für stationäre Augenoptiker
berichten wir in unseren Spezial in dieser
Ausgabe, „My Online Optical“ soll aber
ein fester Bestandteil der Onlinestrategie
Essilors sein und ist es deswegen auch in
diesem Interview:
DOZ: Herr Nuesser, als wir dieses In-
terview vereinbart haben, wollte die
DOZ mit dem Europachef Essilors spre-
chen, jetzt bekleiden Sie bereits eine
neue Position. Wie kam es zu dieser
Personalentscheidung?
Bernhard Nuesser: Wir sind dabei,
die Organisation leicht zu verändern.
Seit dem 6. Dezember verantworte ich
den Geschäftsbereich „Online Interna-
tional“, in der Funktion eines Präsidenten
und Mitglied des Management Komitees
weltweit. Das Thema online wird – ohne
Frage – für den Markt immer wichtiger.
Deswegen werde ich auch im ersten
Quartal des kommenden Jahres meine
bisherige Europachef-Funktion in neue
Hände geben.
Ist Ihnen die neue Aufgabe eher auf
den Leib geschnitten als die des Eu-
ropa Präsidenten? Und ist dieser Wech-
sel auch ein Zeichen dafür, wie ernst
Essilor den Onlinemarkt nimmt und wie
stark sich Ihr Unternehmen zukünftig
auf diesem Markt tummeln möchte?
Ich würde nicht sagen, dass diese Auf-
gabe mir mehr auf den Leib geschnit-
ten ist. Essilor wollte die Position mit
jemandem besetzen, der Erfahrung in
allen Produktkategorien mitbringt. Wir
müssen jetzt die richtigen strategischen
Entscheidungen treffen; 2013 haben wir
erklärt, dass online mit zu unserer Strate-
gie gehört. Doch wir müssen noch lernen
und wir müssen gestalten. Insofern ist
der Wechsel auch ein Zeichen dafür, wie
wichtig uns der Onlinemarkt im Blick auf
die komplette Branche ist – wobei das vor
allem auch weltweit zu sehen ist: Denn in
den kommenden 15 Jahren wird es alleine
in Indien und China weitere ein bis zwei
Milliarden Menschen geben, die auch
aufgrund der fehlenden augenoptischen
Infrastruktur vornehmlich online Brillen
kaufen werden.
Kommen wir zum deutschen Markt.
Essilor wird in seiner Kommunikation
nicht müde, den Wandel im Einzel-
handel und in der Augenoptik als
Erklärung für seine Onlinestrategie zu
bemühen. Erklären Sie uns den Wandel
noch einmal aus Ihrer Sicht.
Der Handelsverband Deutschland geht
davon aus, dass im kommenden Jahr allein
in Deutschland Waren im Wert von 485
Milliarden Euro im Internet eingekauft
werden. Bald wird jeder fünfte Euro im
Netz ausgegeben. Tendenz weiter stei-
gend. Beachtenswert ist auch, dass sich
inzwischen 80 Prozent der Konsumenten
online informieren, bevor sie etwas kau-
fen, so lautet das Ergebnis einer aktuel-
len Studie des Marktforschungsinstitutes
Ipsos. Immerhin 71 Prozent schätzen die
Unabhängigkeit von Ladenöffnungszeiten.
Was bedeutet das für die Augenoptik?
Dieser Trend wird auch die augen-
optische Branche verändern, aber er ist
gleichzeitig auch eine Riesenchance für
den traditionellen Fachhandel. Denn laut
der erwähnten Studie fehlt 59 Prozent
der Befragten die persönliche Beratung
im Internet, 58 Prozent möchten die Pro-
duktqualität direkt vor Ort testen können.
In der Praxis sieht es daher heute in vielen
Bereichen so aus: Jemand wird über einen
Fernsehspot auf ein Produkt aufmerksam,
er informiert sich anschließend im Inter-
net weiter über das Produkt und darüber,
wo er es ausprobieren kann. Über die
Händlersuche auf der Website der Marke
findet er den Anbieter in seiner Nähe. Dort
bekommt er eine individuelle Beratung,
das für ihn passende Produkt plus indivi-
duelle Serviceleistungen.
Zugegeben, das hört sich einfach und
dahingehend für alle Beteiligten zu-
nächst perfekt an; fraglich bleibt, ob
das in der Praxis auch immer so funkti-
oniert. Der Wandel indes ist unbestrit-
ten, wie stellt sich Essilor darauf ein?
Wir sind gut vorbereitet und fest ent-
schlossen, diesen Wandel zu nutzen und
unsere Partner dabei mitzunehmen. Unser
Der Essilor-Vorsitzende und „Chief Executive Officer“ Hubert Sagnières (li.) wird künftig in der
internationalen Geschäftsführung durch Laurent Vacherot unterstützt. (Fotos: Essilor)