EDITORIAL
DOZ
11 | 2015
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kern@doz-verlag.de… ist für viele Designer ein noch immer in Stein gemeißeltes
Mantra, auch wenn der Leitsatz in Zeiten des Überflusses und
der Ressourcenknappheit oft in sein Gegenteil verkehrt wird.
Gültigkeit entfaltet er – Zeitgeist hin, Zeitgeist her – nach wie
vor beim Kreieren einer Brille.
Sie soll einiges können: Zum einen soll sie die Fehlsichtig-
keiten ihres Trägers korrigieren. Außerdem kann sie seine
Augen auch vor Sonnenlicht schützen. Bleibt es allerdings
beim bloßen Erfüllen dieser zugegebenermaßen zentralen
Funktionen, wird die Fassung heutzutage beim Kunden keine
Kauflust auslösen. Auch die Lifestyle-Funktion einer Brille ist
gefragt. Sie besitzt die Potenz, Gruppenzugehörigkeiten, Lebensein-
stellungen und persönliche Vorlieben zum Ausdruck bringen. Daher soll
sie zum anderen das Style-Bewusstsein ihres Trägers und oft auch seiner
Mitmenschen befriedigen. Entweder mit Hilfe von Lizenzmarken-Brillen,
die zu Zehntausenden verkauft werden, ästhetisch dicht beieinander liegen
und unter Logos brillenferner Marken laufen. Oder durch außergewöhnliche
Modelle, entworfen und produziert von Independent-Labels, die mehr Auf
sehen erregen. Letztere sind oft klein, jung, unabhängig von Distributoren
und vor allem vom Mainstream. Sie stehen nur für ihre Brillen und wollen,
dass das Quäntchen Andersartigkeit ihr Design vom Rest der Kreationen ab-
hebt. Ein Überblick über die Modelle aktueller Independent-Labels erwartet
Sie, liebe Leserinnen und Leser, in unserem Spezial. Außerdem diskutieren
zwei Insider, wie independent heute größere Labels sind, die einst klein und
unabhängig begonnen hatten.
Ebenfalls ums Design ging es auf der Silmo in Paris, die sich in diesem Jahr
neu erfand. Die „Schmuckbrillen“ im Ressort Historie führen vor Augen,
dass Design, das als englisches Lehnwort erst Mitte des vergangenen
Jahrhunderts Einzug in unseren Sprachgebrauch hielt, schon ein paar Jahre
zuvor eine Rolle spielte.
Im übertragenden Sinne um Gestaltung ging es auch auf der ZVA-Obermeis-
tertagung in Starnberg. Dort unterhielten sich die Delegierten unter
anderem über mögliche und bereits existierende Designs in der
nationalen und europäischen Berufspolitik.
Ihnen viel Freude beim Schmökern!
Ihre
Judith Kern
DOZ-Chefredakteurin