Was meint die Basis?
Die DOZ hat weitere Stimmen zur
Arbeitsmarkt- und Ausbildungssi-
tuation in der Schweiz von engagierten
SOV-Mitgliedern eingeholt.
Für
Jolanda Burri-Rohrer
, Bouvier
Optik, Spiez, eidg. Dipl. Augenoptikerin/
Inhaberin ist die Gründung des AOVS
keine Überraschung: „Es ist blauäugig
anzunehmen, dass die Big Player in un-
serer Branche nicht an der aktiven Mit-
gestaltung unseres beruflichen Umfeldes
interessiert sind. Sogar mehr als das. Ich
bin überzeugt, dass die Gründer des
neuen Verbandes als wichtige Partner für
die Zukunft gelten wollen.“ Auf die Frage
wie sie die Entwicklung der Berufe Au-
genoptiker und Optometrist B.Sc. in der
Schweiz einschätzt, meint sie: „Ich finde
beide Berufe sehr interessant. Wir haben
viel in eine gute Optometrie Ausbildung
investiert. Jetzt ist es aber dringend an
der Zeit, dass wir den Augenoptikern
auch neue und vor allem interessante
Perspektiven bieten.“
Walter Meier
, Federer Augenoptik AG,
Buchs, Inhaber VR-Präsident, ist hinge-
gen überrascht: „Für mich kam die Grün-
dung des AOVS wie ein Blitz aus heiterem
Himmel. Ich bin enttäuscht, dass der SOV
die klaren Signale über die Nachwuchs-
probleme nicht ernst genug genommen
hat.
Für
Außenstehende
ist
es schwer zu verstehen, dass die jetzige
Situation überhaupt eingetreten ist. An-
statt das Zusammenführen von SOV und
SBAO umzusetzen, wurde durch Igno-
ranz der Situation die Gründung einer
weiteren Organisation provoziert. Auf-
grund der Tatsache, dass fast nur noch
Frauen unseren Beruf erlernen, werden
die B. Sc. Optom. Abgänger bald nur
noch weiblichen Geschlechts sein und
damit werden wir zeitnah wegen der Fa-
milienplanungen vor einem nächsten
Problem stehen.“
Stefan Frei
, OptiCoach, Service für inno-
vative Augenoptiker, Riehen, Geschäfts-
führer: „Es hat sich schon länger abge-
zeichnet, dass die Filialisten dringend
nach einer Lösung für ihr Personalpro-
blem im Bereich der Geschäftsführung
der Filialen suchen. Die Schweiz hand-
habt die Bewilligung für die ausländi-
schen Diplome eher restriktiv und fordert
ein hohes Ausbildungsniveau. Das hat
dazu geführt, dass die deutschen Hand-
werksmeister in der Schweiz keine
Bewilligung als Optische Leiter eines
Fachgeschäftes mit Refraktion und Kon-
taktlinsenanpassung mehr bekommen.
Das wiederum führt dazu, dass die Filia-
listen Mühe haben, genügend qualifizier-
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DOZ
03 | 2015
stellungen des SOV/SBAO. Die Realität
im Markt zeigt, dass in vielen (auch
SOV-)Betrieben Augenoptiker Brillen-
glasbestimmungen durchführen, auch
wenn sie dies eigentlich nicht dürfen.
CS: Es stimmt natürlich, dass von Be-
rufsangehörigen das Einholen von gülti-
gen Berufsausübungsbewilligungen bei
den kantonalen Ämtern oft ignoriert oder
auch willentlich unterlassen wurde. Die
Einhaltung der Vorschriften wurde zu-
dem in den Kantonen sehr weitmaschig
und unterschiedlich streng überprüft.
Der SOV begrüßt die Durchsetzung der
gesetzlichen Vorschriften im Hinblick auf
die Patientensicherheit, besonders im
Zusammenhang mit der Früherkennung,
oft beschwerdefrei auftretender krank-
hafter Veränderungen am wohl wich-
tigsten Sinnesorgan. Allerdings bin ich
ebenso klar dafür, dass die Kantone, wel-
che die Berufsausübungsbewilligungen
erteilen, ihren Spielraum nutzen. Man
kann nicht jahrelang geltende Vorschrif-
ten nicht umsetzen und quasi über Nacht
die Praxis ändern. Die Erteilung einer Be-
willigung soll im Einzelfall aus Sicht des
SOV dann verantwortet werden, wenn die
gesuchstellende Person per Ende 2011
eine hier bisher stillschweigend akzep-
tierte, höhere Ausbildung abgeschlossen
hatte und fachlich erfolgreiche, jahre-
lange Praxis in der Schweiz nachweisen
kann.
MZ: Der AOVS ist ein Zusammen-
schluss der größten und auch mächtigs-
ten Player im Markt. Deren Einfluss auf
die Behörden wird nicht ungehört blei-
ben. Haben Sie keine Angst, dass damit
all ihre Bemühungen um eine Höherpo-
sitionierung des Berufsstandes und
dessen Auswirkungen auf die Geset-
zeslage zunichte gemacht werden und
der Benchmark wieder nach unten kor-
rigiert wird?
CS: Eine Gesetzesänderung ist ein jah-
relanger Prozess und ich mache ein gro-
ßes Fragezeichen, ob eine tiefere Positio-
nierung den Beruf wieder attraktiver
macht. Wir müssen uns aber tatsächlich
Gedanken machen, ob es in der Grund-
ausbildung immer noch eine vierjährige
Lehre braucht. Zudem sind die Verdienst-
möglichkeiten ein akutes Thema. Alle Be-
teiligten sollten gemeinsam alles daran
setzen, den ausgelernten Augenoptiker/-
innen mit Eidgenössischem Fähigkeits-
zeugnis (EFZ) ein wirklich attraktives
Umfeld anbieten zu können. Ich werde al-
lerdings den Verdacht nicht los, dass es
den Filialisten in erster Linie darum geht,
günstige in- und ausländische Arbeits-
kräfte zu rekrutieren, um damit ihre ag-
gressive Preis- und Expansionsstrategie
weiterführen zu können.
Kein Kollege wird dem neuen
Verband beitreten, weil er darin
aufgrund der umsatzabhängigen
Stimmenverteilung schlicht
und einfach nicht gehört
werden würde.
Durch Ignoranz der Situation
wurde die Gründung einer
weiteren Organisation
provoziert.
Walter Meier, Federer Augenoptik AG, Buchs,
Inhaber VR-Präsident
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