Ersatz für OHI Update

Zweites OHI Live mit Kontaktlinsentrends

Auch das zweite OHI Live, die Ersatzveranstaltung für das jährliche OHI Update in Wien, war gut besucht. Geschäftsführer Harald Belyus führte die Teilnehmer der digitalen Veranstaltung am 15. September durch die fünf Kurzvorträge und die anschließende Diskussion. Thema des Online-Seminars waren die Trends aus dem Bereich der Kontaktlinse.
Kontaktlinse auf das Auge setzen

Die Kontaktlinsentrends der kommenden Jahre wurden auf dem OHI Live besprochen.

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Das OHI Live 2020 ging am Dienstagabend in die zweite Runde. Die rund 60 Teilnehmer des Online-Seminars erwarteten fünf Kurzvorträge von Appenzeller Kontaktlinsen, Bilosa, Galifa Swiss, Hetych Kontaktlinsen und Menicon sowie eine Diskussion über Neues und Trends bei Kontaktlinsen. Geschäftsführer Harald Belyus führte durch die digitale Veranstaltung, die von der Optometrie & Hörakustik Initiative (OHI) als Ersatz für das jährliche OHI Update in diesem Jahr entwickelt wurde und noch bis zum 29. September dauert.

In Zukunft sollen nach aktuellen Studien rund zehn Prozent der Bevölkerung hochgradig myop sein, erklärte Xenia Bieche von Appenzeller Kontaktlinsen in Speicher (Schweiz). Je früher die Myopie bei einem Heranwachsenden diagnostiziert wird, desto schneller und progressiver schreite sie in der Regel unbehandelt fort, so die Expertin. Eine Möglichkeit der Steuerung des Myopisierungsprozesses könne durch spezielle Kontaktlinsen erfolgen. So hat Individuallinsenspezialist Appenzeller das Linsen-Design "proAssist" entwickelt, das dem multifokalen ähnelt. Das proAssist-Design wird auf die Vorderfläche der Kontaktlinse gebracht, sodass der gleiche visuelle Effekt wie bei Ortho-K-Linsen zum Tragen kommt – allerdings ohne die für Ortho-K typischen reversiblen Verschiebungen der Epithelzellen in der Hornhaut. Zudem können durch das Tragen der Appenzeller-Linse bei Heranwachsenden gesundheitliche Risikofaktoren minimiert werden, die sich bei zunehmender Myopisierung ausprägen können: Die Risiken werden vorab in einem Fragebogen abgefragt und mit Hilfe einer Ampelscala eingeordnet. Das Ergebnis des Fragebogens fließt in die Berechnung der Appenzeller-Kontaktlinse ein. Als weitere Möglichkeit, eine progressive Myopisierung zu drosseln, nannte die Expertin die Behandlung mit Atropin, die durch einen Augenarzt erfolgen muss. Hier hätten Studien der American Academy of Optometrie (AOA) ergeben, dass Atropin in einer 0,01-Prozent-Konzentration die Myopie um 60 Prozent reduzieren kann. Die Nebenwirkungen würden dabei sehr gering ausfallen, so Bieche.

Ebenso setzt das Familienunternehmen Bilosa aus Innsbruck (Österreich) auf Myopiemanagement und führt dafür sowohl eine formstabile als auch eine weiche Kontaktlinsen im Portfolio. Die Ortho-K-Linse "Dreamlens" sei für Myopiemanagement eine gute Wahl bei kleinen Kindern, so Florian Narnhofer im OHI Live. Handling und Compliance seien in der Regel kein Problem. Bei einer Versorgung mit Myopiekontrolllinsen spielt oftmals eine genetische Veranlagung bei der frühen Myopie eine Rolle. Folglich sei ein früher Einstige in das Myopiemanagement für das betroffene Kind "immer besser". "In Österreich nimmt die Abgabe und Anpassung der Ortho-K-Linsen zu", erklärt Narnhofer.

Bekanntes nutzen

Made in Austria wird bei Hetych Kontaktlinsen aus dem Österreichischen Vösendorf großgeschrieben. Das Unternehmen bietet ausschließlich Corneallinsen an und legt den Schwerpunkt auf Multisysteme. Michael Klingbacher erklärte den Vorteil der neu entwickelten multifokalen Kontaktlinse "Universal": "Sie basiert auf der bereits erhältlichen "Active Comfort" und der "Topp Linse" und hat somit eine mehrkurvige oder asphärische Rückfläche. So kenne der Anpasser bereits den Sitz der Linse bei seinen Kunden. Mit der speziellen Rückflächengeometrie sollen Abbildungsfehler höherer Ordnung minimiert werden. Der Träger habe dadurch in der Ferne und in mittleren Distanzen einen guten Visus, so Klingbacher, auch die Sicht am PC sei damit gut abgedeckt. Er habe auch keinen Bildsprung oder Geisterbilder. Als Vorteile für den Anpasser nannte der Optometrist: "Der Einstieg ist schon mit geringer Addition möglich und oft reiche eine sphärische Korrektur aus." Der zentrale Sitz der Kontaktlinse sei dadurch nicht der wichtigste Parameter in der Anpassung.

Augenoptikermeister Joachim Penn von Galifa Swiss aus St. Gallen betont die Wichtigkeit des Myopiemanagements und sieht darin einen großen Zukunftsmarkt. Bei fortschreitender Myopie steige das Risiko für die Entwicklung von Glaukom, Katarakt, Netzhautablösung und AMD (Anm. d. Red.: Altersbedingte Makuladegeneration) sprunghaft an, so Penn. Die Genetik und der Lifestyle würden die Entwicklung einer hohen Myopie stark beeinflussen. Die seit 2014 am Markt erhältliche Linse mit dem Vorderflächendesign "Scalia 2" findet immer mehr Zuspruch, da sie eine Alternative zur Ortho-K-Linse darstellt – sie wird ganz normal tagsüber getragen. Mit dem Myopiemanagement können sich die Augenoptiker vom Wettbewerb absetzen: Vorteile seien die Bedeutung des Myopiemanagements für die Zukunft, die Notwendigkeit entsprechende Produkte auf den Markt zu bringen sowie die Fachkompetenz der Mitarbeiter, die es ermögliche, individuelle Linsen anzupassen, Neukunden zu gewinnen und eine breite Kundengruppe anzusprechen (hohe Marge und Kundenbindung).

Den letzten Vortrag bestritt Marcel Zischler vom schweizerischen Kontaktlinsenhersteller Menicon. Nach aktuellen Zahlen von Spectaris und der GfK (Growth from Knowledge, ehemals Gesellschaft für Konsumgüterforschung) habe die Kontaktlinse während der Corona-Pandemie nur rund 16 Prozent Verlust gegenüber der Vorjahresperiode eingefahren. Der Country Sales Manager Schweiz sieht sie daher als Produkt, das den Anpasser dabei unterstützen kann, eine Krisensituation wirtschaftlich besser zu überstehen. Zischler stellte die neue multifokale Kontaktlinse vor, die die Miru-Familie komplettiert. Sie ist eine Silikonhydrogel-Tageskontaktlinse und kann ab Oktober als „Miru 1day UpSide multifocal“ bestellt werden. Der Anpasser könne das gleiche Vorgehen wie bei der "Miru month multifocal" nutzen und als Zielgruppe die Frühprespyopen ansprechen.

Zukünftige Kontaktlinsentrends

Die anschließende Diskussion bestritten unter der Leitung von Belyus die Redner der Kurzvorträge. Mit dazu schaltete sich noch Michael Wittmann von Bilosa. Trends im Bereich der Kontaktlinse der nächsten fünf Jahre sieht er beim Myopiemanagement, gerade im Bezug auf Ortho-K, deren Verkauf in den letzten Jahren offenbar stark zugelegt hat. Ebenso nahmen die Digitalisierung und der Lieferservice für Kontaktlinsen zum Kunden nach Hause demnach wegen Covid-19 zu. Und das größte Potenzial im Kontaktlinsensegment sieht Wittman bei multifokalen Linsen. „Die Best Ager (40+) anzusprechen wird eine große Herausforderung.“

Penn (Galifa) sieht einen weiteren Trend bei den Tageskontaktlinsen, "welche die Monatslinsen zunehmend verdrängen würden". Auch die Individuallinsen seien auf dem Vormarsch, die einen Mehrwert bieten können. Bieche (Appenzeller) bezeichnet die multifokale Linse als Selbstläufer, da sie mittlerweile bekannt ist. Trendpotenzial hat ihrer Meinung nach das Myopiemanagement als Zukunftsmodell. Auch Zischler hält die Tageslinse im Zusammenhang mit dem modernen Lifestyle für wichtig. Das Thema Nachhaltigkeit wurde angesprochen, geriet jedoch in den Hintergrund.

Im Gegensatz zum Online-Handel, so Penn, könne der Augenoptiker die optometrischen Dienstleistung, darunter auch die im Rahmen des Myopiemanagements erforderlichen, anbieten und vor Ort auf die Bedürfnisse der Kunden eingehen. Jedoch sei das Internet immer verfügbar, daher müsse der Augenoptiker für eine schnelle Lieferung und eine schnelle Verfügbarkeit der Produkte sorgen. Der Preis sei nicht das Hauptargument für den Kauf im Internet. Wittmann (Bilosa) bestätigt seinen Vorredner. Der Schlüssel sei das Kontaktlinsenlager im Geschäft sowie die Ansprache auf Kontaktlinsen bei jedem Kundengespräch, um den Kunden langfristig zu binden. Auch die Sichtbarkeit im Laden sei elementar für den erfolgreichen Verkauf von Kontaktlinsen. Bieche (Appenzeller) skizzierre das Indealszenario für den Augenoptiker: zweigleisig fahren, die „schnellen“ Kontaktlinsen ohne große Marge verkaufen (wegen der Internetpreise) und sich auf die Anpassung individueller Kontaktlinsen und Dienstleistungen, wie Ortho-K, Sklerallinsen, Myopiemanagement, spezialisieren. Denn diese könne der Verbraucher so nicht im Internet erwerben, so Bieche.