Fachbuch von Joachim Köhler Rezension zum Buch „Vom Marketing zum Entrepreneurship“
05.01.2018
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Was ist eigentlich ein Entrepreneur? Folgt man der französischen Herkunft dieses aus „entre“ und „prendre“ zusammengesetzten Wortes, landet man bei der Übersetzung „Unter-Nehmer“ und damit beim Gründer und Inhaber eines Unternehmens, der die größte Verantwortung und die meisten Risiken trägt. Diese Begriffsbestimmung greift Joachim Köhler indes zu kurz, für den emeritierten Professor der Beuth Hochschule Berlin ist längst nicht jeder Unternehmer auch ein Entrepreneur.
Gedankenspiele und neues Handeln
So ist Köhlers Buch folgerichtig dort am stärksten, wo der Autor sich Gedankenspiele erlaubt und „Neues Handeln“ einfordert. Beginnend beim augenoptischen / optometristischen Arbeitsalltag: Dazu sagt Köhler „die Chance liegt eindeutig darin, dass es gelingen muss, von der Brilleneinfalt zur Brillenvielfalt zu gelangen. Es geht darum, den Versorgungszustand Ihres Kundenkreises zu verbessern“ und liefert gleich eine konkrete Handlungsanweisung mit, wie der geneigte Augenoptiker das im Verlauf einer normalen Refraktion bewerkstelligen kann. Köhlers Hilfsmittel: eine Prise Psychologie und der selbst entworfene und gebaute Prototyp einer ganz besonderen Brillenablage. Mehr sei an dieser Stelle nicht verraten; nur so viel: Köhler macht damit den Refraktionsraum zum POS, zum „Point of Sale“.
Die bessere Versorgung, diesmal die räumliche, ist auch zentraler Gedanke des folgenden Kapitels. In dem geht es um das Modell der „Triage“ – ein aus dem französischen Sanitätsdienst stammendes Prinzip, das die Priorisierung medizinischer Hilfeleistung bei begrenzten Ressourcen beschreibt – angewandt auf die Augenoptik. Angesichts vieler ländlicher Regionen in Deutschland, die augenoptisch / optometrisch unterversorgt sind, fordert Köhler die Entrepreneure unter seinen Lesern auf, sich vom Ansatz der traditionellen Fachbetriebe oder Praxen zu lösen. „Bauen Sie auf dem Weg von Netzwerken ein neues Dienstleistungsangebot auf, schaffen Sie ophtalmologische, optometrische Kunden-Service-Center, die durch interdisziplinäre Vernetzung mit Augenärzten und Kliniken jederzeit in der Lage sind, im Bedarfsfall medizinische Betreuung zu vermitteln.“ Anlaufstellen für glückliches Sehen oder „Happy View Points“ nennt der Autor sie liebevoll.
Und wenn man als Augenoptiker / Optometrist geistig so mobil ist, sich diesen Visionen hinzugeben – warum sollte man diese Mobilität dann nicht zum Berufsprinzip erheben? Fragt Köhler im folgenden Kapitel, und stellt die Geschäftsmodelle „Mobile Kinderoptometrie“, „Drive In & Look Out“ oder „Sportoptometrie vor Ort“ vor. Ist es an dieser Stelle notwendig zu erwähnen, dass diese Modelle noch nicht real existieren? Köhler ist sich natürlich bewusst, dass es ihm als langjährigem Hochschullehrer und damit Außenstehendem des eigentlichen Wettbewerbs leichtfällt, Märkte zu beschreiben und kritisch zu betrachten – werde er doch nicht in die Pflicht genommen, zu beweisen, dass seine Ideen wirklich funktionieren. Der Autor fordert: „Trotzdem bitte ich Sie mir zuzutrauen, unter Missachtung aller Denkverbote einen weiten Bogen des zeitgemäßen Marketings spannen zu können, um Ihnen Vorstellungen zu ermöglichen, die Ihren Marktauftritt optimieren.“
Denn darum, das merkt man im weiteren Verlauf des Buches, geht es Köhler letztlich – nicht um punktgenaues Befolgen seiner Vorschläge, sondern um das Ausloten wirklich aller Möglichkeiten, sich in einem intensiver werdenden Wettbewerb zu behaupten. Insofern sei das Erobern neuer „Gelingensfelder“ durchaus auf zwei Wegen möglich: auf dem des Entrepreneurs („neue Ideen führen zu neuem Business“) genauso wie auf dem des Intrapreneurs („neue Ideen verändern innerbetriebliche Strukturen“). Köhler: „Überprüfen Sie immer wieder Ihre Position und vertrauen Sie Ihren Fähigkeiten, selbst wenn es riskant erscheint!“ Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen – außer die Leser zu ermuntern, Joachim Köhlers Angebot aus dem Vorwort anzunehmen, mit ihm Kontakt aufzunehmen und Erfahrungen auszutauschen. Das ist bei der Opti in München ganz einfach möglich, Köhler wird am Samstag und am Sonntag jeweils um 14 Uhr genau dazu Gast am DOZ-Stand (B4, 514) sein. Der DOZ-Verlag freut sich schon jetzt auf die mögliche Fortsetzung des Buches, gerne unter dem Titel „Glücksbringer – die erfolgreichen Entrepreneure der Augenoptik“.
Autor: Tom Theilig