Augenoptikermeister Simon Jäkel

Meinungsbeitrag zu optometrischen Dienstleistungen: nur Hype oder Chance?

Ist Optometrie nur ein vorübergehender Hype oder eine echte berufliche Chance? Für Simon Jäkel, Augenoptikermeister und Optometrist, steht fest: Wer sich engagiert weiterbildet und moderne Technologie gezielt einsetzt, kann nicht nur Kundinnen und Kunden optimal betreuen, sondern auch die eigene berufliche Zufriedenheit steigern. In diesem Meinungsbeitrag gibt er Einblicke in seine Erfahrungen, die Bedeutung bildgestützter Diagnostik und den Mehrwert optometrischer Screenings – eine Entwicklung, die weit über den klassischen Sehtest hinausgeht.
Simon Jäkel

Betriebsinhaber Simon Jäkel ist Optometrist aus Leidenschaft und plädiert für den nötigen „Tiefgang“ in der Aus- und Weiterbildung im Bereich des Screenings. 

© Optik Jäkel / Hintergrund KI-erweitert

Erstveröffentlichung in der DOZ 05I25

Die kommende Mai-Ausgabe erscheint am 29.04. und behandelt den Schwerpunkt Geräte. Als Vorgeschmack lesen Sie hier einen passenden Meinungsbeitrag von Augenoptikermeister Simon Jäkel.

Gleich zu Beginn meines Beitrags möchte ich die Frage beantworten, ob Optometrie nur ein vorübergehender Branchen-Hype ist: Nein, das denke ich nicht. Vielmehr ist sie für engagierte und interessierte Fachkolleginnen und -kollegen eine großartige Chance, sich beruflich zu positionieren, täglich Freude an der Arbeit zu erleben und gleichzeitig einen wertvollen Beitrag zur Augengesundheitsvorsorge unserer Gesellschaft zu leisten.

Lassen Sie mich zunächst einen Blick zurück auf meine berufliche Laufbahn werfen: Als ich mein berufsbegleitendes Optometrie-Studium an der Hochschule Aalen begann, war mir sofort klar, dass optometrische Dienstleistungen nur dann erfolgreich sein können, wenn wir die „Faszination Sehen“ mit aussagekräftigen Bildern für unsere Kunden erlebbar machen. Das alte Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ hat sich in unserem Betrieb als äußerst wertvoll erwiesen. Von Anfang an haben wir versucht, durch optometrische Aufnahmen das Interesse unserer Kunden an der Augengesundheit zu wecken.

Ich erinnere mich noch gut daran, wie ich als junger Meister bei Refraktionen einen Keratographen vor die Augen meiner Kunden schwenkte – nicht nur zur Anpassung von Kontaktlinsen, sondern auch, um die zahlreichen Informationen zu nutzen, die die Hornhautoberfläche preisgibt. Als erste und wichtigste brechende Fläche des optischen Systems liefert sie wertvolle Erkenntnisse – sei es über die präzise Achslage einer Hornhautverkrümmung oder über die Reflektivität der Placido-Ringe. Diese Informationen waren und sind für mich und mein Team bei jeder Brillenglasbestimmung von unschätzbarem Wert.

Schon damals konnte ich beobachten, mit welch großer Aufmerksamkeit die Kunden die Aufnahmen und die 3D-Visualisierung der Hornhautoberfläche verfolgten – schließlich sind die Augen etwas zutiefst Faszinierendes. Nicht ohne Grund erfreut sich die Irisfotografie anhaltender Beliebtheit, wie zahlreiche Fotostudios und spezialisierte Anbieter eindrucksvoll zeigen.

Investition in Funduskamera und KI-Unterstützung im Optometrie-Studium

Mit dem Beginn meines berufsbegleitenden Optometrie-Studiums entschied ich mich für den Kauf meiner ersten Funduskamera – eine Investition, die es mir ermöglichte, täglich zahlreiche Aufnahmen durchzuführen und die vielfältigen Facetten der Netzhaut bereits während des Studiums intensiv zu erlernen. Damals, als es noch keine externen, KI-gestützten Fundusanalysen gab, war ich selbst gefordert, die verschiedenen Papillenformen im Rahmen unseres optometrischen Augenscreenings als „auffällig“ oder „unauffällig“ zu bewerten.

Rückblickend bin ich dankbar, mir dieses Wissen durch das Studium und kontinuierliche Fortbildungen angeeignet zu haben. So können wir unseren Kunden fundierte Antworten auf ihre Fragen zu den Aufnahmen geben. Künstliche Intelligenz sehe ich dabei nicht als Konkurrenz – auch große Augenkliniken setzen sie zunehmend zur Analyse von Netzhautflüssigkeiten ein. Vielmehr betrachte ich KI als unterstützendes Back-up-System, nicht als Ersatz für fachliches Know-how oder eine fundierte betriebliche Entscheidungsgrundlage. Unsere Kundinnen schätzen es, wenn wir ihnen die Zusammenhänge am Auge verständlich erklären.

Fachliche Weiterbildung und Technologie im optometrischen Screening entscheidend

Angesichts der zunehmenden Überlastung augen-ärztlicher Praxen bleibt leider immer weniger Zeit für eine ausführliche Kommunikation zwischen Arzt und Patient. Ohne eine fachliche Weiterbildung nach meinem Abschluss als Augenoptikermeister würde ich mich in diesem Bereich nicht ausreichend kompetent fühlen und könnte das optometrische Screening nicht mit der nötigen Tiefe durchführen. Als Optometristen tragen wir eine große Verantwortung, wenn wir Screeningangebote zur Augengesundheitsvorsorge bereitstellen. Unsere Kunden verlassen sich oft auf unsere fachliche Beurteilung, allein schon aufgrund der intensiven Zeit, die wir ihnen widmen – selbst wenn wir zusätzlich eine augenärztliche Untersuchung empfehlen. Um diesem Vertrauen gerecht zu werden, sollten wir unser gesamtes fachliches und technisches Potenzial ausschöpfen. Wer sich als Augenoptikerin oder Optometrist im Bereich Screening etablieren möchte, kommt an einer fundierten Aus- und Weiterbildung nicht vorbei – ebenso wenig wie an der Investition in hochwertiges technisches Equipment mit Anschlussmöglichkeiten an KI-Lösungen als wertvolle Unterstützung.

Für mich hat sich die Investition in das optometrische Screening sowohl persönlich als auch wirtschaftlich absolut gelohnt. Täglich kann ich gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen zahlreiche Kunden betreuen – die unsere Arbeit dabei außerordentlich wertschätzen. Ein kleiner Pluspunkt für mich als Arbeitgeber, aber ein umso größerer für jeden Einzelnen in der Zufriedenheit mit der eigenen täglichen Arbeit.

Die Investition in moderne Geräte zahlt sich in vielerlei Hinsicht aus

Die technischen Entwicklungen in der Optometrie und Ophthalmologie faszinieren mich nach wie vor. Wer hätte gedacht, dass sich die Augenlänge heute mit nur einem Knopfdruck so mühelos bestimmen lässt? Früher war diese Messung ausschließlich für die Berechnung von Intraokularlinsen bei Katarakt-Patienten relevant – heute ermöglicht sie uns eine faktenbasierte Begleitung im Myopie-Management, insbesondere bei jungen Kunden. Auch hochgradig kurzsichtige Kunden profitieren enorm von dieser Messung, da sie hilft, ihr individuelles Risiko für mögliche Netzhauterkrankungen besser einzuschätzen. Selbst bei hyperopen Kindern liefert der Vergleich der Augenbaulängen beider Augen wertvolle Hinweise, um Unterschiede in der Brillenglasstärke fundiert erklären zu können.

Die Investition in moderne Geräte zahlt sich entsprechend in vielerlei Hinsicht aus – sie verbessert die fachliche Betreuung und bringt unseren Kunden einen echten Mehrwert. Der „schnelle, kostenlose Sehtest“ sollte daher endgültig der Vergangenheit angehören. Denn er birgt das Risiko, dass Kunden nicht nur optimales, sondern auch gesundes Sehen verpassen – und wir als Augenoptik-Branche damit ein enormes Entwicklungspotenzial ungenutzt lassen.


Autor: Simon Jäkel

ist Augenoptikermeister und Geschäftsführer der Optik Jäkel GmbH in Kelheim. Sein Unternehmen hat sich auf optometrische Dienstleistungen sowie Spezialkontaktlinsen – insbesondere Freiform-Sklerallinsen – spezialisiert, die bei komplexen Sehproblemen zum Einsatz kommen. Mit einem Master in Vision Science and Business (Optometry) und internationaler Erfahrung, unter anderem aus den USA, verbindet Jäkel fundiertes Fachwissen mit praxisnaher Anwendung im täglichen Geschäft. Neben seiner Tätigkeit als Optometrist ist er als Referent auf Kongressen aktiv und verfasst Fachpublikationen, unter anderem für die OCL.