Der „Stimmt, so war das ja“-Effekt Mehr als ein Nachschlagewerk: „Optometrisches Screening“ neu aufgelegt
30.10.2025
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Erstveröffentlichung in der DOZ 11/ 2025
Das Buch gliedert sich in die vier Teile „Prävention und Screening“, „Funktionsteste“, „Erweiterte Funktionsteste“, „Gesundheitsteste des Auges“ sowie einen Anhang mit mathematischen Grundlagen. Es beginnt mit den allgemeinen Grundlagen des Screenings, in denen Autor Andreas Berke unter anderem beschreibt, was Sinn und Zweck eines Screenings ist, welche Anforderungen an einen Screeningtest bestehen und wie man dessen Qualität beurteilt. Wichtig: Das Werk liefert nicht nur Basisdefinitionen und mathematische Grundlagen, sondern weist auch auf Risiken und ethische Aspekte eines Screenings hin. Bereits im Vorwort der ersten Auflage hatte der Autor gesagt, dass das Buch Denkanstöße zum Verantwortungsbewussten Umgang mit dem Screening geben möchte, was nach wie vor aktuell ist.
Den Auftakt des zweiten Teils macht die „Refraktion“. Wie in jedem Kapitel verdeutlichen und veranschaulichen Abbildungen und Tabellen die beschriebenen Informationen. Sowohl die einzelnen organischen Strukturen, die im Zusammenspiel für die Refraktion verantwortlich sind und wie deren krankhafte Veränderungen diese beeinflussen, als auch Faktoren wie Medikamenteneinnahme oder operative Eingriffe werden hier erläutert. Nach sinnvollen Teilabschnitten fasst die Infobox „In Kürze“ im ganzen Buch das zuvor gelesene nochmals zusammen. Es folgen die „Untersuchungen der Augenbewegungen“. Konsequent durch alle Kapitel zieht sich die Vorgehensweise, auch hier zunächst anatomisch physiologische und neurophysiologische Grundlagen darzustellen, bevor die Funktionsteste in ihrer Durchführung erläutert werden. Flussdiagramme und Abbildungen helfen dabei, die Abläufe zu verinnerlichen. Anschließend werden „Pupille und Pupillenteste“ behandelt, gefolgt von „Akkommodation und Nahsehen“. Typischerweise beginnen auch diese Kapitel mit den Basics, bevor die Testverfahren erläutert werden.
Im nächsten Teil „Erweiterte Funktionsteste“ steht die „Sehschärfe“ am Anfang. Dieses Thema wird sowohl unter mathematischen und technischen Grundlagen inklusive Definitionen, als auch unter anatomischen Voraussetzungen betrachtet. Interessant sind hier auch die gut beschriebenen Erkrankungen, die die Sehschärfe mindern. Hierauf folgt das „Stereosehen“. Wie schon im vorangegangenen Kapitel werden Teste erwähnt, die bereits bei Kindern durchgeführt werden können. Obwohl hier nicht der Schwerpunkt des Buches liegt, ist dies eine sinnvolle Ergänzung zum Screening beim Erwachsenen. Nach einem gewohnt etwas theoretischen Einstieg ins Kapitel wird es auch beim „Farbensehen“ sehr praxistauglich; Berke präsentiert und bewertet eine Vielzahl an Testen, inklusive verfüg-barer Onlineteste. Praxistauglich und bildreich bleibt es auch bei der „Kontrastempfindlichkeit“, wo den Augenoptiker betreffende Beispiele behandelt werden, zum Beispiel Monovision, multifokale Kontaktlinsen bzw. Intraokularlinsen.
In „Dämmerungssehen und Blendung“ kommen wieder Theoretiker und Praktiker gleichermaßen auf ihre Kosten. Im gesamten Buch, so auch hier, kommt es durch den Bezug auf andere Kapitel zur Festigung des Wissens, beispielsweise in diesem Kapitel durch Wiederaufgreifen von Pupille, Refraktion, Sehschärfe, Farbensehen und Kontrastempfindlichkeit in der Dämmerung. Sehr umfangreich wird die „Perimetrie“ auf den folgenden Seiten erläutert, auf denen Basiswissen und Techniken ebenso beschrieben werden wie Erkrankungen, die das Gesichtsfeld beeinträchtigen. Nicht weniger geht der Autor im Kapitel 12 „Tonometrie“, dem ersten Kapitel der „Gesundheitsteste des Auges“ auf Kammerwasser, Messmethoden und Erkrankungen ein. In der „Ophthalmoskopie“ bleibt das Buch ebenfalls seinem methodischen Aufbau treu und die verschiedenen Arten von Ophthalmoskopie werden behandelt. „Die Spaltlampe als Screening-Instrument“ bringt sowohl die unterschiedlichen Beleuchtungstechniken auf den Punkt als auch die zu untersuchenden Strukturen des Auges und deren Auffälligkeiten.
Die aktuellen Kapitel „Bildgebende Verfahren in der Optometrie“ und „Künstliche Intelligenz und Screening“ folgen. Faszinierend in diesen Kapiteln ist, dass sowohl die enormen Chancen der Verfahren als auch deren Grenzen und Fehlerquellen aufgezeigt und einige Geräte mit deren Funktionsweise vorgestellt werden. Bevor Berke „richtig“ ins Thema KI einsteigt, schafft er zunächst per Definitionen eine einheitliche Wissensbasis für alle Lesenden. Wer übrigens glaubt, dass eine KI allein den menschlichen Intellekt in den Schatten stellt, wird in diesem Kapitel eines Besseren belehrt. Die enorme Sensitivität, mit der beispielsweise eine diabetische Retinopathie erkannt wird, ist dennoch beeindruckend. Verirrt sich der Computer dennoch einmal in den Extrapolationsraum ist Irrtum „vorprogrammiert“.
1.750 Gramm Gewicht, die es wert sind
Insgesamt überzeugt das Buch vor allem durch seinen durchweg logischen Aufbau und die klare Struktur der Kapitel. Viele Erkrankungen werden in den verschiedenen Kapiteln mehrfach erwähnt, was Querverbindungen schafft und Wissen vertieft. So etwa die Nennung des Glaukoms sowohl in Bezug auf allgemeines Screening, Sehschärfe, Refraktion, Farbensehen und Künstlicher Intelligenz, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Allgemeinerkrankungen mit Beteiligung der Augen finden ebenfalls ihren Platz, wie auch Auswirkungen diverser Einschränkungen auf den Alltag beispielsweise Lernschwierigkeiten bei Kindern, Fahrtüchtigkeit und ähnliche. Erwähnung finden oft verschiedene verfüg-bare Teste oder Verfahren, auch wenn diese sachlich kritisch als weniger sinnvoll eingestuft werden. Zuletzt beschreibt der Anhang nochmals „mathematische Grundlagen des Screenings“.
Andreas Berke hat es (wieder) geschafft, ein Buch zu verfassen, das sowohl Personen in der Aus- und Fortbildung als auch erfahrene Praktiker der Optik/Optometrie/Ophthalmologie anspricht. Auch nach Jahren in der Berufspraxis stellte sich wieder der ein oder andere „Stimmt, so war das“-Moment ein oder die Erkenntnis der Wichtigkeit einiger simpler Verfahren („Wir müssen bei Patienten mehr Farbtests machen!“).
Auch wenn man als Berufspendler 1.750 Gramm Zusatzgewicht einplanen muss (und damit rund 300 Gramm mehr als Ausgabe 1), ist dieses Buch ein Muss für jeden Optometristen und Augenoptikermeister beziehungs-weise eine gute Prüfungsvorbereitung auf dem Weg dorthin.
Optometrisches Screening
Effiziente Methoden zur Früherkennung von Sehdefiziten in der Praxis
Das überarbeitete Buch bietet eine Einführung in wissenschaftliche Grundlagen des Screenings, Sehfunktionstests und die Augengesundheit. Es erläutert Testverfahren, deren Aussagekraft sowie deren Grenzen. Ein Extra-Kapitel behandelt KI im Screening. Zielgruppe: Fachkräfte der Augenoptik.