Brillenversicherungen „Im Schadensfall fühlen sich Kunden nicht alleingelassen“
20.07.2025
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Nicht nur eine gute Beratung, sondern auch kaputte Brillen und Schadensfälle gehören zum Alltag in einem augenoptischen Betrieb.
Erstveröffentlichung in der DOZ 07I25
Ob ein beschädigter Bügel oder ein zerkratztes Glas – jeder kennt sie, die Situationen, in denen eine Kundin mit betrübtem Gesichtsausdruck am Verkaufstresen steht und schildert, wie der Schaden an der vor zwei Monaten erworbenen Gleitsichtbrille entstanden ist. Zerknirscht hofft sie, dass die Reparatur ihrer Brille nicht nur zügig durchgeführt wird, sondern auch kostengünstig bleibt – schließlich war die Brille teuer in der Anschaffung und eine Versicherung hat sie nicht.
Nachdem Fielmann gemeinsam mit der Hansemerkur im Jahr 2004 die Nulltarifversicherung als Brillenzusatzversicherung auf den Markt gebracht hatte, haben in den vergangenen Jahren viele weitere Filialisten nachgezogen und bieten ebenfalls entsprechende Versicherungen an. Auch bei inhabergeführten Augenoptikbetrieben wächst die Nachfrage nach Brillenversicherungen. So hat sich laut Schätzung der Schiegg Assekuranzservice GmbH die Nachfrage in den vergangenen drei Jahren etwa verdoppelt. Ähnlich die Entwicklung bei der Brillenbonusversicherung: Dort hat sich die Zahl der Fachgeschäfte, die diese Versicherung anbieten, in den vergangenen zwei Jahren um knapp 23 Prozent erhöht. Es ist daher kaum überraschend, dass voriges Jahr mit Alteos, einer Tochtergesellschaft des Axa-Konzerns, sowie dem Spezialversicherer Wertgarantie zwei weitere Anbieter ihr Portfolio von der Hörgeräte- auf die Brillenversicherung ausgeweitet haben. Alle vier Versicherer bewerben die Brillenversicherungen als Kundenbindungsinstrument. Wir haben für Sie vier Betriebe ausgewählt, bei denen Angestellte und Geschäftsinhaber ihre praktischen Erfahrungen mit der Brillenversicherung teilen.
„Wie finden Sie es, wenn Ihre Brille gegen Schäden abgesichert ist?“ Diese Frage stellt Elisa Zimmermann, Filialleiterin im „Brillenhaus“ in Greifswald, immer nach der Beratung, um auf die Brillenversicherung aufmerksam zu machen.
Mitarbeiter mitnehmen und Akzeptanz schaffen
Los geht‘s im „Brillenhaus“ in Greifswald. Schon der Blick auf den Beratungstisch verrät: Hier wird den Kunden die „Brillenbonusversicherung“ angeboten, denn es liegen zahlreiche mintgrüne Flyer aus. „Bereits 2016 hat unser Inhaber Frank Borstel die Brillenbonusversicherung in seinen Betrieben in Greifswald, Grimmen, Stralsund und Demmin eingeführt“, erinnert sich Elisa Zimmermann, Filialleiterin in Greifswald. Der Kontakt zur Versicherung sei über den Glaslieferanten auf der Opti 2016 in München entstanden. Kurz darauf seien die 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Brillenhause in einer Schulung informiert worden. Ein wichtiger Schritt, findet die Augenoptikmeisterin und Optometristin, denn gerade anfangs hätte es Unsicherheiten bei den Mitarbeitern gegeben. Die häufigsten Bedenken: „Wir sind Augenoptiker und verkaufen Brillen, aber keine Versicherungen.“ Letztlich hätten die Vorzüge des Versicherungskonzepts aber alle überzeugt.
Kay Stamer will seit ein paar Jahren als Geschäftsführer die Brillenbonusversicherung voranbringen.
„Ziel der Versicherung ist es, die Kundenbindung zu stärken“, ergänzt Kay Stamer, Geschäftsführer der Brillenversicherung Deutschland Vertriebsgesellschaft mbH. „Zahlreiche Studien belegen, dass die Kunden in der Regel zwischen vier und fünf Jahren mit dem Neukauf der Brille warten.“ Die Brillenbonusversicherung ermögliche es, das Intervall für den Neukauf von vier auf zwei Jahre zu reduzieren (zum Vergleich der Versicherungskonditionen siehe Tabelle). Aber stimmtdas? Elisa Zimmermann kann zwar bestätigen, dass die Neukaufintervalle kürzer geworden sind. Ob das aber an der Versicherung oder den routinemäßigen Erinnerungensmails zwei Jahre nach dem Brillenkauf liegt, kann sie nicht ausmachen. „Vermutlich hängt es mit beidem zusammen.“ Fest steht für sie: Die Versicherungen werden von den Kunden positiv angenommen. Vielleicht, weil man offen kommuniziere. Ein Beispiel: Auf die Kundenfrage, wie man die Versicherung kündigen kann, antwortet sie ehrlich: „Lediglich zum Jahresende. Erwirbt man im Februar eine neue Brille mit einem Bonus, kann der Vertrag erst zum Ende des Kalenderjahres gekündigt werden.“ Entscheidet sich der Kunde für die Versicherung, werden alle Daten in einem Onlineportal eingegeben. „Das ist alles kundenfreundlich“, sagt die Filialleiterin. Und der Aufwand hält sich mit etwa fünf bis zehn Minuten in Grenzen. Sie weiß indes, dass die Anzahl der in der Filiale abgeschlossenen Versicherungen abhängig von der Motivation der Mitarbeiterinnen ist.
Inhaber von „Brille1“ in Baunatal, ist großer Fan eines Bonussystems für Mitarbeiter. Auch die Abschlüsse der Brillenversicherung hat er in sein System integriert.
Reaktionen der Kunden überwiegend positiv
Ähnliche Erfahrungen mit der Motivation der Mitarbeitenden hat auch Eduard Lazar, Inhaber des hörakustischen und augenoptischen Mischbetriebs „Brille1“, im hessischen Baunatal gemacht. Seit knapp einem Jahr setzt er dort auf die neu eingeführte Brillenversicherung der Alteos GmbH. „Um meine Mitarbeiter zu überzeugen, war unser fester Ansprechpartner von der Versicherung viermal bei uns.“ Vielen seiner zwölf Mitarbeitenden sei es anfangs schwergefallen, sich auf das Thema einzulassen.
Jan-Niklas Runge freut sich als Marketingmanager von Alteos, dass die im vorigen Jahr eingeführte Brillenversicherung gut angenommen wird.
Inzwischen ist der Versicherungsabschluss fest in das bestehende Mitarbeiter-Bonussystem integriert, das Lazar seit Längerem erfolgreich nutzt, um seinem Team kleine Zusatzanreize zu bieten. Der Vorteil: Die Mitarbeiter sind motiviert, und etwa jeder fünfte Kunde schließt in seinem Betrieb eine Brillenversicherung ab. Dabei müssen Eduard Lazar und sein Team in der Regel aktiv auf die Kundinnen zugehen, um sie am Ende des Beratungsgesprächs auf die Brillenversicherung aufmerksam zu machen. Die Reaktionen sind dann überwiegend positiv. Seine anfängliche Sorge, das Wort „Versicherung“ könnte für die Kunden abschreckend wirken, habe sich nicht bestätigt. „Im Gegenteil – viele Kunden sind offen für das Angebot.“ Oft erzähle er den Kunden, dass er „nur“ der Vermittler für die Versicherung sei, die Vertragskonditionen kämen von Alteos. „Unsere Weitsicht-plus-Versicherung ist täglich kündbar und durch die Abo-Dynamik werden die eingezahlten Beträge am Ende der Laufzeit auf den nächsten Brillenkauf angerechnet“, ergänzt Jan-Niklas Runge, Marketingmanager bei Alteos, die Details.
Es braucht etwa fünf bis sieben Minuten, um die Vertragsdetails zu erläutern und um alle Daten in das Onlineportal einzugeben. Natürlich ist das ein Zusatzaufwand, aber einer, der sich lohnt“, davon ist der Augenoptiker- und Hörakustikermeister aus Baunatal überzeugt. In der Hörakustik setzt Lazar bereits seit einiger Zeit auf eine vergleichbare Zusatzversicherung von Alteos. Dort habe sich gezeigt, dass das Angebot nicht nur die Kundenzufriedenheit steigere, sondern auch die langfristige Bindung stärke.
Harald Eichner, Inhaber der „Brillenbox“ in Erftstadt, hat für seine Kunden einen eigenen Flyer erstellen lassen, der ihnen die Vorteile der FlatrateVersicherung erklärt.
Brillenflatrate für alle
Ein völlig anderes Brillenversicherungs-Modell nutzt Harald Eichner in der „Brillenbox“ im rheinländischen Erftstadt: Seit dem vergangenen Jahr sind bei ihm alle verkauften Brillen automatisch für zwölf Monate versichert. „Wir müssen dafür weder Versicherungsdokumente ausfüllen noch den Kunden irgendwelchen komplizierten Tarif mit Bonussystem erklären“, sagt Eichner. Ganz umsonst ist der Service für seine Kunden allerdings nicht. Seinen monatlichen Beitrag für die Flatrateversicherung hat er in einer Mischkalkulation auf die Kunden umgelegt, so dass er ihnen die Versicherung für einen „geringen Einmalbeitrag“ zur Verfügung stellt. Auf die Brillenversicherung wurde Eichner durch seinen Versicherungspartner Schiegg Assekuranzservice GmbH, eine auf Hörakustik und Augenoptik spezialisierte Bezirksdirektion der Mannheimer Versicherung, aufmerksam. „Den Gedanken, den Kunden im Schadensfall durch eine Brillenversicherung zu schützen, fand ich gut.“ Außerdem hat er selbst mit dem Versicherer, bei dem er auch eine Gebäudeversicherung abgeschlossen hat, positive Erfahrung bei der Schadensregulierung und -abwicklung nach zwei Einbrüchen gemacht, so dass er „die Versicherung guten Gewissens empfehlen kann“.
Bettina Frehner ist bei der Schiegg Assekuranzservice GmbH unter anderem für die Flatrate-Versicherung zuständig.
Schiegg wiederum hat die Flatrateversicherung schon seit 2019 im Programm. „Wir haben die Versicherung mittlerweile auf die Hörakustik ausgeweitet, weil sie so gut läuft“, sagt Bettina Frehner vom Versicherer. Dabei wurden schon zahlreiche Schäden reguliert. „Die Spitzenreiter unter den gemeldeten Schadensfällen bei uns ist das Drauftreten auf die Brillen und der Verlust von Hörgeräten“, berichtet Frehner. Auch Eichner lobt die Schadensabwicklung. „Unsere Kunden sind sehr zufrieden und fühlen sich im Schadensfall nicht mehr alleingelassen.“ Ob die Brillenversicherung allerdings ein Kundenbindungsinstrument sei, mag er derzeit nicht beurteilen. „Dazu nutzen wir die Versicherung noch zu kurz.“
Für Augenoptiker Philipp Lange ist die Brillenversicherung, die bei „Sattler Optik & Hörgeräte“ in Einbeck angeboten wird, ein „gutes Zusatzangebot“ für die Kunden.
Transparenz für den Kunden
Ebenfalls noch nicht allzu lange nutzt man bei „Sattler Optik & Hörgeräte“ im niedersächsischen Einbeck die Brillenversicherung des Spezialversicherers „Wertgarantie“. Dabei hat der Mischbetrieb die Brillenversicherung nicht grundsätzlich neu eingeführt. „Wir sind lediglich im vergangenen Jahr zu Wertgarantie gewechselt, über den auch unsere Hörgeräteversicherung läuft“, erinnert sich Augenoptiker Philipp Lange, der bei Sattler für das Thema Brillenversicherung zuständig ist. Und damit ist der Betrieb nicht der Einzige. „Nachdem wir im vergangenen Jahr unser Versicherungsprodukt ,Komplettschutz‘ auf Brillen ausgeweitet haben, wird der Wertgarantie-Schutz für Hörgeräte und Brillen an mehr als 700 Standorten angeboten“, berichtet Marcus Wagner, Sales Manager des Versicherers. Darunter seien viele traditionelle Hörakustiker und Mischbetriebe, aber auch inhabergeführte Filialisten aus der Hörakustik.
„Aufgrund der großen Nachfrage aus der Branche haben wir unseren ,Komplettschutz‘ auf die Brillenversicherung ausgeweitet“, sagt Sales Manager Marcus Wagner von Wertgarantie.
Für Lange wiederum ist eine Brillenversicherung vor allem eine „Wertsicherung“ für die Klientel: „Wir bieten jedem Kunden eine persönliche und umfassende Beratung an. In dieser sind wir nicht bereit, Kompromisse einzugehen, und das gilt auch für die Zeit danach, daher freuen wir uns, dass die Möglichkeit, das neue Lieblingsstück abzusichern, gut angenommen wird“, sagt Lange. Kommt es zu einem Schadensfall, ruft der Kunde im Betrieb an, schildert den Vorfall und das entsprechende Ersatzteil wird besorgt. Ist der Schaden repariert, melden Lange und seine Kollegen diesen auf einem Portal, laden Fotos hoch und reichen die Rechnung ein. „Der Kunde erhält zudem per Mail einen Kontoauszug, auf dem ersichtlich ist, dass der Betrag für die Reparatur vom Versicherer erstattet wurde“, lobt der Augenoptiker die Transparenz für den Kunden.
Zusatzpaket für den Kunden
Eine zerknirschte Kundin wie die eingangs beschriebene mit der kaputten Gleitsichtbrille würde es an den Verkaufstresen in Greifswald, Baunatal, Erftstadt oder Einbeck eher nicht geben. Sie wäre beim Kauf der Brille aufgeklärt worden, dass sie einen möglichen Schaden über eine Brillenversicherung abdecken könne – ein zeitlicher Mehraufwand von fünf bis zehn Minuten für die Mitarbeiterin, lediglich bei der Flatrateversicherung von Schiegg dürfte es schneller gehen. Damit die Angestellten diesen Zusatzaufwand betreiben, ist es wichtig, sie von Anfang an ins Boot zu holen und ihnen (meist gemeinsam mit dem Versicherer) die Vorteile der Brillenversicherung zu erläutern. Letztlich ist die Motivation der Mitarbeiter der entscheidende Faktor bei der Vermittlung dieses Zusatzservices.
In allen Betrieben waren die Reaktionen der Kundinnen und Kunden auf die Versicherung, die meist von den Mitarbeitern als „Zusatzangebot“ oder „Teil des Rundumpakets“ bezeichnet wird, weitgehend positiv. In der Kundenkommunikation setzen die Betriebe zum einen auf Flyer und Werbung auf den bereits vorhandenen Bildschirmen, zum anderen auf Offenheit und Ehrlichkeit. Kommt es zum Schadensfall, wie im Falle unserer fiktiven Kundin, seien die Kunden meist sehr dankbar. Lediglich die Frage, inwiefern die Brillenversicherung ein Kundenbindungstool ist, lässt sich anhand unserer Beispiele schwer beantworten, da drei der vier Betriebe die Versicherung erst seit knapp einem Jahr nutzen. Doch in Greifswald, Baunatal, Erftstadt und Einbeck geht man davon aus, dass die Brillenversicherung ein Grund sein kann,weshalb Kunden gerne wieder in den Betrieb kommen. Weitere Faktoren wie fachliche Kompetenz und eine gute Beratung spielen aber mit Sicherheit ebenfalls eine nicht ganz unerhebliche Rolle.