DOZ
06 | 2016
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In den vergangenen Jahren hatte der Zentralverband der Augenoptiker und
Optometristen (ZVA) vor allem mit der guten Aussicht aus der 23. Etage eines
Düsseldorfer Hochhauses zu seiner Jahrespressekonferenz gelockt. In diesem Jahr
war sich ZVA-Präsident Thomas Truckenbrod offenbar sicher, derart gute Nach-
richten und entsprechende Wirtschaftszahlen im Gepäck zu haben, dass er auf
die sensationelle Rundumsicht über den Rhein und die Landeshauptstadt Nord-
rhein-Westfalens verzichten konnte, um den einen oder anderen Wirtschafts-
journalisten und die Fachpresse zum Besuch der Veranstaltung anzuregen. Die
Augenoptik-Branche hat im vergangenen Jahr abermals ihren Umsatz gesteigert,
was jedoch angesichts der langjährigen Entwicklung noch keine Überraschung
ist. Und auch, dass dieses Umsatzplus in erster Linie an den guten Ergebnissen
der Filialisten festzumachen ist, unterscheidet sich nicht von den vergangenen
Jahren. Aber auch die inhabergeführten stationären Betriebe seien am Aufwind
beteiligt, bemerkte der ZVA-Boss. Sie hätten zum Umsatzplus von 3,6 Prozent auf
5,83 Milliarden Euro sogar mehr beitragen können als erwartet, auch wenn die
Zahl der mittelständischen Betriebsstätten weiter leicht zurückgegangen und die
der umsatzstärksten Filialisten analog gestiegen sei.
seine Interpretation. „Zudem lassen sich
immer mehr Augenoptiker im Anschluss
an ihre Meisterprüfung zum Optometris
ten fortbilden“, was logischerweise in der
Folge ein größeres Angebot von optome
trischen Dienstleistungen ermögliche.
Der Umsatz der gesamten
Branche ist erneut gestiegen –
für Truckenbrod ein Grund zu
plaudern, für die Onlinekollegen
einer zum Schweigen.
Noch ehe der Präsident und später
ZVAGeschäftsführer Dr. Jan Wetzel auf
die Vorteile der stationären Augenoptik
betriebe eingingen, gab es einen Über
blick, was die Branche im vergangenen
Jahr rein zahlentechnisch erreicht hat:
Der gesamte Branchenumsatz in der
Augenoptik ist erneut gestiegen. Die
verschiedenen Marktteilnehmer erwirt
schafteten 2015 5,83 Mrd. Euro, das ist
eine Steigerung von 3,6 Prozent zum
Vorjahr. Die stationären Augenoptik
betriebe inklusive der Filialisten tragen
mit 5,61 Mrd. Euro zu diesem Ergebnis
bei, was einem Plus von 3,5 Prozent ent
spricht. 225 Mio. Euro Umsatz entfallen
auf den Onlinehandel, dessen Wachstum
sich damit immens abgeschwächt hat.
Eine Entwicklung, die MisterSpexGe
schäftsführer Dirk Graber wenige Tage
später in der Presse nicht bestätigen
mochte. Allerdings hatten weder er noch
andere Onlinehändler sich im Vorfeld
laut ZVA transparent zu ihren Umsatz
zahlen geäußert.
Während die Onlinebranche in den
Vorjahren mit Wachstumsraten bis zu
30 Prozent und mehr aufgewartet und
sich offensichtlich „gesprächsbereiter“
gezeigt hatte – so viel durfte man zwi
schen den frei gesprochen Zeilen des
ZVAPräsidenten lesen – entspricht das
jüngste Umsatzplus „nur“ noch einer
Steigerung von 7,1 Prozent. Bei der Zahl
der verkauften Brillen legten die Online
händler um acht Prozent zu (2014: 30
Prozent); 700.000 Brillen wurden 2015
online bestellt. „Stationär wurden 11,73
Millionen Brillen angepasst“, sagte Tru
ckenbrod – und legte Wert auf seine
Wortwahl: „angepasst“! Denn für den
Leipziger steht auch im Jahr 2016 weiter
Der „Abstieg“ des ZVA in Sachen Kon
ferenzraum – nunmehr in der zweiten
Etage eines bestenfalls unscheinbaren
Gebäudes mit Blick auf einen nicht er
heblich gepflegten Innenhof – hatte einen
direkten und vielleicht einen gewünsch
ten Hintergrund, auch wenn das den
Gastgebern nicht zu entlocken war. Mög
licherweise aber hatte die beinahe ebe
nerdige Verkündung der aktuellen Bran
chenzahlen zumindest mittelbar mit der
deutlichen Abschwächung des Umsatz
wachstums des OnlineBrillenhandels zu
tun. Denn mitten in Düsseldorf am Graf
AdolfPlatz 6, wohin der ZVA geladen
hatte, residiert die Deutsche Presse
agentur (DPA), deren für die Augenoptik
verantwortliche Journalistin nur ein paar
Treppenstufen hinabsteigen musste, um
anschließend bundesweit die (schlech
ten) Zahlen der Onlinefraktion streuen zu
können. Truckenbrod gab sich pragma
tisch: Der Raum der vergangenen Jahre
werde nicht mehr vermietet, darüber hi
naus müsse niemand etwas hineininter
pretieren.
Letzteres sah der ZVAPräsident in
Bezug auf die Wirtschaftszahlen erheb
lich anders. „Den inhabergeführten Be
trieben ist es 2015 besser als in den Vor
jahren gelungen, ihre Dienstleistungen,
ihr optometrisches Fachwissen und ihre
besonderen Handwerksleistungen er
folgreich am Markt zu platzieren. Es fällt
auf, dass der Mittelstand die Angebote
zur Spezialisierung und zur Erlangung
von Alleinstellungsmerkmalen nutzt.“
Die steigenden Zahlen bei der Anpas
sung von formstabilen Kontaktlinsen
nannte Truckenbrod als ein Beispiel für
Präsident Thomas Truckenbrod (links) und Geschäftsführer Dr. Jan Wetzel hatten bei der
Jahrespressekonferenz des ZVA einiges Erfreuliches zu berichten. (Foto: ZVA)