AKTUELL
24
DOZ
01 | 2015
Wissenschaftlicher und technischer Fortschritt sind ein wichtiger Teil unserer
Gesellschaft. So sollten auch Augenoptiker sowie verwandte Berufsgruppen stets
die aktuellsten Veränderungen, die ihr Berufsleben beeinflussen, im Auge be-
halten. Unter dem Titel „Im Dialog vor Ort: Aktuelle Aspekte zur Sehkorrektion“
widmete sich das 27. Kolloquium der Fielmann-Akademie im Klinikum Ernst von
Bergmann in Potsdam diesem Ziel. Als Gastgeberin begrüßte die Chefärztin der
Klinik für Augenheilkunde, Dr. med. Anja Liekfeld, die 150 Gäste: Augenoptiker,
Ärzte und Industrievertreter. Dr. Liekfeld betonte in ihrer Begrüßung die Wichtig-
keit der interdisziplinären Zusammenarbeit, die aus ihrer Sicht noch immer zu
kurz komme.
Die Initiative zum gemeinsamen Kollo-
quium kam von Prof. Dr. med. Hans-Jür-
gen Grein, dem wissenschaftlichen Leiter
der Fielmann Akademie Schloss Plön.
„Herr Professor Grein kam mit der Idee
auf mich zu. Ich nehme an, er glaubte,
dass ich für ein gemeinsames Kolloquium
offen sein könnte“, so Dr. Liekfeld. Und
so war es dann auch.
Als erfahrene Operateurin übernahm
es die Chefärztin der Klinik für Augen-
heilkunde auch, selbst einen Vortrag zu
halten. Sie referierte unter dem Motto
„Darf’s etwas mehr sein“ über intraoku-
lare Linsen (IOL) mit und ohne Zusatz-
nutzen. Zusätzlich machte sie deutlich,
dass aus ihrer Sicht mancher Zusatznut-
zen eigentlich ein Standard sein sollte,
unter anderem der Blaulichtfilter. „Es
gibt sehr viele Hinweise für den Nutzen
in Bezug auf Makulaschutz“, stimmte
Prof. Grein zu. „Auch wenn ein echter
Beweis fehlt, würde ich mich aufgrund
der Studienlage immer zu dem Blaulicht-
filter entscheiden. Es geht ja um mein
Auge, und da will ich nicht warten, bis in
zwanzig Jahren der Beweis erbracht ist,
wenn ich dann womöglich schon eine
Makuladegeneration habe.“
Weiterhin als nicht standardmäßiger
Nutzen gilt eine torische Wirkung der
Linse, zum Ausgleich bei einem Horn-
hautastigmatismus, welcher sich nicht
durch einen entsprechenden Hornhaut-
schnitt während der Operation ausglei-
chen lässt. Auch dieses, so Dr. Liekfeld,
müsste bereits als Standard angesehen
werden, wenn eine passende Indikation
vorliegt.
Anders sieht Dr. Liekfeld die bifoka-
len oder multifikalen Intraokularlinsen.
„Hierbei kommt es sehr auf die Patien-
tenauswahl an. Man muss vorher intensiv
mit ihnen reden, nicht jeder ist für eine
Implantation dieser Linsen geeignet.“
Grund hierfür ist unter anderem der
durch die IOL verursachte zu erwartende
Kontrastverlust. Ein System, bei dem die
Intraokularlinse akkommodativ funktio-
niert und daher keine zwei oder mehr
Brennpunkte bräuchte, wäre unter Um-
ständen besser verträglich. Zur Zeit exis-
tiert jedoch kein funktionierendes Pro-
dukt auf dem Markt. Allerdings nicht,
weil es keine Wissenschaftler gibt, die
sich der Lösung des Problems annehmen.
Ein solcher Wissenschaftler ist Prof.
Dr. Oliver Stachs, von der Universitäts-
augenklinik Rostock. Relativ schnell wur-
de dem aufmerksamen Zuhörer während
seines Vortrags klar, warum die Ent-
wicklung eines solchen Produktes bisher
noch nicht gelungen ist. So brachte der
Vortrag sehr anschaulich die einzelnen
Teilaspekte des zu lösenden Problems
hervor, unter anderem: wie soll die Bewe-
gung der Linse gewährleistet sein? Denn
dazu wird Energie benötigt, und das
erfordert Elektronik. Auch müsste das
System den jeweiligen Akkommodations-
bedarf ermitteln. Dieses kann zum Bei-
spiel über die Messung der Pupillen-
größe oder die Vergenz der Augen
Den Fortschritt im Auge behalten
Interdisziplinärer Austausch: Prof. Dr. med.
Dipl.-Ing. (FH) Hans Jürgen Grein und
Dr. med. Anja Liekfeld.
Interaktiv: Fragen aus dem Publikum.