DISKUSSION
ZUSATZVERKÄUFE
8
DOZ
02 | 2013
Der Artikel in der DOZ 01-2013 über den 20. Geburtstag von der Firma I need you
(Hamburg) beleuchtet unter anderem die Marktentwicklung bei Fertigbrillen und
die Potenziale, die in diesem Marktsegment liegen. Ergänzend dazu hier weitere
Zahlen zum Markt (Quelle Allensbach, zitiert nach „Deutschland und die Welt –
Märkte, Consumer und Trends 2011/2012, Die Augenoptik“, Spectaris/Berlin).
Denn klar ist: Die Fertigbrille ist auch für den Augenoptiker mit hohen Anspruch
nicht nur ein Konkurrenzprodukt der Drogerieketten, sondern eine Möglichkeit
zum eigenen Zusatzgeschäft. Insofern unterstreicht dieser Diskussionsbeitrag den
vorhergehenden Artikel „neue Sicht der Fertigbrille“ und nimmt den Standpunkt
des Endverbrauchers ergänzend besonders unter die Lupe.
Der Kunde geht fremd
Wenn 80% der Besitzer von Fertiglese-
brillen auch Korrektionsbrillen vom Au-
genoptiker besitzen, aber nur 15% der
Fertigbrillen über den Fachhandel ver-
kauft wurden, sind es also mehrheitlich
Brillenträger, die beim Kauf von Fertig-
brillen „fremd gehen“.
Es gelten andere Regeln
So viel zu Größe und Absatzstruktur des
Marktes. Heißt das nun, dass dem Fach-
handel 85% des Absatzes und damit
knapp 18 Millionen anderweitig verkauf-
ter Fertigbrillen verloren gehen? Oder
hat sich hier nicht vielmehr ein Markt
entwickelt, der die Möglichkeit für Zu-
satzverkäufe eröffnet und durch geschick-
tes Marketing am POS noch ausgeweitet
werden kann? Betrachtet man die Konsu-
mentensicht, erscheint Letzteres zutref-
fender.
Im Gegensatz zu individuell angefer-
tigten Brillen sind Fertiglesebrillen für
die Käufer keine Investitions- sondern
Gebrauchsgüter. So banal das auch klin-
gen mag, dadurch funktionieren Erst-
und Wiederkauf von Fertigbrillen nach
anderen Regeln als der Kauf einen indivi-
duell gefertigten Korrektionsbrille:
1. Fertiglesebrillen können spontan und
überprüfbar ein Problem lösen: Man
kann Dinge lesen, die man sonst nicht
entziffern könnte. Das überzeugt. Wer
denkt da an seine Pupillendistanz oder
daran, dass er einen unterschiedlichen
Korrektionsbedarf pro Auge hat oder
h
aben könnte? Und selbst wenn der
sich dieser Thematik (über-
haupt) bewusst ist: Es scheint ja erst
einmal zu funktionieren. Kopfschmer-
zen oder andere Beeinträchtigungen
treten – wenn überhaupt – erst bei län-
gerer Nutzung auf.
2. Fertiglesebrillen werden in der Regel
nicht geplant, sondern spontan ge-
kauft. Es bedarf also eines Impulses
(Display etc.). Da der Durchschnitts-
konsument weit häufiger in Drogerie-
und Supermärkten, bei Discountern
etc. einkauft als beim Augenoptiker,
wird dieser Impuls eben auch weitaus
häufiger dort ausgelöst.
3. Durch das niedrige Preisniveau ist der
Umgang mit Fertiglesebrillen wesent-
lich entspannter als der mit hochwer-
tigen Brillen. Fertigbrillen werden oft
ganz anders behandelt: Sie landen auch
mal ohne Etui in der Hemden- bzw.
Handtasche oder werden kurz am
Ärmel sauber gewischt. Der so bewirk-
te Verschleiß führt zu Ersatzbedarf.
4. Fertiglesebrillen sind häufig durch-
laufende Posten, ähnlich wie billige
Regenschirme. Man verliert oder ver-
legt sie – ein Verlust, den man leicht
verschmerzen kann, und der ebenfalls
Ersatzbedarf erzeugt.
5. Der gleichzeitige Besitz mehrerer Ex-
emplare ist normal, und das aus ganz
pragmatischenGründen. EineBrille liegt
beispielsweise bei der Programmzeit-
schrift, eine imBad, eine imHandschuh-
fach, eine neben dem Telefon etc., halt
da, wo sie häufig kurz genutzt werden.
Der Markt wächst also nicht nur über
die Ausweitung der Verwenderschaft
(Alterung der Gesellschaft!) sondern
auch über die Mehrfachnutzung und häu-
Endverbraucherblick
auf die Fertigbrille
z
Es gibt in Deutschland knapp zehn
Millionen Besitzer von Fertigbrillen.
z
Jeder zweite Verwender hat mindes-
tens zwei oder mehr Fertigbrillen, im
Durchschnitt 2,1 – während Brillenträ-
ger im Durchschnitt 1,9 sehtaugliche
Brillen besitzen.
Fertigbrillenverwender nutzen also
mehr Brillen als die Träger von indi-
viduell gefertigten Korrektionsbrillen.
Wenn von den – rein rechnerisch – 21
Millionen genutzten Fertiglesebrillen
(10 Mio. x 2,1) 85% über fachfremde
Kanäle gekauft wurden, sind das knapp
18 Millionen Stück.
z
Die überwiegende Mehrheit (rund
80%) der Verwender hat darüber hin-
aus mindestens eine individuell ange-
fertigte Korrektionsbrille.
z
Bisher werden nur 15% der Fertig-
brillen vom augenoptischen Fachhan-
del verkauft, Tendenz rückläufig!
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