Praxisfall: Optometrische Augenglasbestimmung bei Albinismus

hellblaue Iris bei Albinismus
Bei Menschen mit Albinismus fehlt im Auge Melanin.
© Randy Freitag

Albinismus bezeichnet eine Gruppe von erblichen Pigmentmangelkrankheiten. Nach einer Klassifikation aus dem Jahr 1978 unterscheidet man den okulokutanen Albinismus mit fünf klinisch wichtigen Unterformen vom okulären Albinismus, der in drei unterschiedlichen Formen auftritt. Jeder Subtyp hat eine Prävalenz von weniger als 1:10.000. In den meisten Fällen liegt die Sehschärfe zwischen 0,05 und 0,3. Je nach Art des Albinismus und der Ausprägung der Entwicklungsstörung können auch Visuswerte bis 0,7 erreicht werden. Im Verlaufe des Patientenlebens kommt es zu einer Stabilisierung der Erkrankung, so dass keine weitere Verschlechterung stattfindet.

Anamnese

Eine 36-jährige Biologin stellt sich zu einer ganzheitlichen optometrischen Augenglasbestimmung vor. Der Grund für Ihren Besuch ist eine bevorstehende amtsärztliche Einstufung ihrer Fahrtauglichkeit. Mit den neuen Messwerten soll versucht werden, die Sehleistung bestmöglich zu unterstützen. Zurzeit bemängelt die Kundin ein schlechtes Entfernungsmaß und eine Art Pixelverlust, der zu einem leichten Sehstress führt. 

Befunde

Visuelles System

  • Fernbrille mit einer 12 Prozent Tönung
  • kein Strabismus bekannt
  • keine Doppelbilder
  • starke Lichtempfindlichkeit - Fotophobie
  • Situationsabhängiger Pendelnystagmus
  • Lesen mit einer Handleuchtlupe – zweifache Vergrößerung  
  • keine asthenopischen Beschwerden
Kundin mit Albinismus
Abb. 1: Kundin mit inkompletten okulokutanen Albinismus

Allgemeine Gesundheit

  • Erbkrankheit: inkompletter okulokutaner Albinismus

Medikamentenanamnese    

  • keine
  • ständiger Hautschutz mit Sonnencreme bei Aufenthalt im Freien

Familienanamnese

  • Albinismus in mehreren Generationen

Soziales Umfeld

  • musikalische Nachwuchsförderung in einem Deutsch-Französischem Kindergarten

Optometrische Messungen

  • leichter, horizontaler Pendelnystagmus
  • Führungsauge: OS

Pupillenreaktionstest

  • beide Augen (OU): 5 mm bei Dunkelheit, 3 mm bei Helligkeit
  • kein relativer afferenter Pupillendefekt (RAPD) - (Swinging-Flashlight-Test)

Visus sc

  • rechtes Auge (OD): 0,08
  • linkes Auge   (OS): 0,08

Visus getragene Brille

  • Ferne R: sph +0,00 cyl +3,00 A 97° Vcc 0,3
  • L: sph -1,50 cyl +4,00 A 79° Vcc 0,3

Augenglasbestimmung

  • Ferne  R: sph -0,25 cyl +2,75 A 101° Vcc 0,4+
  • L: sph -1,75 cyl +4,50 A  82° Vcc 0,5+

Cover-Test

  • Ferne OD / OS – keine Einstellbewegung
  • Nähe  OD / OS – keine Einstellbewegung

Uncover-Test

  • Ferne: OD - Einstellbewegung von nasal/ superior
  • OS – keine Einstellbewegung
  • Nähe:  OD - Einstellbewegung von nasal/ superior
  • OS – keine Einstellbewegung

Beim alternierenden Cover-Test zeigen sich ebenfalls die Ergebnisse vom Uncover-Test und lassen somit auf eine richtungskombinierte Heterophorie, möglicherweise auch auf einen Mikrostrabismus, schließen.  

An den Binokularen Testen (MKH – Polaskop 3D) zeigten sich folgende Werte

  • Kreuz: OD: Pr.3,5 B.a; OS: Pr.1,75 B.o.  OD - kurze Suppression
  • Zeiger: Nullstellung
  • Doppelzeiger: Nullstellung, auch keine Verollung
  • Haken: OD: Pr.3,5 B.a; OS: Pr.2,25 B.o.  OD - kurze Suppression
  • Stereoverzögerung: v 1-3 Sekunden h 3-5 Sekunden
  • Stereotest: OD: Pr.4,0 B.a; OS: Pr.2,25 B. o.
  • Stereoverzögerung: v 1-2 Sekunden h 1-2 Sekunden
  • reduzierter Stereotest: keine Aussage          
  • Stereovalenz: Prävalenz - OS
  • Stereogrenzwinkel: 12`  
  • Gesamtprismen nach nochmaliger Anwendung aller Teste (Rücklauf): OD: Pr.4,0 B.a; OS: Pr.2,25 B.o.
  • einseitiger Abdecktest (Ferne) nach Tragen des Gesamtprismas nach 30 Minuten: OD: Pr.3,5 B.a; OS: Pr.2,0 B.o.

Resultat der Augenglasbestimmung

  • Ferne  R: sph -0,25 cyl +2,75 A 101°    Pr.2,0 B.a. Pr. 1,25 B.u.  Vcc 0,4+
  • L: sph -1,75 cyl +4,50 A  82°     Pr.2,0 B.a. Pr. 1,00 B.o.  Vcc 0,5+
  • Vcc bino: 0,6
  • Nähe Add. 1,75 für circa 30cm (Vergrößerung durch Annäherung) Vcc 0,7

Der Kreuztest besteht aus einem peripheren, bis zu einem parazentralen Rahmen reichenden Fusionsmuster. Im Zentrum des Rahmens befindet sich eine Lücke, in der dem einen Auge ein senkrechter, dem anderen Auge ein waagerechter Balken angeboten wird. Diese Balken dienen als monokulare Marker, die es dem Probanden ermöglichen, zwischen dem Seheindruck des rechten und des linken Auges zu unterscheiden. Beim vertikalen Zeigertest, Doppelzeigertest und Hakentest befinden sich Fusionsreize nicht nur in der Peripherie, sondern auch im Zentrum des Testfeldes. Dabei werden monokulare Marker parazentral dargeboten. Bei der Stereo-Wechselprobe und beim Valenztest handelt es sich um Stereofiguren ohne monokulare Marker. Je nach den Angaben, die die Kundin über die Wahrnehmung der Testfiguren machte, setzten wir Prismen vor die Augen und modifizierten deren Stärke. Dabei änderten wir die Prismen nur, wenn die Testteile simultan wahrgenommen wurden. Bei der Nah-Prismenprüfung konnte die Kundin, aufgrund des Nystagmus, keine relevanten Aussagen treffen.

Die Messergebnisse am reduzierten Stereotest, Stereovalenztest und der große Stereogrenzwinkel, lassen einen Strabismus vermuten. Dagegen sprechen jedoch die mehrfach ermittelten Daten des Cover-Testes und die annähernd gleichen Visuswerte für das rechte und linke Auge.

Bei der ganzheitlichen Augenglasbestimmung standen wir vor einer großen Herausforderung. Durch den Nystagmus konnte keine erweiterte Prüfung des Binokularsehens durchgeführt werden. Dadurch ist keine detaillierte Aussage zur Funktions- und Leistungsfähigkeit des Binokularsystems möglich.

Kontrastempfindlichkeit

  • reduziert, unter der Altersnorm Augeninnendruck (IOP) 10.30 Uhr - NCT
  • OD: 20,0 mm/Hg - 20,0 mm/Hg  (korrigiert nach Dresdner Tabelle)
  • OS:  18,0 mm/Hg - 18,2 mm/Hg  (korrigiert nach Dresdner Tabelle)
Iris
Abb. 3: OS - schwache Transillumination
Hellblaue Iris bei Albinismus
Abb. 2: OD - hellblaue Iris bei Albinismus
Netzhaut
Abb. 4: Rechte zentrale Netzhaut
Netzhaut
Abb. 5: Linke zentrale Netzhaut

Spaltlampenbefund

  • Augenlider / Adnexe: normal OU
  • Bindehaut / Lederhaut: leichte konjunktivale Hyperämie Grad 1 - OU
  • Wimpern: unregelmäßiger Wimpernwuchs – sehr feine, helle Haare OU
  • Hornhaut: klar OU
  • Iris: schwache Durchleuchtbarkeit - Retroillumination OU
  • Augenlinse: ohne Auffälligkeit OU
  • Kammerwinkel: OD:   38° OS:   37°
  • Pachymetrie (nm):              OD: 552  OS: 545
  • Vorderkammertiefe (mm): OD: 3,26 OS: 3,29

Augenhintergrund (Abb. 4/ 5)

  • Glaskörper: normal OU
  •  Papille: normal OU
  •  Cup to Disc Ratio: 0.2 OU
  •  Makula: verminderte Funduspigmentierung – Hypopigmentierung
  •  Gefäße: normal OU
  •  Arterien-Venen-Verhältnis: 0,7 OU
  •  Peripherie: normal OU

Diagnose

Die Kundin leidet an einer angeborenen Hypopigmentierung des Augenhintergrundes mit einer leichten Hypoplasie der Makula (Albinismus) und einer daraus reduzierten Sehschärfe mit kongenitalem Nystagmus.

Behandlung

Wir versorgten die Kundin mit einer individuell gefertigten fototropen Gleitsichtbrille. Dadurch sollten ein ausreichend guter Fernvisus und ein stufenloses Sehen bis circa 30 Zentimeter ermöglicht werden.  Alle vorbereitenden Messungen verliefen ohne Auffälligkeit und das Aufklärungsgespräch, bezüglich der ersten Gleitsichtglasversorgung, stieß auf eine hohe Motivation der Kundin.

Die Albinismus typische Blendempfindlichkeit reduzierten wir zusätzlich mit einem speziell angepassten Kantenfilter der Wellenlänge 500nm und einem Polarisationsfilter als „Übersetzbrille“.

Der erste Eindruck bei der Abgabe der neuen Brille fühlte sich für die Biologin noch fremd an. Durch das intensive Aufklärungsgespräch war sie auf alle Eventualitäten vorbereitet.

Für die Laborarbeit erhielt die Kundin eine Arbeitsplatzbrille. So konnte das Gesichtsfeld bei der Naharbeit, gegenüber der Allround-Gleitsichtbrille, vergrößert werden.
Nach einer Tragezeit von rund vier Wochen führten wir eine Nachkontrolle durch. Dabei wurden alle gemessenen Werte bestätigt. Die Kundin berichtet  dabei ein subjektiv ruhigeres Bild, weniger Stress im Sehen und damit schlägt der Nystagmus „gefühlt“ langsamer.

Baby mit Albinismus
Abb. 6: Baby - sechs Wochen alt - mit okulokutanem Albinismus

Diskussion

Die Unterscheidungsmerkmale für die verschiedenen Albinismusvariationen sind klinischer, biochemischer, genetischer und struktureller Art. Bekannt geworden ist der Haarwurzel – DOPA – Test, durch den der Tyrosinase positive vom Tyrosynase negativen Albinismus unterschieden wird. Selten sind Assoziationen von Albinismus mit hämorrhagischer Diathese aufgrund eines Thrombozytendefekts, das Hermansky-Pudlak-Syndrom, sowie das Higashi-Syndrom.  

Da alle fünf Subtypen des okulokutanen Albinismus autosomal rezessiv vererbt werden, beim okulären Albinismus eine Form x-chromosomal rezessiv und die andere Form autosomal rezessiv, gewinnt die Kenntnis des Subtyps an Bedeutung für die genetische Beratung.

Bei allen Albinismusformen sind einige okuläre Symptome typische diagnostische Merkmale:

  • reduzierte Sehschärfe, bei fast 80 Prozent der Betroffenen - unter 0,25 Prozent
  • erhöhte Inzidenz von astigmatischen Brechungsfehlern
  • oft Strabismus
  • kongenitaler Nystagmus
  • Durchleuchtbarkeit der Iris mit erhöhter Blendempfindlichkeit (Photophobie)
  • Hypoplasie der Fovea
  • fehlender Zentralreflex der Fovea
  • abgeschwächte Hyperpigmentierung des makulären Pigmentepithels [1]

Die Hypopigmentierung schwankt in ihrer Ausprägung je nach Subtyp und ethnischer Zugehörigkeit des Betroffenen vom blonden bis zum pigmentlos erscheinenden Fundus. Die schwache Pigmentierung der Iris führt zu einer Durchleuchtbarkeit der Iris. Bedingt dadurch leiden die Betroffenen unter einer erhöhten Blendempfindlichkeit. Diese wird zusätzlich durch die verringerte Pigmentierung des retinalen Pigmentepithels gesteigert. Das Licht, welches an der Sklera reflektiert wird, gelangt wieder ins Auge und führt zu einem verminderten Kontrastsehen und einer erhöhten Blendempfindlichkeit. Die Augenfarbe kann von Blau bis zu einem hellen Braun variieren. Zu unterscheiden ist der Albinoidismus, der nur das kutane Erscheinungsbild (helle Haut und Haare) des Albinismus ohne okuläre Symptome hat. [2]

Diagnostische Zeichen und Symptome des Albinismus [3]
    

Albinismus

Unabhängig davon, welche Form des Albinismus vorliegt, weist das Auge immer Auffälligkeiten des Sehnervenverlaufs auf. Dabei kreuzen im Chiasma über 80 Prozent der Nervenfasern aus den zentralen temporalen Netzhäuten auf die Gegenüberliegende Hirnhälfte. Die Signale von der zentralen Netzhaut des rechten und linken Auges werden getrennt voneinander weitergeleitet. Das zentrale Gesichtsfeld wird damit im Sehzentrum nur monokular abgebildet. Daraus resultieren fasst immer ein Nystagmus und ein Strabismus. Bei einem nicht Betroffenen kreuzen die Nervenfasern aus den medialen Netzhauthälften auf die gegenüberliegende Hirnhälfte, während die meisten Nervenfasern aus den zentralen temporalen Netzhauthälften auf derselben Hirnhälfte verbleiben. Somit ist das zentrale Gesichtsfeld binokular vertreten.
In der achten bis zwälften Lebenswoche entsteht häufig ein Pendel- oder Rucknystagmus und ist oft der erste Hinweis auf einen Albinismus. Mit dem vierten Lebensjahr stabilisieren sich langsam die Augensymptome und es tritt  keine weitere Verschlechterung ein. [4]

Die Netzhaut ist der wichtigste Organisator für die Augenentwicklung. Von ihr gehen Botenstoffe an andere Gewebe der Augenanlage aus und leiten dort deren weitere Entwicklung ein. Sie spielt als Koordinator der Wachstumsvorgänge (Emmetropisation), auch nach der Geburt eine herausragende Rolle. Das retinale Pigmentepithel tritt erstmalig in der vierten Schwangerschaftswoche in Erscheinung. Seine Zellen sind zu diesem Zeitpunkt noch teilungsfähig. Ab der siebten Schwangerschaftswoche ist das Auftreten kleiner Pigmentgranula zu beobachten. Finden in dieser Zeit Entwicklungsstörungen statt, ist mit einer Aphakie oder Albinismus zu rechnen.   
Die Entwicklung der Netzhaut ist mit der Geburt noch nicht abgeschlossen. Bis zum Ende des vierten Lebensjahres lassen sich in der Netzhaut noch Differenzierungs- und Reifungsprozesse nachweisen.  [5]

Die Farbe der Haut, der Iris und der Retina

Die Hautfarbe wird bestimmt durch das Melanin, ein Pigment der Oberhaut, das Karotin, ein Pigment der Leder- und Unterhaut sowie die Blutkapillaren der Lederhaut. Die durch die Durchblutung erzeugte Hautfarbe erlaubt Rückschlüsse auf die Sauerstoffsättigung des Blutes zum Beispiel Blaufärbung (Zyanose) der Lippen bei Sauerstoffmangel oder rosige Wangen bei guter Sauerstoffsättigung.

Melanin wird von den Melanozyten produziert, die in der Basal- und Stachelzellschicht liegen. Je nach Melaninanteil der Haut variiert die Hautfarbe zwischen blass, gelb und schwarz. Bei Sonneneinstrahlung nimmt die Melaninproduktion zu. Melanin wirkt wie ein natürlicher Sonnenschutz, der die tieferen Hautschichten vor der gefährlichen UV-Strahlung schützt. Man findet pro Quadratmillimeter Oberhaut circa 1.000 Melanozyten. Die Anzahl dieser Zellen ist bei allen menschlichen Rassen gleich. Die verschiedenen Hautfarben sind auf die unterschiedlichen Pigmentmengen zurückzuführen, die Melanozyten produzieren. [6]

Netzhaut
Abb. 7: Rechte, zentrale Netzhaut
Netzhaut
Abb. 8: Linke, zentrale Netzhaut einer 38-jährigen Kubanerin
Netzhaut
Abb. 9: Rechte, zentrale Netzhaut
Netzhaut
Abb. 10: Linke, zentrale Netzhaut einer 12-jährigen Italienerin

Die Augenfarbe kann zwischen hellblau und dunkelbraun variieren. Sie wird im hauptsächlich durch die Melanozyten und die Menge der darin vorhandenen Melaningranula bestimmt. Weitere Einflußfaktoren können die veränderte sympathische Innervation, das Lebensalter und die Einnahme lyophiler Medikamente sein. Die Augenfarbe ist genetisch bedingt. Braun wird dominant vererbt. In Mitteleuropa dominiert bei Neugeborenen die blaue Augenfarbe, da Neugeborene nur wenige Melanozyten in ihrer Iris haben. Im Laufe der ersten Lebensmonate können im vorderen Irisstroma zahlreiche Melanozyten neu entstehen, so dass sich Augenfarbe zu Braun hin verändert. Auch die fünf Millionen Zellen des retinalen Pigmentepithels enthalten zahlreiche Melaningranula. Die Melanozyten im menschlichen Körper reagieren immer gleich. So finden wir bei einem hellen Hauttyp auch einen schwächer pigmentierten Fundus mit einer erhöhten Lichtempfindlichkeit. [7]

Anforderungen an das Sehvermögen für das Führen eines Kraftfahrzeugs

Auszug aus der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) Anlage  6
1. Klassen A, A1, B, BE, M, S, L und T
1.1. Sehtest (§ 12 Abs.2)
Der Sehtest ist bestanden, wenn die zentrale Tagessehschärfe mit oder ohne Sehhilfen mindestens beträgt: 0,7/ 0,7.

1.2. Augenärztliche Untersuchung (§12 Abs.5)
Besteht der Bewerber den Sehtest nicht, ist eine augenärztliche Untersuchung erforderlich. Es müssen folgende Mindestanforderungen erfüllt sein:

1.2.1. Zentrale Tagessehschärfe
Fehlsichtigkeiten müssen – soweit möglich und verträglich – korrigiert werden. Dabei dürfen folgende Sehschärfewerte nicht unterschritten werden:
bei Beidäugigkeit: Sehschärfe des besseren Auges oder beidäugige Gesamtsehschärfe: 0,5; bei Einäugigkeit: 0,5

1.2.2. übrige Sehfunktionen

Gesichtsfeld: normales Gesichtsfeld eines oder ein gleichwertiges beidäugiges Gesichtsfeld
Beweglichkeit: bei Beidäugigkeit sind Augenzittern sowie Schielen ohne Doppeltsehen in zentralem Blickfeld bei normaler Kopfhaltung zulässig. Doppeltsehen außerhalb eines zentralen Blickbereichs von 20 Grad im Durchmesser ist zulässig. Bei Einäugigkeit normale Beweglichkeit des funktionstüchtigen Auges. [8]

Fazit

Bei der amtlichen Begutachtung der Verkehrstauglichkeit durch den Augenarzt erfüllte die Kundin alle gesetzlichen Bestimmungen und darf wieder am Straßenverkehr mit ihrem PKW teilnehmen.
Bei den Ergebnissen der Prüfung des Binokularsehens ist es wichtig, sowohl qualitative als auch quantitative Ergebnisse zu dokumentieren. Aufgrund der Erkenntnisse am Uncover-Test und der Ausschluss eines Strabismus durch den Cover-Test, führte der weitere Weg der Augenglasbestimmung zu einer prismatischen Korrektur. Ein Mikrostrabismus konnte nicht ganz ausgeschlossen werden, da die zur Verfügung stehenden Testverfahren durch den Nystagmus zu keinen Ergebnis führte.
Der verbesserte binokulare Visus und die subjektiven Angaben der Kundin nach einigen Wochen Tragezeit lassen alle Messergebnisse in einem positiven Licht erscheinen.

Literatur
[1] Tischendorf F W. Blickdiagnostik, CompactAtlas der klinischen Inspektion und Differentialdiagnostik. Schattauer. 2009
[2] Berke A. Allgemeinerkrankungen und das Auge, DOZ-Verlag; 2. Auflage. 2005
[3] Burk A, Burk R. Checkliste Augenheilkunde; Thieme-Verlag. 1999
[4] Berke A. Albinismus und Low Vision. Optometrie 3/2003
[5] Berke A, Cagnolati W. Kinderoptometrie. DOZ-Verlag. 2010
[6] Bierbach E. Naturheilpraxis Heute. Urban & Fischer; 4. Auflage. 2009
[7] Berke A. Biologie des Auges. WVAO. 1999
[8] Augenärztliches Gutachten; www.hamburg.de/Ibv-fuererschein/183400/ anlage-6

 

Autor und Fotos: Randy Freitag, EurOptom, Heilpraktiker; Freiburg im Breisgau