Goodbye Gullstrand! Oder: Warum an der Scheitelpunktkugel aufhören?

Iris mit der geschichte von Rodenstock
Rodenstock präsentiert den neuen Standard für schärfstes Sehen.
© Rodenstock

Brillengläser wurden bisher klassischerweise an der sogenannten Scheitelpunktkugel konstruiert. Was sich im jeweiligen Einzelfall dahinter oder sogar im Auge genau abspielt, blieb unberücksichtigt. Grundlage für derartige Berechnungen ist unter anderem das Augenmodell des Augenarztes Allvar Gullstrand. Rodenstock geht jetzt mit DNEye PRO einen entscheidenden Schritt weiter und läutet eine neue Ära in der Optimierung von Brillengläsern ein. Die Optimierung des Brillenglases erfolgt nun für die Abbildung auf der Netzhaut, also die Stelle im Auge, die für die Qualität des Sehens entscheidend ist. Mit Auge ist dabei das individuelle Auge des Brillenträgers gemeint:  Es wird kein Modell wie das etablierte Gullstrand-Auge verwendet, sondern die individuell gemessenen anatomischen Parameter des Brillenträgers.

Das wohl wichtigste Prinzip bei der Entwicklung und Anpassung von Brillengläsern dürfte darin liegen, das Brillenglas als Teil des komplexen Sehsystems aus Brillenglas und Auge zu begreifen und nicht als einfache, isolierte Linse. Denn es geht in der Augenoptik darum, Menschen ein möglichst gutes und angenehmes Sehen zu ermöglichen, und nicht darum, bloße optische Komponenten zu fertigen.

Deswegen ist es wichtig zu wissen, wie das Bild auf der Netzhaut ankommt. Für die Augenoptik war es daher ein Meilenstein, als Allvar Gullstrand an der Wende zum 20. Jahrhundert auf der Basis anatomischer Untersuchungen verallgemeinerte Augenmodelle mit vereinheitlichten optischen Daten [1,2] aufstellte.1 Endlich war das Geheimnis des optischen Aufbaus des Auges gelüftet. Seither steht ein Modell zur Verfügung, das das Auge und seine Komponenten beschreibt und mit dessen Hilfe unter anderem die Abbildung im Auge sehr genau nachvollzogen werden kann.Grafik: Verteilung der Augenlänge über die Bevölkerung

Auf dieser Basis entwickelte Moritz von Rohr, der im engen Austausch mit Gullstrand stand, die Scheitelpunktkugel. Diese erlaubt es, von den Details im Augeninneren wieder zu abstrahieren und somit Brillengläser vergleichsweise bequem berechnen zu können. Nicht zuletzt deswegen stellt die Scheitelpunktkugel bis heute ein zentrales Werkzeug der Brillenoptik dar.

Bei genauerer Betrachtung fällt jedoch auf, dass das Gullstrand-Auge den sogenannten Normalfall beschreibt, der in der Realität kaum zu finden ist. Reale Augen weichen davon ab, wie Studien immer wieder zeigen [3]. Übrigens ist das Gullstrand-Auge emmetrop, bräuchte also gar keine Brille.

Das Diagramm in Abbildung 1 zeigt beispielhaft die Verteilung der Augenlänge. Zuerst fällt die hohe Schwankungsbreite von etwa zehn Millimetern bei einem mittleren Wert von 24 Millimetern auf. Man erkennt weiter eine deutliche Abhängigkeit von der Stärke der Fehlsichtigkeit. Hier machen sich die Längenametropien bemerkbar. Aber selbst bei gegebener Fehlsichtigkeit schwankt die Augenlänge immer noch um etwa fünf Millimeter. Es spielen also auch noch andere Faktoren, wie etwa die Krümmung der Hornhaut, eine wichtige Rolle.

Das Lexikon der Optik [4] fasst den Sachverhalt wie folgt zusammen: „Gullstrand-Auge, ein vereinfachtes Augenmodell mit vereinheitlichten optischen Daten, das auf den schwedischen Augenarzt A. Gullstrand zurückgeht […]. Um Berechnungen für das optische System des Auges durchführen zu können, sind wohl­definierte Standardwerte für die einzelnen Komponenten (Brechzahlen, Brechwerte, Krümmungsradien, Strecken) des Auges vorzugeben. Es ist heute üblich, auf das schematische Auge nach Gullstrand zurückzugreifen. Bei der Verwendung der Werte des G. muß berücksichtigt werden, daß das menschliche Auge im Einzelfall erheblich davon abweichen kann.“

Zwei Herausforderungen waren zu meistern

Es ist in der Brillenoptik also durchaus sinnvoll, bei der Berechnung nicht an der Scheitelpunktkugel aufzuhören, sondern darüber hinaus der tatsächlichen Abbildung bis zur Netzhaut des Brillenträgers hinein zu folgen. Genau dies ist mit DNEye PRO erstmals realisiert worden.

Zur erfolgreichen Umsetzung der DNEye Pro Technologie mussten zuerst zwei Herausforderungen gemeistert werden: zum einen konnten bisher die notwendigen individuellen Daten des Auges nicht erhoben werden, und zum anderen gab es bisher keine mathematischen Methoden, um derart komplexe Berechnungen durchzuführen.

Mit einem DNEye Scanner [5-7] lässt sich der erste Punkt vergleichsweise einfach realisieren: Die Abbildungseigenschaften des Auges als Ganzes, die Oberfläche der Hornhaut, das Pupillenspiel und die Vorderkammertiefe2 lassen sich mit diesem Gerät direkt messen, die Augen­länge und die optischen Eigenschaften der Augenlinse daraus ableiten. Dabei sind hier immer die vollständigen Abbildungs- beziehungsweise Oberflächen­eigen­schaften gemeint, also einschließlich der Komponenten höherer Ordnung wie Koma, Trefoil, sphärische Aberration und Astigmatismus II. In Abbildung 2 ist ein Auge mit den genannten Parametern dargestellt.

Die zweite Herausforderung ist die Durchrechnung durch das individuelle Auge. Hier steht Rodenstock mit einem selbst entwickeltem Verfahren zur Wellenfrontberechnung [8-11] ein mächtiges Werkzeug zur Verfügung. Dabei handelt es sich um ein analytisches Vorgehen mit geschlossenen Formeln, sodass die sonst notwendige numerisch aufwändige Durchrechnung vieler einzelner Strahlen vermieden werden kann. Dadurch können beliebige, komplexe Wellenfronten simuliert und ihre Ausbreitung in Medien [9] sowie ihre Brechung an beliebig geformten Grenzflächen [8] schnell und mit beliebiger Genauigkeit berechnet werden. Dieses Verfahren hat wissenschaftliche Anerkennung weit über die Augenoptik hinaus gefunden und wird von Rodenstock bereits seit 2012 bei der Berechnung von Brillengläsern mit DNEye [11-14] erfolgreich eingesetzt.

Da DNEye die Basis für DNEye PRO darstellt, soll das Prinzip zum besseren Verständnis hier noch einmal kurz skizziert werden: Das Designmodell des Glases gibt für jeden Punkt auf dem Glas den dazu­gehörigen Objektabstand vor. In einem ersten Schritt wird für jeden Punkt des Glases die jeweils optimale sphäro-zylindrische Kombination für diesen Objektabstand als Soll-Wert bestimmt. In diese Kombination gehen die subjektive Refraktion, die gemessenen Abbildungsfehler und Pupillendurchmesser sowie der erwartete Akkommodationszustand ein. Weiterhin werden die Verrollung der Augen beim Blick durch den Nahbereich gemäß der Listingschen Regel für die Nähe [15] und der Einstellastigmatismus durch den veränderten Objektabstand als spezielle Effekte beim Nahsehen [16] und – falls vorhanden – die vollständige subjektive Nahrefraktion mit den von der Fernrefraktion abweichenden Zylinder- und Achswerten [17] berücksichtigt.

Grafik: Schematische Dartsellung des Auges

Mit diesen Ergebnissen kann als nächstes die Form der Glasoberflächen bestimmt werden. Dazu wird zunächst die Vorderfläche festgelegt und eine Startfläche für die Rückfläche gewählt. Nun wird der Durchgang der Wellenfront des angeblickten Objekts durch das Brillenglas für jeden Punkt des Glases simuliert. Das heißt, es wird die Ausbreitung des Lichts bis zur Vorderfläche des Brillenglases, die Brechung an der Vorderfläche, die Propagation durch das Brillenglas, die Brechung an der Rückfläche und schließlich die Propagation bis zur Scheitelpunktkugel berechnet. Die resultierende Wellenfront wird mit den Soll-Werten für den jeweiligen Punkt des Glases verglichen. Anschließend wird die Rückfläche auf Basis der Vergleichsergebnisse aller Punkte und unter Berücksichtigung physiologischer Kriterien modifiziert. Dieses Vorgehen wird so lange wiederholt, bis die gewünschten Abbildungseigenschaften erreicht sind.

Mit DNEye PRO geht Rodenstock den entscheidenden Schritt weiter: Die Durchrechnung der Wellenfronten endet nun nicht mehr an der Scheitelpunkt­kugel, sondern wird weitergeführt bis zum Auge, durch dessen brechende Flächen hindurch bis zur Netzhaut. Die Bewertung findet nicht mehr an der Scheitelpunktkugel statt, sondern an der Netzhaut. Dadurch können Effekte berücksichtigt werden, die durch den individuellen Aufbau des Auges entstehen. Dank des von Rodenstock entwickelten Verfahrens ist diese Berechnung dabei nicht auf Sphäre und Zylinder beschränkt. Es werden vielmehr die komplexen Formen der Wellenfront und der brechenden Flächen einschließlich der Aberrationen höher Ordnung berücksichtigt.

Bis ins Auge hinein: verblüffende Ergebnisse

Führt man diese Berechnungen bis ins Auge hinein durch, zeigt sich, dass dieses Vorgehen sowohl in den Hauptdurchblickspunkten als auch in der Peripherie zu anderen Ergebnissen kommt als das klassische Vorgehen.

Effekte in der Peripherie

Auch jedes noch so gute Brillenglas kann leider nicht an allen Durchblickspunkten gleichzeitig vollkorrigierend sein. Vielmehr weiß man schon aus der Theorie, dass selbst bei Einstärkengläsern sagittale und tangentiale Bildschalen nicht für alle Blickrichtungen gleichzeitig zusammenfallen können [18], so dass unvermeidliche Aberrationen in jedem Brillenglas auftreten müssen, vor allem Refraktionsfehler und Astigmatismus in der Peripherie. Während diese bei Einstärkengläsern noch recht gering sind, treten bei Gleitsichtgläsern zusätzliche Abbildungsfehler zutage. So führt der Minkwitz-Astigmatismus [18] zu den bekannten Sanduhr­bildern der Sehbereiche. Es hängt also viel davon ab, diese Aberrationen so günstig wie möglich zu verteilen.

Für die Optimierung von Brillengläsern muss deswegen auf jeden Fall ein Maß für Abbildungsfehler festgelegt werden. Üblicherweise definiert man dieses am Ort der Scheitelpunktkugel über den Unterschied zwischen der vom Brillenglas tatsächlich erzeugten Wellenfront (rot in Abb. 3a) und der gedachten Wellenfront, die die Forderung für Vollkorrektion perfekt erfüllen würde (grünes Strahlenbündel in Abb. 3a).

Bei genauerer Betrachtung wird klar, wie willkürlich die Wahl der Scheitelpunktkugel als Ort der Beurteilung ist. Die für die Abbildung auf der Netzhaut (zum Beispiel die Größe des Zerstreuungskreises) relevanten Wellenfronten sind nämlich diejenigen, die innerhalb des Auges liegen (siehe Abb. 3b). Generell ist die Abweichung zwischen zwei Wellenfronten nicht an allen Orten längs des Hauptstrahls gleich, sondern verändert sich bei fortschreitender Propagation sowie bei jeder Brechung.

Als konkretes Beispiel betrachten wir ein hyperopes Auge mit einer Refraktion von +4,00 dpt an der Scheitelpunkt­kugel und gegebenen Werten für die oben beschriebenen anatomischen Parameter. Ein vollkorrigierendes Brillenglas müsste ein Strahlenbündel erzeugen, das eine Vergenz von genau +4,00 dpt aufweist und so auf der Fernpunktkugel konvergiert (grünes Strahlenbündel in Abbildung 3a). Für dieses Brillenglas wird nun für den Blick in die Peripherie aufgrund der unvermeidlichen Abbildungsfehler beispielhaft ein Refraktionsfehler von +1,00 dpt an der Scheitelpunktkugel angenommen. Die direkte Durchrechnung zeigt, dass die von dem Glas erzeugte Wellenfront (rot in Abbildung 3b) nach der Brechung durch die Linse des Auges in Wirklichkeit um +2,05 dpt von der Wellenfront des idealen Glases (grün in Abb. 3b) abweicht.

Für ein anderes Auge (myop, Refraktion von -4,00 dpt an der Scheitelpunktkugel) beträgt dieser Unterschied zwischen der Wellenfront des vollkorrigierenden Brillenglases und einem Brillenglas mit einem Refraktionsfehler von +1,00 dpt an der Scheitelpunktkugel dagegen in Wirklichkeit +1,50 dpt hinter der Augenlinse.

Verblüffend dabei ist zum einen die Größenordnung dieses Effektes. Zum anderen stellt man fest, dass das Verhältnis zwischen der Abweichung an der Scheitelpunktkugel und der Abweichung im Auge selbst (in den obigen Beispielen +2,05 dpt bzw. +1,50 dpt) nicht nur von der Fehlsichtigkeit, sondern auch vom individuellen Aufbau des Auges abhängt. Außerdem wird dieses Verhältnis von der Vergenz der das Brillenglas verlassenden Wellenfront und damit auch von der Addition sowie der Vergenz der auf das Brillenglas treffenden Wellenfront (und somit vom Objektabstand) beeinflusst.

Dieser Aspekt hat eine direkte Auswirkung auf die Brillenglasoptimierung, weil bei dieser die Abbildungsfehler aus verschiedenen Bereichen des Brillenglases, die für verschiedene Objektabstände gedacht sind, gegeneinander abgewogen werden. Eine Optimierung auf Basis der Sehbereiche, die tatsächlich wahrgenommen werden, führt also zu einem anderen Ergebnis als eine Optimierung an der Scheitelpunktkugel.

Wie sich das konkret bemerkbar macht, zeigen die Abbildungen 4a und 4b. Ohne DNEye PRO gelten die Sehbereiche eines Gleitsichtglases als ideal, wenn sie bei Bewertung an der Scheitelpunktkugel den Designvorgaben entsprechen (siehe Abb. 4a, grün dargestelltes Design im Glas). Betrachtet man jedoch die Abbildung auf der Netzhaut (siehe Abb. 4a, rot dargestelltes Design auf der Netzhaut), so muss man feststellen, dass mit Einbußen zu rechnen ist, weil die Sehbereiche auf der Netzhaut nicht mehr den Designvorgaben entsprechen. Deswegen werden bei der DNEye PRO Optimierung die Designvorgaben nicht mehr für die Scheitelpunktkugel, sondern direkt für das individuelle Auge angewendet, sodass das Design auf der Netzhaut wie gewünscht ankommt (Abb. 4b).

Damit entfällt eine Einschränkung für die Performance und die Verträglichkeit von Brillengläsern, der bislang wenig Aufmerksamkeit geschenkt wurde. Seit Einführung der Online-Optimierung von Brillengläsern hat Rodenstock zunächst 1999 durch die Wirkungsoptimierung den Einfluss der Wirkung (Stichwort „Basiskurveneffekt“) und dann ein Jahr später durch die Berücksichtigung der individuellen Parameter (Hornhautscheitelabstand, Pupillendistanz, Vorneigung und Fassungsscheibenwinkel) den Einfluss der Tragesituation kompensiert [19]. Mit DNEye Pro kommt nun ein weiterer, bisher unberücksichtigter Aspekt hinzu: der individuelle Aufbau des Auges.

Effekte in den Hauptdurchblickspunkten

Die obigen Überlegungen zeigen, dass sich Abbildungsfehler niedriger Ordnung (im Beispiel +1,00 dpt) im Auge anders auswirken als an der Scheitelpunktkugel und dass man, wenn man den individuellen Aufbau des Auges berücksichtigt, Fehler vermeiden kann, die das Design des Brillenglases im Auge anders ankommen lassen als gewünscht.
In den Hauptdurchblickspunkten scheint dies keine Rolle zu spielen, da Brillengläser dort ja vollkorrigierend sein sollen. Dass dies aber in Wirklichkeit nicht immer der Fall sein muss, wird klar, wenn man die Abbildungsfehler höherer Ordnung des Auges berücksichtigt.

Für jedes Auge gibt es am Ort der Scheitelpunktkugel eine gedachte, ideale Wellenfront, die zu einer aberrationsfreien Abbildung auf der Netzhaut führen würde. Für ein emmetropes Auge ist diese eben, bei sphärischer (bzw. zylindrischer) Fehlsichtigkeit wird sie kugelförmig (bzw. torisch). Die Abbildungsfehler höherer Ordnung führen zu einer zusätzlichen „Verbeulung“. Diese Krümmungen und Verbeulungen sind dabei genau so geformt, dass die Wellenfront, nachdem sie das Auge erreicht und an den brechenden Flächen gebrochen worden ist, hinter der Augenlinse kugelförmig wird und auf der Netzhaut in einem Punkt zusammenläuft. Diese Wellenfront wird im Weiteren als Referenzwellenfront bezeichnet und ist in den Abbildungen 5a und 5b grün eingezeichnet.

Ein optisches Korrektionsmittel, das alle Aberrationen des Auges korrigieren soll, müsste also eine eintreffende ebene Wellenfront in diese Referenzwellenfront überführen. Bekanntlich ist dies mit Brillengläsern aber prinzipiell nicht möglich. Was jedoch möglich ist, ist die sphäro-­zylindrische Wirkung des Glases so festzulegen, dass die Abbildung insgesamt – also auch unter Berücksichtigung der Abbildungsfehler höherer Ordnung des Auges – am schärfsten wird.

Bei DNEye wird diese beste sphäro-­zylindrische Kombination so gewählt, dass die Wellenfront des Lichts nach dem Durchgang durch das Glas am Ort der Scheitelpunktkugel möglichst gut an die Referenzwellenfront angepasst ist (DNEye Wellenfront, rot in Abb. 5a). Beim Durchgang durch Hornhaut und Augenlinse werden dieser Wellenfront die Abbildungsfehler höherer Ordnung der Bestandteile des Auges aufgeprägt. Untersucht man die Wellenfronten im Auge genauer, fällt auf, dass die DNEye Wellenfront und die Referenzwellenfront dort nicht mehr ganz genau zueinander passen, was eine Folge der Abbildungsfehler höherer Ordnung des Auges ist. Dieser Unterschied entspricht einem Refraktionsfehler (bzw. Astig­matismus) und macht sich als Zerstreuungskreis auf der Netzhaut bemerkbar (siehe Abb. 5a). Je nach Pupillengröße und Stärke der Abbildungsfehler höherer Ordnung des Auges können diese Abbildungsfehler bis zu einer zehntel Dioptrie und mehr betragen.

Diese Abweichungen können mit DNEye PRO vermieden werden. Dazu wird bei dieser neuen Technologie die DNEye PRO Wellenfront (blaue Wellenfront in Abb. 5b) direkt im Auge an die Referenzwellenfront (grüne Wellenfront in Abbildung 5b) angepasst. Für das Brillenglas wird nun die optimierte sphäro-­zylindrische Kombination berechnet, die diese DNEye PRO Wellenfront erzeugt. Dadurch wird die Abbildung mit DNEye PRO schärfer als bei Gläsern, die nur an der Scheitelpunktkugel optimiert werden.

„Diese Brille habe ich sehr gerne getragen“

In einer internen, entwicklungsbegleitenden physiologischen Studie zu DNEye PRO wurde untersucht, ob die in der Theorie beschriebenen Effekte auch in der Praxis für den Brillenträger relevant sind. Dazu wurden 20 Probanden mit jeweils zwei Brillen versorgt: mit Impression FreeSign 3 mit DNEye sowie mit Impression FreeSign 3 mit DNEye PRO. Es wurden sowohl objektive Tests als auch subjektive Befragungen durchgeführt. Bei der zusammenfassenden Frage „Diese Brille habe ich sehr gerne getragen“ schnitt bereits das Vergleichsglas mit dem bisherigen DNEye mit durchschnittlich 8,5 von zehn möglichen Punkten sehr gut ab. Das Glas mit DNEye PRO konnte dieses sehr gute Ergebnis jedoch noch überbieten. Mit durchschnittlich 9,6 Punkten erreichten die mit der neuen Technologie berechneten Gläser nochmal statistisch signifikant bessere Werte. Damit bestätigt sich, dass die neue DNEye PRO Technologie beim Brillenträger ankommt.

Die Vorteile von DNEye PRO kann der Augenoptiker dem Brillenträger mit dem Beratungsprogramm Rodenstock Consulting einfach und sogar anhand dessen individueller Daten zeigen. Dazu bietet ein entsprechendes Modul die folgenden drei Funktionen: Zum einen werden die gemessenen und berechneten Daten in einer schematischen Darstellung des Auges zusammengefasst. Außerdem kann mit Karten der Aberrationen und verschiedenen Szenen verdeutlicht werden, wie sich das Brillenglas durch die Berücksichtigung der Abbildungsfehler höherer Ordnung verbessert. Darüber hinaus erklärt eine Animation, wie die DNEye PRO Techno­logie funktioniert und die Performance von Brillengläsern weiter steigert.

Wie eingangs beschrieben, basiert die DNEye PRO Technologie auf der Kenntnis des individuellen Aufbaus des jeweiligen Auges. Zur Ermittlung der notwendigen Parameter dient der DNEye Scanner. Nach der Messung und der anschließenden subjektiven Refraktion können alle Ergebnisse in Rodenstock Consulting oder der Bestellsoftware WinFit Reference schnell und einfach zusammengeführt werden. Dort werden die optimierten DNEye PRO Bestellwerte für die Ferne und die Nähe berechnet und können bereits vor der Bestellung angezeigt werden.

DNEye PRO ist als Bestelloption für die Gleitsicht-, Nahkomfort-, Road-, Sport- und Einstärkengläser der Kategorien Rodenstock Perfection und Rodenstock Excellence erhältlich. Beim Premiumprodukt Impression FreeSign PRO [20] ist DNEye PRO bereits fester Bestandteil.

Fazit

Mit DNEye PRO kann erstmals in der Geschichte der Augenoptik die Abbildung des Brillenglases im individuellen Auge des Brillenträgers optimiert werden. Dadurch können Sehbereiche immer ideal auf der Netzhaut abgebildet werden: schärfstes Sehen ist garantiert. Damit bietet Rodenstock dem Augenoptiker eine einzigartige Technologie mit kommunizier- und erlebbarem Mehrwert. Dieser kann damit seine Kompetenz stärken und sich als Experte für bestes Sehen profilieren.

1 Aufgrund der Bedeutung seiner Erkenntnisse wurde Allvar Gullstrand 1911 für seine Arbeiten über die optischen Eigenschaften des Auges der Nobelpreis für
Physiologie und Medizin verliehen.

2 Nur mit DNEye Scanner 2 und 2+. Bei Verwendung des DNEye Scanner der ersten Generation wird für die Vorderkammertiefe auf modellbasierte Werte
zurückgegriffen.


Autoren: Dr. Stephan Trumm, Katrin Nicke, Daria Evdokimova und Dr. Wolfgang Becken
Die Autoren sind Mitarbeiter der Rodenstock GmbH im Bereich Research & Development and Strategic Marketing Lenses.

Das Literaturverezichnis können Sie hier abrufen.