Trockenes Auge am Bildschirmarbeitsplatz

Mann, der vor einem PC sitzt und sich die Augen reibt.
Gibt es einen Zusammenhang zwischem dem Trockenem Auge und der Bildschirmarbeit?
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Das Sehen an Bildschirmgeräten ist momentan weder im Privat- noch im Arbeitsbereich wegzudenken. In einer Untersuchung des Bundesverbands Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) wird deutlich, dass etwa 63 Prozent der deutschen Arbeitsplätze mit einem PC ausgerüstet sind. [1] Neben der beruflichen Belastung durch Bildschirmarbeitsplätze verbringen immer mehr Menschen auch im privaten Bereich ihre Freizeit am Bildschirm. Laut des statistischen Bundesamtes befinden sich in fast 90 Prozent der deutschen Haushalte Bildschirmgeräte wie Personal Computer, Notebooks, Smartphones und Tablets, mit denen jeden oder fast jeden Tag in 85 Prozent der Fälle das Internet genutzt wird. [2, 3] Neuere Studien in den USA haben ergeben, dass jeder erwachsene Bürger etwa zehn Stunden am Tag digitale Medien konsumiert. [4] Durchschnittlich 221 Mal am Tag wird in Großbritannien mit dem Smartphone interagiert. [5]

Nicht selten klagen Bildschirmarbeiter über Probleme bei ihrer täglichen Arbeit am PC. Besonders häufig treten neben Muskel-Skelett-Erkrankungen, die sich in erster Linie durch Rücken-, Nacken- und Schulterschmerzen äußern, Augenbeschwerden auf. [6] Für letztere hat sich vor allem in der englischsprachigen Literatur der Begriff des Computer Vision Syndroms (kurz CVS) oder in neueren Publikationen der Digital Eye Strain (DES) oder das Office Eye Syndrom (OES) etabliert. [7 – 9] Alle drei Begriffe beschreiben visuelle Probleme sowie Augenbeschwerden, die in Verbindung mit digitalen Anzeige­geräten gebracht werden können. Ferner werden aber auch Muskel-Skelett-Beschwerden wie Rücken-, Schulter- und Nackenschmerzen hinzugezählt, wenn deren Ursache in einer eingeschränkten Sicht und daraus resultierenden Zwangshaltungen zu suchen sind. [10, 11]

Die Bedeutung der Problematik wird durch die hohe Prävalenz von etwa 70 Prozent der Bildschirmarbeiter ersichtlich. [10] Dabei scheinen die Symptome des Computer Vision Syndroms die häufigste Beschwerdeart am Bildschirmarbeitsplatz zu sein und mit zunehmender täglicher Bildschirmzeit weiter anzusteigen. [12 – 15]
Druckgefühl im Auge, Kopfschmerzen, verschwommenes Sehen sowie trockene und gereizte Augen sind die am häufigsten genannten Probleme. Viele der Symptome des CVS sind sehr ähnlich zu den Symptomen des Beschwerdebildes des Trockenen Auges. In einer aktuellen Studie von van Tilborg et al. gaben etwa 33 Prozent der 505 Befragten an, ein dia­gnostiziertes Trockenes Auge zu haben, allerdings berichteten fast 70 Prozent der Stichprobe von einer Einschränkung bei täglichen Aktivitäten durch die Symptome des Trockenen Auges. [16] Umso erschreckender ist die Tatsache, dass über 70 Prozent der Personen mit Beschwerden angaben, keinen Experten zu konsultieren oder konsultiert zu haben. Häufig sehen die Beschäftigten nicht die Bildschirmarbeit als Ursache ihrer Beschwerden an. [10] Daher fehlt vielen eine geeignete Therapie, wobei diese in etwa 95 Prozent der Fälle eine Verbesserung der Situation nach sich ziehen kann. [17] Interessanterweise gaben über 90 Prozent der Bildschirmarbeiter an, dass sich die Beschwerden bei Abwesenheit vom Arbeitsplatz reduzieren.

Beschwerben bei der Bildschirmarbeit
Abb. 1: Visuelle und körperliche Beschwerden treten besonders häufig bei Bildschirmarbeitern auf.

Eine kontrollierte Studie an der medizinischen Hochschule Hannover über den Einfluss von Bildschirmarbeitsplätzen auf das Trockene Auge zeigte in diesem Zusammenhang folgende Ergebnisse:

  • Untersuchung der Raumklima-Faktoren:
    • Bei zehn Prozent der Bildschirmarbeitsplätze wurde eine Raumtemperatur über 26 Grad Celsius gemessen. Bei etwa der Hälfte der Arbeitsplätze lag die Luftfeuchtigkeit unter 29 Prozent. Ferner wurden bei 13 Prozent der Bildschirmarbeitsplätze Beleuchtungsstärken kleiner als 300 Lux ermittelt.
  • Untersuchung objektiver Kriterien zur Inzidenz des Trockenen Auges:
    • Bei Studiengruppe (Bildschirmarbeiter, n = 161) sowie Kontrollgruppe (keine Bildschirmarbeiter, n = 65) wurden folgende vier Kriterien (Schaumbildung an Lidkante, höhere Lipcof Grade, Tränenfilmaufrisszeit < 10 s, Schirmer-Test mit Tränenmenge > 10 mm in 5 min) zur Diagnose des Trockenen Auges einbezogen. Im Vergleich zur Kontrollgruppe zeigten 74,5 Prozent der Bildschirmarbeiter ein signifikant Trockenes Auge. [18]

Weitere, nicht immer offensichtliche Faktoren begünstigen Symptome des Trockenen Auges bei der Bildschirmarbeit. Dies ist zum einen der Lidschlag, aber auch der, im Vergleich zum normalen Lesen eines Buches veränderte Blickwinkel zu einem Computerbildschirm. Da im Gegensatz zum Lesen die Augen bei Arbeit an Bildschirmen nicht oder weniger stark nach unten gerichtet sind, vergrößert sich entsprechend die Lidspalte. Es ergibt sich eine größere Verdunstungsfläche des Tränenfilms. [19 – 21] Ferner ist bekannt, dass die Lidschlagfrequenz bei Bildschirmarbeit stark reduziert ist. [22 – 24] Normalerweise blinzeln Menschen etwa neun bis 13 Mal pro Minute. [25] Durch die gesteigerte Konzentration sowie die fehlenden Wechsel in der Blickrichtung wird die Lidschlagfrequenz auf bis zu unter fünf Lidschläge / Minute verringert. [26] Zusätzlich konnte nachgewiesen werden, dass Bildschirmarbeiter viele inkomplette Lidschläge durchführen und eine geringere Tränenproduktion haben. [27, 28] Die gleichmäßige Benetzung der Hornhaut des Auges ist eine Voraussetzung für beschwerdefreies und scharfes Sehen. Regelmäßige Lidschläge sorgen für eine gleichmäßige Verteilung des Tränenfilms. Bei einer reduzierten Lidschlag­frequenz sowie inkompletten Lidschlägen wird der Schichtaufbau des Tränenfilms gestört und verdunstete Abtrocknungs­zonen werden nicht neu benetzt. Es kommt zu unscharfem Sehen und den typischen subjektiven Beschwerden. [19, 29]

Vor dem Hintergrund der vielfältigen Studien zur Meibom-Drüsen-Dysfunktion (MDD) konnte Fenga et al. 2008 folgenden Zusammenhang nachweisen: Bei 75 Prozent der Testpersonen mit Sehproblemen am Bildschirmarbeitsplatz wurde eine Meibom-Drüsen-Dysfunktion (MDD) diagnostiziert. [30] Der Schweregrad korreliert mit der Zeit, die vor dem Bildschirm verbracht wird. Unklar ist, ob eine Dysfunktion durch Bildschirmarbeit erst entsteht, oder ob eine bereits vorhandene Erkrankung verstärkt wird.
In der Osaka-Studie konnte herausgefunden werden, dass Frauen im Alter von über 30 Jahren von der Problematik der Trockenen Augen stärker betroffen sind als Männer, zudem nehmen Frauen die Einschränkung durch das Trockene Auge scheinbar stärker wahr. [16, 31]

Rahmenbedingungen für die Arbeit an Bildschirmen
Abb. 2: Gesetzliche Rahmenbedingungen für die Arbeit an Bildschirmen in der EU und in
Deutschland. Die Bildschirmarbeitsverordnung wurde im Dezember 2016 in die
Arbeitsstättenverordnung überführt. (Grafik: GGUV [38])

Moderne Tränenfilmdiagnostik in der Praxis

Die Vielschichtigkeit des Sammelbegriffs „Trockenes Auge“ aufgrund der unterschiedlichsten Beschwerdebilder und unterschiedlichsten Ursachen ist gerade in den vergangenen Jahren Gegenstand vieler Forschungsbemühungen und Publikationen. [41, 42] Dieser Umstand erfordert allerdings eine differenzierte Vorgehensweise bei der Wahl der zur Verfügung stehenden Tränenfilmtests und diagnostischen Maßnahmen. Standardisierte Verfahren zur Tränenfilmbeurteilung müssen diesen unterschiedlichen Ursachen gerecht werden. Eine ausführliche Tränenfilmanalyse schließt somit immer mehrere Tests ein. Bereits in den 1990er Jahren wurde unter anderem von Lemp und Mitarbeiter vorgeschlagen, unterschiedliche diagnostische Verfahren auf fünf Hauptkategorien des Trockenen Auges anzuwenden. [43]

  • Kategorie 1: Mangel an wässriger Phase
  • Kategorie 2: Defizit der Muzinkomponente
  • Kategorie 3: Defizit der Lipidkomponente
  • Kategorie 4:Störfaktoren durch Veränderung der Lidkante und Meibomdrüsen
  • Kategorie 5: Epitheliopathien der Hornhaut

Ohne größeren zeitlichen und apparativen Aufwand sind Anamnese, Spaltlampenbeurteilung der Lider, des Tränenmeniskus, der lidrandparallelen konjunktivalen Falten und Fluoreszein­erscheinungen des Hornhaut- und Bindehautepithels möglich. [44] Hiermit wird nicht nur die Verdachtsdiagnose wahrscheinlicher, sondern es ergeben sich bereits Hinweise auf einen Volumenmangel oder eine gestörte Lipidkomponente des Tränenfilms. [41] Werden Auffälligkeiten festgestellt, müssen nachfolgend weitere zusätzliche Untersuchungen eingesetzt werden.

Die quantitative und qualitative Beurteilung des Tränenfilms ist neben der subjektiven Evaluierung der Beschwerden der wichtigste Bestandteil zur Diagnose des Trockenen Auges. Die Tränenfilmbeurteilung kann mit neuen technischen Geräten wie zum Beispiel einem Osmometer oder auch multifunktionellen Topographiesystemen erweitert werden. Unabhängig vom verwendeten Untersuchungsinstrument sollte die Testreihenfolge von nicht- beziehungsweise wenig-invasiven Testverfahren hin zu invasiven aufgebaut werden. [45]

Dabei ist zu berücksichtigen, dass es zum Beispiel durch längere Lichtexposition oder durch das Einlegen eines Schirmer-Papierstreifens zur reflektorischen Produktion von Tränenflüssigkeit kommt, wodurch das Ergebnis verfälscht werden kann. (Dennoch hat der Schirmer-Test bei Verdacht auf das Sjögrens-Syndrom seine gerechtfertigte Anwendung.) Dies gilt auch für die Applikation von fluoreszeinhaltigen oder anästhesierenden Augentropfen.

Quantitative Tests liefern Aussagen über die produzierte Tränenmenge in einer bestimmten Zeit sowie über das im Bereich der geöffneten Lidspalte befindliche Tränenvolumen. Die Menge des Tränenfilms ist abhängig von der Produktion, der Verteilung und dem Abfluss der Tränenflüssigkeit. Qualitative Testverfahren liefern Aussagen über die Stabilität und die Zusammensetzung des Tränenfilms. Die Tests geben zum Teil Aufschluss über die Eigenschaften der einzelnen Phasen
der Tränenflüssigkeit. Die Beurteilung der Qualität des Tränenfilms ist für die Kontaktlinsenanpassung von besonderer Bedeutung.
Durch den Einsatz moderner Untersuchungsgeräte wie zum Beispiel multifunktioneller Topographen sowie Osmometer in Kombination mit der Spaltlampe, kann eine ausführliche Tränenfilmanalyse durchgeführt werden. [41]

Aufgrund der hohen Bedeutung von Tränenfilmtests, sowohl in der augenärztlichen Praxis als auch in einer Kontaktlinsenabteilung, haben sowohl die Gerätehersteller als auch die Pharmaindustrie eine Reihe von nützlichen Hilfsmitteln zur Unterstützung der Patientenkommunikation auf den Markt gebracht. Von kurzen subjektiven Selbsttests bis hin zu Analyseverfahren über Dry-Eye-Apps oder neuartigen Tränenfilmauswertungen (Jenvis DryEyeReport) können dem Betroffenen über diese Kommunikationshilfen der Tränenfilmstatus sowie die möglichen Therapien erklärt und visualisiert werden.

Kontaktlinsen am Bildschirmarbeitsplatz

In der Literatur sind einige Studien beschrieben, die die Verwendung von Kontaktlinsen während andauernder Bildschirmarbeit mit einer Verstärkung der Symptome des Computer-­Vision-Syndroms, allen voran das Trockene Auge, in Verbindung bringen. [46 – 48] In einer aktuellen Querschnittsstudie von Tauste et al. wurden 426 Bildschirmarbeiter (22 Prozent davon Kontaktlinsenträger) bezüglich des Computer-Vision-Syndroms (CVS) analysiert. [49] Zur Befundung des CVS wurde der neue und evaluierte Fragebogen „Computer Vision Syndrom Questionnaire“ (CVS-Q) verwendet. [50] In der Analyse der Prävalenz des CVS konnten die Forscher zeigen, dass diese bei Kontakt­linsenträgern etwa 15 Prozent höher ist als bei Brillenträgern (65 Prozent zu 50 Prozent). Bei der Unterscheidung in Hydrogele sowie Silikon-Hydrogele (SiHy) konnte nachgewiesen werden, dass die Wahrscheinlichkeit an CVS-­Problemen zu leiden bei Trägern von SiHy-Linsen etwa doppelt so hoch ist wie bei Nichtträgern. Allerdings gibt es eine Vielzahl an verschiedenen Linsentypen innerhalb der jeweiligen Gruppen, die sich neben der Sauerstoffdurchlässigkeit vor allem in der Benetzbarkeit (siehe Abb. 3) sowie Lubrizität massiv unterscheiden, sodass eine solche generelle Aussage ohne Bezug auf die untersuchten Materialien leider nur wenig belastbar ist. Ferner muss beachtet werden, dass die Forscher weitestgehend nur auf die Symptome des Trockenen Auges eingegangen sind und das Ergebnis der Studie daher nur bedingt auf das Gesamtbild des CVS übertragbar ist.

Tränenfilmhexagram
Abb. 3: Tränenfilmhexagram ©K5M / JenVis Dry Eye Report

Leider gibt es bisher keine Untersuchungen, die auch das verwendete Pflegemittel sowie die Compliance des Anwenders in Kombination mit der Kontaktlinse am Bildschirmarbeitsplatz berücksichtigen. Dabei ist bekannt, dass beides einen entscheidenden Einfluss auf die Benetzbarkeit der Kontaktlinsenoberfläche hat. [51, 52] Auch die Korrektion der Presbyopie mit Kontaktlinsen am Bildschirmarbeitsplatz ist bisher nicht hinreichend untersucht. Zwar wurden zum Beispiel in der erwähnten Studie von Tauste et al. verschiedene Altersgruppen (35 bis 45 Jahre sowie > 45 Jahre) analysiert, allerdings wurde nicht beschrieben, ob und wie eine Korrektion der Presbyopie vorgenommen wurde. Gerade die vielen Möglichkeiten der Presbyopiekorrektion mit einer Kontaktlinse, die alle ihre spezifischen Vor- und Nachteile haben, können das Computer-­Vision-Syndrom und Muskel-Skelett-Beschwerden auch positiv beeinflussen. Man denke im Vergleich zum Beispiel an die Zwangshaltung (Kopfanhebung), die ein presbyoper Bildschirmarbeiter mit einer Gleitsichtbrille einnehmen muss, um den Bildschirm auf dem Schreibtisch scharf sehen zu können. [53 – 55, 9] Ob und in welchem Rahmen die Kontaktlinse auch für dauerhaftes Tragen am Bildschirm geeignet ist, muss Gegenstand weiterer Forschung sein.

Augn mot Kontaktlinsen
Abb. 4: Benetzungsverhalten verschiedener Kontaktlinsen zum gleichen
Zeitpunkt; gemessen mit einer Modifikation der noninvasive Keratograph tear
breakup time (NIKBUT) Messmethodik des Keratograph 5M. ©K5M / Oculus
Optikgerate GmbH

Empfehlungen und nützliche Hinweise

In einem sehr ausführlichen Review Paper von Wolkoff et al. sowie dem neuen Fachbuch „Das Trockene Auge“ werden viele nützliche Hinweise für eine verbesserte Situation am Bildschirmarbeitsplatz gegeben:

Veränderungen der Raumbedingungen

Diverse Studien haben gezeigt, dass eine Erhöhung der Luftfeuchtigkeit im Büro von unter 30 Prozent auf 40 Prozent eine Verbesserung der Symptome des Trockenen Auges für die Beschäftigten erzielte. Dazu sollte die Temperatur etwa 17 bis 20Grad Celsius betragen. Gegebenenfalls sollte die Verwendung eines Luftbefeuchters in Betracht gezogen werden. [56] Zusätzlich gilt es auf Luftverschmutzung in Büroräumen zu achten. Der (Laser-) Drucker oder Kopierer sollte in einen abgetrennten Raum verschoben worden. Zum einem wird dadurch die Feinstaubbelastung erheblich reduziert, zum anderen wird die Bildschirmarbeit für einen kleinen Weg unterbrochen. [57 – 59] Durch mehrfaches tägliches Lüften der Büroräume soll die Luftqualität in den Büroräumen verbessert werden. Es sollte darauf geachtet werden, dass keine Abgase durch Straßenverkehr oder Bauarbeiten zu einer Verstärkung der Luftverschmutzung führen. In diesem Zusammenhang ist es besonders interessant, dass in der bereits erwähnten Studie von Tilborg et al. über 60 Prozent der Befragten kein Fenster im Büro öffnen konnte und fast 60 Prozent der Räume klimatisiert waren. [16] Auf Rauchen, vor allem in geschlossenen Räumen, sollte verzichtet werden. [60] Ferner wirken sich Luftzüge negativ auf den Tränenfilm aus, daher sollte eine direkte Zugluft oder Gebläse im Kopfbereich möglichst vermieden werden. Letztlich kann das Raumklima auch durch Grünpflanzen verbessert werden. Durch den Verbrauch von Kohlendioxid und der Abgabe von Sauerstoff an die Luft helfen Grünpflanzen, das Raumklima zu verbessern. Besonders Grünpflanzen mit einer großen Blatt­oberfläche begünstigen diesen Effekt.

Hinweise für Kontaktlinsenträger

Aufgrund der Vielzahl an verschiedenen Kontaktlinsen auf dem Markt, gilt es für den Bildschirmarbeiter das für ihn geeignete Material herauszufinden. Wolkoff et al. empfehlen Silikonhydrogel-Kontaktlinsen für Personen, bei denen eine Störung der wässrigen Phase vorliegt und formstabile Linsen bei Personen mit einer Störung der Lipidphase. [21] Neben der Auswahl des richtigen Materials gilt es auch, ein geeignetes Pflegemittel zu kombinieren. Untersuchungen zeigen, dass konservierungsmittelfreie Peroxid-Systeme, die im Vergleich zu anderen Pflegemittelsystemen eine gleichmäßigere Benetzung gewährleisten, zu verwenden sind [63]. Ferner sollten Kontaktlinsenhygiene und Handhabung des Betroffenen überprüft und gegebenenfalls optimiert werden. Eventuell kann sich auch die Umstellung auf Tageskontaktlinsen als hilfreich erweisen. Die Verwendung eines konservierungsmittelfreien Tränenersatzmittels während der Bildschirmarbeit (vor allem in klimatisierten Räumen) hat sich ebenfalls als wirksam und hilfreich erwiesen. Bei einer stärkeren Ausprägung des Trockenen Auges sollte zudem eine Reduzierung der täglichen (in Stunden) und wöchentlichen (in Tagen) Tragezeit in Erwägung gezogen werden.

Allgemeine Hinweise

Mann blickt auf den Bildschirm
Abb. 5: Abwärtsschauender Blick am Bildschirmarbeitsplatz ist nicht nur aus
ergonomischer Sicht sinnvoll.

Unabhängig von zahlreichen Verbesserungsmöglichkeiten der Ergonomie, Pausenhäufigkeit und -gestaltung sowie Augenentspannungsmöglichkeiten und Yoga für die Augen, die einen zusätzlichen Artikel füllen würden, gibt es auch ein paar Hinweise allgemeiner Natur, die speziell Nutzern mit Trockenen Augen weiterhelfen können.
In Hinblick auf das Trockene Auge bietet es sich an, bewusst Zwinkern und Blinktraining durchzuführen sowie den Wasserkonsum zu steigern. [18, 21, 56] Regelmäßige Pausen sind unabdingbar. [21] Sogar in der Publikumspresse sowie im Internet, in sozialen Netzwerken und Blogs wird derzeit immer häufiger von der 20-20-20-Regel berichtet, also alle 20 Minuten für 20 Sekunden auf ein mindestens 20 Fuß (etwa sechs Meter) entferntes Objekt schauen. Ferner sollte mit Make-up vorsichtig umgegangen und auf eine regelmäßige Lidrandhygiene geachtet werden. [21, 41, 61] Auch die Zugabe von Omega-3-­Fettsäuren scheint eine Verbesserung zu erzielen. [21, 61] Sofern möglich, sollte der Monitor so aufgestellt werden, dass ein abwärtsschauender Blick realisiert wird. Das ist nicht nur aus ergonomischer Sicht sinnvoll, sondern verkleinert zudem die Lidspalte und somit die Verdunstungsrate des Tränenfilms. [21] Letztlich sollte auch der Besuch bei einem Augenarzt in Betracht gezogen werden. Das Trockene Auge kann auch durch Entzündungen oder Nebenwirkungen von anderen Medikamenten ausgelöst werden.

Zusammenfassung

Die Bildschirmtätigkeit kann die Symptomatik Trockenes Auge auslösen beziehungsweise verstärken. Häufig sind Umfeldbedingungen wie geringe Luftfeuchtigkeit und zu hohe Raumtemperatur in Verbindung mit reduzierter Lidschlagfrequenz die Auslöser. Im Rahmen der G37 Bildschirmarbeitsplatzuntersuchung sind bislang Untersuchungen zum Tränenfilm nicht beinhaltet, obwohl dies eines der Hauptprobleme am Bildschirmarbeitsplatz darstellt.


Gesetzliche Rahmenbedingungenfür die Arbeit am PC

Die rechtliche Grundlage für die Arbeit am Bildschirm bildet die Rahmenrichtlinie 89/391/EWG, welche die Mindestanforderungen an den Arbeitsschutz für alle Mitgliedsstaaten der EU festlegt (siehe Abb. 2).

Durch spezielle Richtlinien für „Arbeitsstätten“ (89/654/EWG), „Arbeits­mittelbenutzung“ (2009/104/EG) und „Bildschirm“ (90/270/EWG) werden alle Bereiche der Arbeitswelt abgedeckt. Durch die Verpflichtung der Arbeitgeber zu technischer Sicherheit und allgemeiner Prävention von Gesundheitsschäden schafft die Richtlinie ein einheitliches Niveau für alle Arbeitnehmer. Eines der Schlüsselelemente ist die regelmäßige Gefahren­einschätzung und -neubewertung, die den Arbeitnehmer auch bei veränderten Arbeitsbedingungen durch technische Innovationen vor Gefahren schützen soll. Durch die Rahmenrichtlinie wurde eine erhebliche Verbesserung der Rahmenbedingungen für Arbeitnehmer in Europa realisiert. [32]

Bis 1992 mussten die EU-Richtlinien in nationales Recht übernommen werden. Dabei steht es den Einzelstaaten jedoch frei, die Bestimmungen strenger zu gestalten. In der deutschen Gesetzgebung bildet das Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) die Basis der gesetzlichen Vorgaben. [33] Die Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) und die Arbeitsmedizinische Vorsorgeverordnung (ArbMedVV) sind – oder waren bis vor kurzem – als Umsetzung der Bildschirmrichtlinie 90/270/EWG im Arbeitsschutzgesetz verankert. [34, 35] Darin sind genaue Vorschriften über Mobiliar, technische Ausstattung und Einrichtung des Bildschirmarbeitsplatzes und der Arbeitsumgebung enthalten. Aber auch Mindestanforderungen an Softwaregestaltung und Arbeitsorganisation werden vorgegeben, um erhöhten psychomentalen und kognitiven Belastungen vorzubeugen.

Tatsächlich ist die Bildschirmarbeitsverordnung fa stauf den Tag genau 20 Jahre nach ihrer Erlassung am 3. Dezember 2016 außer Kraft getreten und ging inhaltlich leicht aktualisiert in den Abschnitt 6 „Maßnahmen zur Gestaltung von Bildschirmarbeitsplätzen“ der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) auf. [36, 37] Aufbauend auf den Gesetzestext lohnt ein Blick auf die konkretisierende Information 215-410 (ehemals BGI 650): „Bildschirm- und Büroarbeitsplätze“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). [38] Im Rahmen der Arbeitsmedizinischen Vorsorgeverordnung wird der Arbeitgeber verpflichtet, seinen Angestellten vor Antritt der Arbeitsstelle und dann in regelmäßigen Abständen eine angemessene ärztliche Untersuchung anzubieten gemäß dem Grundsatz G37 der DGUV. [39, 40] Die G37-Verordnung hat das Ziel, Schäden zu verhindern beziehungsweise frühzeitig zu erkennen. Eine Untersuchung des Tränenfilms ist aber bisher kein fester Bestandteil dieser Untersuchungen.


Autoren:

Prof. Wolfgang Sickenberger, Dipl.-Ing.(FH), M.Sc. Optom. (USA); Lehrgebiete: Optometrie, Kontaktlinsentechnik und -anpassung, Physiologische Optik, Wissenschaftliches Arbeiten, Marketing und Unternehmensführung an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena

Oliver Kolbe, M-Eng., Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ernst-Abbe-Hochschule Jena

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Literaturverzeichnis: online unter www.doz-verlag.de