Optometrische Geschäftsmodelle: „Brillen Müller“

Optometrische Untrsuchung bei einer Kundin
Andreas Müller: „All-in-One- Geräte sind praktisch und zeitsparend."
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Optometrie als Zusatzangebot – muss man immer „Vollgas“ geben? Auch Andreas Müller hat sich dem Thema „optometrische Geschäftsmodelle“ angenommen: Der zweite Vorsitzende des Südwestdeutschen Augenoptik-Verbands (SWAV) ist Geschäftsführer von „Brillen Müller – Ihr Optometrist in Spiesen-Elversberg“ im Saarland. Mit Optometrie zum Brillenmehrverkauf – was ist sein Erfolgsrezept?

Müller setzt ebenfalls darauf, optometrische Dienstleistungen in den Geschäftsablauf zu integrieren: „Das fängt bei der Refraktion an und endet bei spezieller Beratung oder dem Verweis an Mediziner.“ Während oder nach der Refraktion bietet er ein optometrisches Screening an, auf Augengesundheit und Auffälligkeiten. Der Kunde wird zunächst während einer ausführlichen Anamnese nach Besonderheiten befragt, medizinischen Behandlungen, Medikationen und ähnlichem. „Das verschafft bereits einen Überblick darüber, wo Schwerpunkte für das Screening liegen könnten. Und dann kann man loslegen“, sagt Müller: Optometrische Funktionsprüfungen wie Motilität, Augenfolgebewegung, Versions- und Vergenz-Sakkaden, Konvergenz Nahpunkt, Abdeckteste, Pupillenteste, Binokularsehen, Dämmerungssehen, Farbsehen, Blendempfindlichkeit, Adaptation, Irismotorik und Kontrastwahrnehmung seien nur einige der Tests, die in Frage kommen. Müller gestaltet dies „variabel“ je nach Bedürfnissen des Klientels.

„Lebenslanges Lernen ist angesagt“

Von einem Erfolgsmodell möchte der gelernte Augenoptikermeister und Optometrist (ZVA) zwar nur verhalten sprechen: „Leben können wir von der Optometrie alleine noch nicht.“ Den Löwenanteil des Umsatzes generiere die Anfertigung und der Verkauf von Sehhilfen. Aber: „Es ist ein interessantes Zusatzgebiet und wird mit der Zeit immer besser angenommen.“ Langsam würde sich auch die Optometrie betriebswirtschaftlich bemerkbar machen. „Wenn man Entsprechendes anbietet, darf man aber nicht erwarten, dass man von heute auf morgen das Geschäft voller Interessenten hat. Es entwickelt sich bisher mit zunehmenden Erfolg.“ Müller befindet sich nun im sechsten Jahr, „… und so langsam wird’s interessant“, konstatiert er. Man sollte entsprechende Dienstleistungen einfach zusätzlich zur Brillenglasrefraktion offerieren. Welche, das richte sich schlussendlich nach der Ausrichtung und Philosophie des Betriebs sowie dem Fachwissen des Personals.

Müller setzt auf Fort- und Weiterbildung: „Lebenslanges Lernen ist angesagt. Alles andere zählt nicht“, erklärt er. Seine Ausbildung: vom Gesellen über den Meister zum Optometrist (ZVA), dazu regelmäßige Fort- und Weiterbildungen. Man dürfe nicht davon ausgehen, dass man mit einer vor 31 Jahren abgeschlossenen Meisterprüfung für den heutigen Markt fit sei. „Ich lerne jeden Tag dazu“, berichtet Müller, der seine Ausbildung mit 14 Jahren im väterlichen Betrieb begann.

Welche Zielgruppe ist affin für Optometrie?

Ebenfalls ganz vorne mit dabei: die Frage nach der Preisgestaltung. Insbesondere am Anfang ein sensibles Thema – ohne Praxiserfahrung. Müller habe Tests anfänglich über die Refraktionskosten abgerechnet. „Mittlerweile sind die optometrischen Dienstleistungen mit Preisen versehen. Derzeit sind wir daran, aus gemachten Erfahrungen Screening-Pakete auszuarbeiten und zu kalkulieren.“ Betriebswirtschaftlich sinnvoll und attraktiv sollten die Preise sein – ein Spagat. Müller weiß: „Utopische Preise für eine optometrische Untersuchung wird kaum die Akzeptanz bei der angestrebten Klientel fördern.“ Auch der Umfang der Untersuchung und damit die Dauer spielen für die Akzeptanz bei den Kunden eine wichtige Rolle. Für eine ausführliche Refraktionsbestimmung mit anschließendem optometrischem Screening kommt man schnell auf eine Stunde Gesamtzeit. „Da stellt sich alsbald die Frage: Komplette Refraktion / Untersuchung oder Teilung in zwei Termine? Das wiederum kommt auf die Klientel an.“

Ab Mitte des 40. Lebensjahres würde das Interesse an „guter Sicht“ größer, entsprechend auch die Bereitschaft wachsen, in höherwertige Sehhilfen zu investieren. Müller: „Es gibt zwar auch junge Leute, die sich dafür begeistern. Die sind aber nicht so zahlreich wie die mittleren und älteren Jahrgänge.“ Wichtig beim Anbieten von optometrischen Dienstleistungen sei die Abgrenzung. Häufig wird die Tätigkeit des Optometristen mit der eines Mediziners assoziiert. „Da muss man ganz klare Grenzen ziehen und beibehalten“, so Müller. Konkret bedeutet das: „Immer verdeutlichen, dass wir screenen und bei Auffälligkeiten an einen Mediziner überweisen.“

Der Optometrist im Einsatz für die Volksgesundheit: Er findet Auffälligkeiten und sorgt für eine frühestmögliche Diagnose und Behandlung durch den Mediziner. In solchen Fällen gibt’s dann auch erstmal keine Sehhilfe, erklärt Müller: „Meine weitere Versorgung mit Sehhilfen erfolgt erst, wenn eine entsprechende Abklärung erfolgt ist. Mache ich weiter, obwohl ich weiß, da ist eine Auffälligkeit, stehe ich mit einem Fuß in etwas, wo ich nicht hingehöre.“ Dabei sei genau das bei optometrischen Tätigkeiten die Herausforderung: Veränderungen früh- und rechtzeitig erkennen und entsprechend bewerten.


Kurzinterview mit Andreas Müller: „Gefühl für Qualität und Wertigkeit vermitteln“

Welche Geräte und Instrumente verwenden Sie, um optometrische Dienstleistungen anzubieten?

Andreas Müller
Andreas Müller, Geschäftsführer von „Brillen
Müller – Ihr Optometrist in Spiesen-Elversberg“ ©SWAV

 Andreas Müller: Es fängt mit einer umfassenden Refraktionsausstattung an. Darüber hinaus arbeite ich mit bildgebendem Spaltlampenmikroskop, Macular Mapping Test, Handophtalmoskop sowie auch bildgebendem Pan-Ophtalmoskop, Ophtalmometer, Keratograph, Autorefraktometer und einem Skiaskop zur gelegentlichen manuellen objektiven Voruntersuchung. Auch ein breites Prismensortiment sowie abgestufte Farbfilter sind im Einsatz.

Was fehlt Ihnen noch zur perfekten Ausstattung?

Eine Funduskamera steht auf der Wunschliste, wird aber zugunsten eines neuen, großen Refraktions- und Untersuchungsraumes noch etwas warten müssen. Zudem das Pan-Ophtalmoskop eine praktikable Alter native zur Funduskamera darstellt.

Gehört zum Angebot nicht auch ein gewisses Erlebnis dazu?

Mit Sicherheit. All-in-One-Geräte sind praktisch und zeitsparend. Es ist aber für die Klientel schwer nachvollziehbar, warum es zig Euro kosten soll, nur weil der Augenoptiker auf einen Knopf gedrückt hat. Einzelne, spezialisierte Geräte entfalten diesbezüglich eine andere Wirkung und Wahrnehmung. Bemerkt die Klientel, dass der Optometrist viele verschiedene Dinge überprüft und misst, entsteht ein Gefühl für die Qualität und Wertigkeit. Und dieses Erlebnis sollte unbedingt vermittelt werden.

Viel hilft demzufolge viel?

Man kann die Gerätschaften ausweiten bis zur Klinikausstattung, muss sich dabei aber stets fragen, inwieweit die Investitionen mit der Erfolgsprognose vereinbar sind.

Also funktioniert Ihr Betrieb mit der gegebenen Ausstattung?

Sehr gut. Wir sitzen zwischen zwei Mittelstädten im Saarland, und mittlerweile erweitert sich unser Einzugsbereich über die Landesgrenzen hinaus. Hauptsächlich aufgrund von Mund-zu-Mund-Empfehlungen. Und die sind mir die Liebsten!

Autor: Benjamin Weber