Jahresbilanz mit Josef May und Thomas Truckenbrod Von hellblauen, mittelblauen und dunkelblauen Augen
21.12.2020
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Die Augenoptik ist - je nach Sichtweise - mit einem hellblauen, mittelblauen oder dunkelblauen Auge bisher durch die Corona-Krise gekommen.
DOZ: Die Corona-Pandemie war im nun ablaufenden Jahr das vorherrschende Thema. Herr May, die Krise hat in manchen Branchen schon früh ganze Lieferketten unterbrochen. Wie bewerten Sie den Anfang 2020 für die Industrie?
Josef May: Es gab aus Verbandssicht keine großen Unterbrechungen der Lieferketten. Die Glasversorgung in Deutschland war jederzeit gewährleistet, es hatte sicher kein Kunde Probleme, Gläser zu beziehen. Auch bei den Brillenfassungen waren im Regelfall die Lager relativ gut gefüllt. Da war es relativ unproblematisch, dass in Asien die Produktion für sechs bis acht Wochen stillgestanden hat. Schließlich ist eine Brillenfassungsproduktion ein lange laufender Prozess, der nicht von Just-in-time-Lieferungen lebt. Bei Silhouette haben wir zum Beispiel Titan-Vorräte für die nächsten sechs bis zwölf Monate. Die im ersten Lockdown geringe Nachfrage bei Fassungen konnte also ab Lager bedient werden, die Gläser wurden auf Bestellung produziert, mit Blanks die fast ausschließlich im DACH-Raum hergestellt werden.
Herr Truckenbrod, wie sind die Augenoptiker aus Ihrer Sicht bisher durch die Krise gekommen?
Thomas Truckenbrod: Wir sind mit einem hellblauen Auge davongekommen, wobei die Färbung des Auges durchaus unterschiedlich ausgeprägt ist. Schließlich haben einige Betriebe bis heute Schwierigkeiten – ungeachtet der Lage und trotz größter Bemühungen. Durch das Veröden der Innenstädte hatte ich vermutet, dass gerade Geschäfte in 1-a-Lagen größere Probleme haben, aber laut unserer aktuellen Umfrage Mitte November lässt sich kein signifikanter Zusammenhang zwischen 1-a- und 2-b-Lage erkennen. Die Entwicklung ist überall ähnlich – aber auch ähnlich gespreizt. Betriebe, die ihren Fokus auf Dienstleistung gelegt haben, waren weiterhin sehr gefragt, während Unternehmen, die in erster Linie über Stückzahlen erfolgreich sind, eher eine Zurückhaltung verspürt haben. Ungeachtet des Dezembers rechnen wir für die Branche mit einem Minus von rund vier Prozent für 2020.
Bei einigen Augenoptikern herrschte beim ersten Lockdown Verunsicherung, ob sie öffnen dürfen oder schließen müssen – das war auch auf Seiten diverser Ordnungsämter so. Warum ist die Zuordnung des Augenoptikers zum Gesundheitshandwerk so schwierig?
Truckenbrod: Schwierig nicht unbedingt, aber es stimmt, in einigen Kommunen hat es geholpert. Wir als Verband und auch die Landesinnungen haben sich zeitnah an die entsprechenden Behörden gewendet, da im Fall der Augenoptik einigen Ordnungsämtern nicht bewusst war, dass wir zu den Gesundheitshandwerken gehören.
Anfang Oktober hat der ZVA daher auch die Forderung an das Gesundheitsministerium gestellt, den Augenoptiker auf die bundesweit einheitliche Liste von systemrelevanten Berufsgruppen aufzunehmen. Gab bisher eine Rückmeldung von der Regierung?
Truckenbrod: Nein, bisher nicht. Im zweiten Lockdown sind wir wie systemrelevante Berufsgruppen behandelt worden, etwas Schriftliches dazu haben wir aber bisher nicht.
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