Okustim: Interdisziplinäre Hilfe bei Retinopathia pigmentosa Therapie verlangsamt Progression der Gesichtsfeldeinschränkung

Retitinopathia pigmentosa ist die häufigste vererbte Netzhautdystrophie. Durch eine neue Therapieform kann der bestehende Zustand des Patienten oder der Patientin stabilisiert werden.

© Okuvision

Erstveröffentlicht in der DOZ 03I23

Retitinopathia pigmentosa (RP) oder veraltet auch Retinitis pigmentosa ist die häufigste vererbte Netzhautdystrophie. In den frühen Stadien der Krankheit verursacht der Verlust der Stäbchen (Photorezeptoren der peripheren Netzhaut) Gesichtsfelddefekte und eine Abnahme des Nachtsehens. Im Verlauf zeigt sich ein fortschreitender Verlust des peripheren und schließlich des zentralen Gesichtsfelds. Mit dem Fortschreiten der Krankheit werden auch die Zapfen (Photorezeptoren der Netzhautmitte) in Mitleidenschaft gezogen und die Sehschärfe am Tag verschlechtert sich ebenfalls.

Auch wenn die zentrale Sehschärfe anfangs erhalten bleiben kann, wird der Betroffene durch die kontinuierliche Einschränkung von außen nach innen bis hin zu einem Flintenrohrgesichtsfeld orientierungsblind. Bis auf wenige Ausnahmen – invasive Genund Stammzelltherapien im Entwicklungsstadium bei bestimmten genetischen Formen der RP – gibt es keine Behandlung, sodass etwa die Hälfte der Patienten im Alter von 55 Jahren aufgrund von degenerativen Prozessen in der Netzhaut oder im angrenzenden Gewebe schließlich erblinden.

Je nach zugrunde gelegter Messmethode und genetischer Ursache verringert sich das Gesichtsfeld exponentiell mit einer jährlichen Rückgangsrate zwischen 7,5 und 12,5 Prozent, bei einer Halbwertszeit von neun Jahren. [1] Eine neue Behandlungsmethode der Reutlinger Firma Okuvision setzt auf eine transkorneale elektrische Stimulation (TES), um diesen Rückgangsprozess zu stoppen beziehungsweise zu verlangsamen.

Hierfür wird schwacher Strom von ≤ 950 μA, 5ms/5ms, 20 Hz, genutzt, um die Netzhaut zu polarisieren und zelluläre Aktivität in allen Schichten der Netzhaut auszulösen. Bereits inaktive Rezeptoren können auf diese Weise nicht wiederbelebt werden, durch die Stimulation soll jedoch die Aktivität der verbleibenden beibehalten werden. Aus diesem Grund sollte schnellstmöglich nach der Diagnosestellung RP mit der Therapie begonnen werden.

Pilotstudien zeigen signifikante Verbesserungen

Die pathophysiologischen Mechanismen sind noch nicht vollständig geklärt. Es ist jedoch wahrscheinlich, dass die Stimulation die Freisetzung von neurotrophen Faktoren auslöst, die das Überleben der verbleibenden Netzhautzellen verbessern.

Der neuroprotektive Wirkmechanismus der TES komme laut Kahraman und Oner vermutlich durch gefäßerweiternde, neurotrophe und antiapoptotische Prozesse zustande, da TES „die Expression endogener neurotropher Faktoren und die intrinsische Empfindlichkeit von Neuronen gegenüber diesen Faktoren erhöhe“. Es wurde eine signifikante Zunahme der Sekretion des insulinähnlichen Wachstumsfaktors, des ziliären neurotrophen Faktors und des vaskulären endothelialen Wachstumsfaktors beobachtet. Da auch bei der RP genetische Mechanismen zum apoptotischen Zelltod führen, könne TES diese Kaskade beeinflussen und die Photorezeptoren vor diesem programmierten Zelltod schützen. [2]

In verschiedenen Pilotstudien zeigten sich signifikante Verbesserungen bei der kinetischen Perimetrie und der skotopischen Elektroretinographie. Weiterhin wurden keine schwerwiegenden unerwünschten Nebenwirkungen festgestellt, nur ein als vorübergehend geschildertes Fremdkörpergefühl trat auf. [3]

Dieses Fremdkörpergefühl ließ in der Regel spontan nach und kann durch die Gabe von Tränenersatzmitteln vor und nach Therapiebeginn reduziert werden. [4]

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