Science Fiction: Korrektion mit Nano-Tropfen aus Israel

Strittig: ob "Nano-Tropfen" Fehlsichtigkeit korrigieren können.
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Israelische Forscher des Shaare Zedek Medical Center in Jerusalem und der Bar-Ilan Universität in Ramat Gan behaupten, die Kurz- und Weitsichtigkeit eines Menschen mithilfe von sogenannten Nano-Tropfen korrigieren zu können. Das meldeten jetzt mehrere Online-Medien. Bislang jedoch fehlt eine wissenschaftlich plausible Darstellung. Experten sind daher skeptisch, ob die Methode funktioniert.

Doch zunächst: Worum geht es bei den vermeintlichen Wunder-Tropfen und wie sollen diese nach Meinung der Wissenschaftler aus Israel funktionieren? Im ersten Schritt soll der fehlsichtige Interessent mit Hilfe einer App selbständig seine Dioptrienwerte ermitteln, beziehungsweise diese in die App eingeben können, sofern er seine Werte kennt. Aus diesen Refraktionswerten soll die App im zweiten Schritt ein Muster generieren und auf die Hornhaut des Anwenders übertragen. Dieses soll laut Bericht per Laser erfolgen. Der Laser soll demnach kleine Vertiefungen in die oberste Zellschicht der Hornhaut einbrennen. "Diese regeneriert sich alle ein bis zwei Tage“, erklärte Ingenieur Zeev Zalevsky von der israelischen Bar-Ilan Universität gegenüber „Sputnik Deutschland“ im Internet.

Im abschließenden Schritt soll der Fehlsichtige dann die sogenannten Nano-Tropfen in sein Auge geben, sodass diese das zuvor berechnete Lasermuster auf die Oberfläche der Hornhaut setzen können. Hierbei sollen sich Nano-Partikel, die sich in den Augentropfen befinden, an den mittels Laser abgetragenen Stellen ablagern. Nach Durchlaufen dieses Prozesses soll die Sehschärfe des Anwenders steigen, unabhängig davon, ob er ursprünglich von Kurz-, Weit- oder Alterssichtigkeit betroffen war.

Experten kritisieren fehlende wissenschaftliche Darstellung

Experten indes monieren Ungereimtheiten des mutmaßlichen Korrektionsverfahrens:
Zum einen, hieß es, sei bislang unklar, wie lange der Effekt des Laserns und des anschließenden Tropfens anhalten würde und wie oft die Behandlung wiederholt werden müsse, um die korrigierende Wirkung zu erhalten. So würden die in das Hornhautepithel eingebrachten Nanopartikel durch den Prozess der Zellerneuerung spätestens nach sieben Tagen wieder verschwinden. Zum anderen soll das Verfahren nach Meinung der israelischen Wissenschaftler die Myopie, die Hyperopie und auch die Presbyopie korrigieren. Dann allerdings, so die Kritiker, müsse es auch adaptiv oder multifokal sein.

Des Weiteren stolperten die Skeptiker über die Tatsache, dass der Anwender seine Augen mit einer App und einem Laser zuhause behandeln können soll. In der Praxis würde dieses bedeuten, dass das Verfahren ohne Fachleute von selbst beziehungsweise unter Einbeziehung von Smartphones durchgeführt werden könne und das sei rein fachlich gesehen ein sehr zweifelhaftes Szenario. Geriet doch ein ähnlicher Fall jüngst in die Kritik: Die US-Amerikanische Zulassungsbehörde Food an Drug Administration (FDA) verpasste dem Unternehmen Opternative einen Maulkorb. Im Warning Letter „FDA Warns Opternative to Stop Marketing Eye Exam App” verwarnt die Behörde das Unternehmen unter anderem wegen einer fehlenden Zulassung der Online-Refraktion für den US-amerikanischen Markt.

Und darüber hinaus legt das Statement auf Sputnik Deutschland „Vor kurzem haben die Forscher einen Patentantrag gestellt, wollen ein Startup auf die Beine stellen und sind auf der Suche nach Fördermitteln, um aus der Technologie ein fertiges Produkt zu entwickeln“, den Verdacht nahe, dass für das Projekt noch Investoren gefunden werden müssen, die an die Story glauben. Denn: Bisher wurde dieses Verfahren ausschließlich an Schweineaugen ausprobiert. Tests an Menschenaugen stehen demnach noch aus. Kurz: Die Korrektion von Fehlsichttigkeiten mit Nano-Tropfen ist wohl noch Science Fiction!