Corona-Kontrollen

Ordnungsamt sorgt mit falschen Ansagen für Verwirrung

Corona-Fehlinformationen verbreiten sich offenbar ähnlich effektiv wie das Virus selbst. Das hat sich nun in Nordrhein-Westfalen gezeigt: Selbst Mitarbeitende des Ordnungsamtes wussten nicht, welche Regelung nun gilt – mit entsprechenden Folgen für Augenoptikerinnen und Augenoptiker.
Zwei Beamte vom Ordnungsamt

Das Ordnungsamt prüft die Einhaltung der Corona-Verordnungen.

© Adobe Stock / redaktion93

Seit geraumer Zeit beklagen Betriebe einen Mangel an verbindlichen Informationen zum Thema Corona-Regeln. Ständig ändert sich das Infektionsgeschehen, ständig werden neue Verordnungen und Vorschriften erlassen. Doch der Klärungsbedarf nimmt nicht ab. Meist werden Augenoptikerinnen und Augenoptiker mit entsprechenden Fragen ans Ordnungsamt verwiesen. Doch selbst hier fischt man mitunter im Trüben, wie Debora Gilsebach, Pressesprecherin des Augenoptiker- und Optometristenverbands (AOV) NRW bestätigt: „Man könnte sagen, dass wir im vergangenen Jahr und in den ersten Monaten dieses Jahres die Ordnungsämter regelmäßig geschult haben. Es gab zahlreiche Anrufe von Innungsbetrieben. Darin ging es um verschiedene Fragen.“

Einzelhandel oder Gesundheitshandwerk?

Etwa die, wie viele Kundinnen und Kunden pro Quadratmeter Verkaufsfläche zulässig sind. Hier gilt eigentlich: Pro zehn Quadratmeter Verkaufsfläche darf ein Kunde in den Laden. Angestellte werden nicht mitgezählt. Soweit, so gut – und doch waren Mitarbeitende des nordrhein-westfälischen Ordnungsamtes bei einer „Corona-Kontrolle“ unter Augenoptik-Betrieben vor kurzem gänzlich anderer Meinung! Ein Vorgang, so ärgerlich wie seltsam: Wie der AOV NRW berichtet, wurden Inhabende einiger Innungsbetriebe bei einem Besuch von den Beamten „informiert“, dass man nur eine Kundin bzw. einen Kunden pro 20 m2 einlassen dürfe – außerdem seien die Tisch- und Stuhlflächen von der Verkaufsfläche abzuziehen. Das ist wie erwähnt falsch: Zwar war eine Änderung der Quadratmeterregel im Rahmen der Corona-Schutzverordnung angedacht – sie wurde aber nicht umgesetzt. 20 Quadratmeter statt wie erlaubt zehn Quadratmeter – nicht der einzige Fauxpas der Behörden. Pressesprecherin Gilsebach nennt eine weitere Fehlinformation: „Es gab Fälle, da war das Ordnungsamt der Meinung, dass die Mitarbeiter mitzurechnen seien, was auch nicht der Fall ist.“ Außerdem sei die Augenoptik anfangs von vielen Ordnungsämtern dem Einzelhandel zugeschlagen worden, was ebenfalls nicht zutrifft. Zudem gebe es derzeit Fälle, in denen die Bezirksregierung Betriebe aufsuche, um die Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich Corona zu überprüfen: „Das bedeutet natürlich eine weitere bürokratische Belastung für Betriebe“, so Gilsebach.

Man kann sich das Ausmaß an Irritation bei den betroffenen Unternehmen gut vorstellen. Matthias Müller, Vorsitzender des Südwestdeutschen Augenoptiker- und Optometristen-Verbandes, kommentiert: „Es führt zu Unsicherheiten im Betrieb, sodass man viel Zeit investieren muss, um mit allem, was die Corona-Krise mit sich brachte, Schritt zu halten und Informationen zu beschaffen.“ Besonders brenzlig wird es dann, wenn die Informationsquelle zur Desinformationsquelle wird. Zumal man bei einer Kontrolle durch das Ordnungsamt davon ausgehen sollte, dass sich die Beamten hundertprozentig sicher sind, was sie überhaupt kontrollieren. Für die betroffenen Betriebe hatte der Besuch der verwirrten Beamten keine weiteren Folgen: „In all diesen Fällen konnten wir, also der AOV NRW als Landesinnungsverband, unsere Mitglieder beruhigen, ihnen entsprechende Informationen als Argumentationsgrundlage an die Hand geben und auch die Kommunikation mit den Ämtern teilweise übernehmen“, so die Pressesprecherin.

Gilsebach erläutert: Als Verband setze man sich seit Beginn der Pandemie intensiv dafür ein, „im Interesse der Mitglieder und des Berufs zu agieren“. Man stehe im engen Austausch mit Ministerien und Behörden; Mitglieder würden regelmäßig ausführlich über Änderungen informiert. Zudem konnten Augenoptiker in NRW aufgrund entsprechender Bemühungen jetzt in der Impfpriorisierung vorrücken. Das gab es bislang nur in Schleswig-Holstein und seit dem 16.03. ebenfalls in Baden-Württemberg.