Hand, Herz und Seele Die DOZ zu Besuch bei Kador

Sonnenbrille mit gelber Acetatfassung

Die Schildkröte ist das Markenlogo der italienischen Brillenmarke Kador.

© Angela Mrositzki

Brillenhistorie. Kreatives Fassungsdesign. Profunde Handwerkskompetenz. Im Cadore-Tal eingerahmt von den majestätischen Gipfeln der norditalienischen Dolomiten, liegt die Wiege der italienischen Brillenherstellung. Noch heute ist das Tal ein Zentrum der Brillenproduktion. Auch für Enzo Sopracolle und seinen Sohn Mattia von der Brillenmarke Kador, die diese Tradition fortsetzen. Im Headquarter, oder wie sie es nennen, in ihrem Atelier in Pieve di Cadore, schlägt das kreative Herz des Brillendesigners: Über 50 Jahre Erfahrung als verantwortlicher Head of Design für die Brillenkollektionen großer Modemarken kann Enzo Sopracolle in die Waagschale legen. Beim Besuch – aus Deutschland war die DOZ als einziges augenoptisches Fachmagazin zusammen mit italienischen Kolleginnen und Kollegen zum Pressemeeting vor Ort – erlebe ich Enzo, als seien keine drei Jahrzehnte seit unserem ersten Interview vergangen. Damals war er Creative Director bei der Safilo Group. Und damals wie heute sprüht er vor Schaffenskraft und Begeisterung für seine Arbeit. Sopracolle weiß um alle Finessen des Fassungsdesigns – die ästhetischen wie die technischen. Jeden Schritt, jede Feinheit der Brillenherstellung kennt er aus dem Effeff. 

Nur wenige Kilometer von Pieve entfernt, in Calalzo di Cadore, entstehen die Fassungen in der eigenen Manufaktur. Mit Kador haben die Sopracolles 2019 ein historisches Brillenbrand in bester Handwerkstradition übernommen, denn gegründet wurde die Marke bereits 1962. Enzo ist der „Master of Creation“, Mattia nach seinem Wirtschaftsstudium für die Entwicklung und Umsetzung der Geschäftsstrategie verantwortlich. Irgendwann habe sein Sohn doch die „Brillengene“ von ihm in sich entdeckt, lächelt Enzo. Zusammen führen sie ein Familienunternehmen mit engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Marketing, im Verkauf, im Service, im Außendienst, der Produktion. Mit ihrer Leidenschaft und Kompetenz seien die Menschen in der Brillenproduktion unersetzlich, sagen sie unisono. Mit ihrem Wissen, ihrem handwerklichen Know-how, seien sie die Garanten der Qualität jeder einzelnen Fassung und Sonnenbrille betont Mattia beim Rundgang durch die Herstellung. In der Belegschaft sind nicht wenige Facharbeiterinnen und Facharbeiter seit Jahrzehnten tätig. Gemeinsam mit einem jungen Team verbinden sie Handwerkstradition und innovative Techniken wie den Einsatz moderner CNC-Fräsautomaten in der Verarbeitung von Acetatbrillen.

jüngerer und älterer Mann nebeneinander

Mattia (links) und Enzo Sopracolle, die Masterminds der Brillenmarke Kador.

© Angela Mrositzki

Hergestellt im Herzen des Cadore-Tals

Im Atelier von Enzo Sopracolle regiert das „kreative Chaos“. Auf dem langen Holztisch stapeln sich Prototypen neuer Fassungsmodelle neben Acetat-Farbmustern, Handskizzen, technischen Zeichnungen, Farbstiften und Notizen. Herz und Seele seines Designs sei das Material Acetat, doch nur Premium-Acetate des italienischen Herstellers Mazzucchelli würden für ihre Brillen verarbeitet, erklärt Sopracolle. Er deutet auf eine Sammlung von Schildkröten aus Keramik und Porzellan, das Markensymbol von Kador. In vielen Kulturen symbolisiere die Schildkröte Stabilität und Langlebigkeit, wird ihre langsame aber stetige Bewegung mit Geduld und Ausdauer in Verbindung gebracht. Tugenden, die es ebenso in der Herstellung ihrer Brillen bräuchte, bei denen jedes Detail mit größter Präzision und in vielen Einzelschritten noch von Hand ausgeführt wird. Für die Sopracolles symbolisiert die Schildkröte ebenso Heimat, ihre Verbundenheit mit der Brillenregion Venetien. 

Im Besonderen ehrt der Firmen- und Markenname Kadore natürlich das Cadore-Tal: Jede Brille aus ihrem Hause sei 100 Prozent „Made in Cadore“, betont der Designer. Detailliebe und Präzision in der Verarbeitung gehören zur DNA der Kollektionen, das Design und die Identität der Marke haben Vater und Sohn Sopracolle dem Zeitgeist angepasst. „Das Detail macht den Unterschied“, lautet denn auch das Leitmotiv der neuen Linie „Over The Hill“ (kurz OTH - ein Wortspiel mit dem Familiennamen, der im Italienischen „über dem Berg“ bedeutet!) erklärt Enzo und beschreibt, wie die feinen Verarbeitungen von Acetatfronten und filigranen Ziselierungen in den Metallinlets der Bügel ausgeführt werden. 

Nach zwei Tagen Firmenbesichtigung und vielen Gesprächen wird deutlich: Das Unternehmen und die Marke Kador sind eine zukunftsweisende Wirklichkeit in der Cadore-Region, die für Kreativität, Designästhetik, Leidenschaft und Exzellenz in der Brillenherstellung steht. Oder wie es eine italienische Kollegin so treffend ausdrückte: „Man spürt, hier ist jede Fassung noch immer ein Ausdruck der Liebe zu Schönheit und Handwerkskunst.“

 

Geschrieben von

Angela Mrositzki

Angela Mrositzki

Angela Mrositzki verbindet seit Jahrzehnten Design, Kultur und Ästhetik in der Welt der Brillen. Als Kreativdirektorin prägt sie mit Feinsinn und Erfahrung die visuelle und inhaltliche Linie von Sublime Eyewear.

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