Experte feierte am 30. April den 80. Geburtstag

Bernd Lingelbach: 80 Jahre im Zeichen der optischen Täuschungen

Optische Täuschungen gehören wohl zu den „Wundern“ unserer Welt. Sie bleiben schön und faszinierend, selbst wenn man sie nicht erklären kann. Prof. Dr. Bernd Lingelbach ist ohne Zweifel der Experte in Deutschland, wenn es um optische Täuschungen geht. Am 30. April feierte er seinen 80. Geburtstag. Die DOZ wünscht an dieser Stelle herzlichen Glückwunsch.
Bernd Lingelbach

Prof. Dr. Bernd Lingelbach feierte am 30. April seinen 80. Geburtstag.

Optik und optische Phänomene faszinierten Prof. Dr. Bernd Lingelbach schon als jungen Physikstudenten an der Philipps-Universität Marburg, wo er bereits 1967 eine Anstellung als wissenschaftliche Hilfskraft bei Prof. Hans Wolter fand, dessen Wolter-Spiegel heute im Weltall Röntgenstrahlen fokussieren und dessen Wolter-Ellipsen einen eleganten Zugang zur Bewertung von Farbfiltern, Sonnen- und Sportbrillen bieten. Nach dem Diplom in Physik zog es Lingelbach in die Physiologie zu Prof. Franz-Josef Haberich, um mehr über die Gesetze des Sehens zu lernen. Im Anschluss an die Promotion zur „Wahrnehmung von Kontrasten“ erhielt er 1982 ein post-doc-Stipendium, das ihn ein Jahr lang nach Berkeley, Kalifornien, führte. Die Zeit dort bei Prof. Russell L. DeValois, einem Experten im Bereich der Farb- und Raumwahrnehmung, hat ihn entscheidend geprägt. Wieder zurück in Marburg entstanden weitere Arbeiten zu zahlreichen optischen Phänomenen, die auch heute noch aktuell sind. 

Mitbegründer des Augenoptik-Studiengangs in Aalen

Von 1985 bis zu seinem Ruhestand 2008 wirkte er als Professor an der damaligen Fachhochschule und heutigen Hochschule für Technik und Wirtschaft Aalen, deren Studiengang Augenoptik er mitbegründet und entscheidend geprägt hat. Hier entstanden zahlreiche Forschungsarbeiten in den unterschiedlichsten Bereichen sowie über 100 Qualifikationsarbeiten. Durch tatkräftigen Einsatz von Lingelbach gelang es 1997 in Chile einen Studiengang Augenoptik nach dem Aalener Modell an der Universität in Valparaíso zu gründen. Seitdem haben viele Studierende aus Aalen und auch aus Valparaíso die Möglichkeit wahrgenommen, für jeweils ein Semester an der Partneruniversität zu studieren. Seit Ende der 90er Jahre widmet sich Bernd Lingelbach, als einer der ersten Hochschullehrer im Bereich der Augenoptik, vermehrt auch dem Thema „Sportoptik“. So entstanden in enger Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Sportmedizin der Ruhr-Universität Bochum (RUB) unter anderem grundlegende Arbeiten zum „(Farb-)Filtereinsatz im Sport“, die auch internationale Würdigung erzielten. 

Pure Leidenschaft: Lingelbachs Scheune

Seit seiner Pensionierung widmet sich Lingelbach ganz seiner Leidenschaft: „Lingelbachs Scheune – Optische Phänomene“. Aus der Scheune seines alten Bauernhauses in Leinroden ist ein wahres Schmuckstück geworden, angefüllt mit einer weltweit einmaligen Sammlung optischer Phänomene, mit Ames-Raum, schiefem Raum, Hexenschaukel, Camera obscura und über 100 kleineren Objekten und Postern, die durch optische Täuschungen verblüffen. Einige neue Muster und Effekte sind übrigens in Leinroden selbst entdeckt worden. Insbesondere das Szintillations- oder Blitzgitter, das heute weltbekannt ist.

Unterstützt durch den Förderverein „Lingelbachs Scheune – optische Phänomene e.V.“ ist, neben einem Postkartenset, inzwischen auch eine Wanderausstellung mit ausgewählten Ausstellungsstücken, Plakaten und Informationen für alle möglichen Veranstaltungen und Jubiläen entstanden, um auch außerhalb der Scheune Besucherinnen und Besucher für die faszinierende Welt der Wahrnehmung, Optik und Augenoptik begeistern zu können. Der „Waldwipfelweg“ im Park in Sankt Englmar (Bayern), gespickt mit optischen Täuschungen aus Leinroden und Ideen von Bernd Lingelbach, ist ein weiteres Highlight.

Rotating Snakes" von Akiyoshi Kitaoka

Ein Motiv des Postkartensets: die berühmten "Rotating Snakes" von Akiyoshi Kitaoka.

© © Akiyoshi Kitaoka / Bernd Lingelbach

„Brennendes Interesse, herzliche Zugewandtheit“

Einer, der Bernd Lingelbach über die vergangenen Jahrzehnte eng begleitet hat, ist Dr. Gernot Jendrusch vom Lehrstuhl für Sportmedizin und Sporternährung der Ruhr-Universität Bochum. „Als ich vor nun über 25 Jahren Bernd Lingelbach anlässlich einer Studie zur Farbfilterwirkung, die wir an der RUB planten, auf der Optica 1997 in Köln ansprach, um vorab ein paar offene Fragen direkt mit dem Experten in Sachen (Farb-)Filter in der Augenoptik zu klären, begegnete ich einer Persönlichkeit, die mir als damals noch jungem Wissenschaftler von Anfang an Wertschätzung, brennendes thematisches Interesse, Bereitschaft zu fachlicher Unterstützung und herzliche Zugewandtheit entgegenbrachte“, sagt Jendrusch. Aus der anfänglichen Hochachtung vor dieser „Instanz“ der deutschen Augenoptik sei sehr schnell eine intensive, bis heute andauernde, Zusammenarbeit bei unzähligen Forschungsarbeiten, Entwicklungen, Labor- und Feldstudien sowie Fort- und Weiterbildungen auf nationaler und internationaler Ebene im Themenfeld „Sehen und Sport“ entstanden. „Bernd Lingelbach war dabei über all die Jahre hinweg ein enger Wegbegleiter, der für unsere gemeinsame Sache, die Sportoptik und Sinnesphysiologie ,brennt‘, andere dafür begeistern und mitreißen kann. Und sich dabei immer die wissenschaftliche und auch kindliche Neugierde bewahrt hat. Durch unsere vielen gemeinsamen Aktivitäten, die zahlreichen gemeinsamen Feldstudien im In- und Ausland, bei denen neben dem wissenschaftlichen Interesse immer auch der Spaß sowie gutes Essen und Trinken im Fokus standen, ist eine enge freundschaftliche Verbundenheit entstanden“, so Jendrusch weiter.
 

Scheunenfest am 15. Juli

Jeder, der Bernd Lingelbach persönlich kennt, weiß, dass dieser ungern im Mittelpunkt steht. Und so feiert Lingelbach lieber den Geburtstag des Mathematikers, Astronomen und Physikers Carl Friedrich Gauß (der sich in diesem Jahr am 30. April zum 246. Mal gejährt hat), als seinen eignen. Dennoch wird Lingelbach wohl nicht umhin kommen, beim kommenden Scheunenfest am 15. Juli ab 18 Uhr dennoch ein wenig in den Mittelpunkt zu rücken. Eine Anmeldung zum Scheunenfest ist noch bis zum 1. Juli unter www.die-scheune.info möglich.