50 Jahre Fielmann

50 Jahre Fielmann: Vom Einzeloptiker zum Filialimperium

Das Unternehmen Fielmann, das war von der Gründung 1972 an Günther Fielmann – bis er 2019 den Vorstandsvorsitz an seinen Sohn übergab. 47 Jahre lang liefen bei „GüFi“ alle Fäden zusammen, dann zog er sich ins Privatleben zurück. Tom Theilig und Jochen Reinke blicken mit Weggefährten auf Fielmanns Sturm-und-Drang-Zeit, die den Aufstieg zum Brillenimperium begründete. Lesen Sie hier eine Geschichte von Tapetenrollen und Hörverlusten, Lumpenschweinen und Kampfhühnern, Bußgeldern und Busgeldern.
Günther Fielmann Riesenbrille

Ein Mann der großen Brille und der großen Ideen: Günther Fielmann.

© Fielmann

Erstveröffentlicht in der DOZ 10|22

50 Jahre Fielmann? Dieses Jubiläum würde es nicht geben, wenn der perfide Plan des Essener Augenoptikermeisters Hermann Kleinheidt im Jahr 1989 aufgegangen wäre. „Statt einer Kassenbrille bekommt jeder Kunde des Geschäftsinhabers zwei Mark – Busgeld, um zu Fielmann zu fahren. Denn dort gibt es sie weiterhin, die Kassenbrille zum Nulltarif“, schrieben die Kollegen vom Wirtschaftsmagazin Capital in ihrer Ausgabe 5/89. Weil die Krankenkassen damals aber im Zuge der Blümschen Gesundheitsreform nur noch 20 Mark für die Brille erstatteten, müsse Fielmann jetzt bei jedem Kassenkunden dazuzahlen, habe Kleinheidt ausgerechnet. Und je häufiger der Konkurrent drauflegen müsse, desto eher, so Capital damals, „verlösche das unkonventionelle Nordlicht“.

33 Jahre später relativiert Hermann Kleinheidt die Geschichte ein wenig. „War mir natürlich völlig klar, dass ich Fielmann nicht würde ruinieren können“, sagt der inzwischen 75-Jährige. „Ich habe auch nur die besonders dreisten Kunden zu Fielmann geschickt – die, die alles umsonst haben wollten, die waren da richtig.“ Er habe sich damals als Stadtteiloptiker verstanden, verantwortlich für das gute Sehen der Menschen in Essen-Rellinghausen. Und so habe er selbstverständlich auch den Schülern geholfen, „die heulend bei mir im Laden standen, weil ihre neue Fielmann-Brille beim Raufen auf dem Pausenhof kaputtgegangen war“. Das hätten die Jungs natürlich ihren Eltern nicht beichten wollen, und so habe er geholfen, repariert und ausgebessert, ohne dass die Papis der Jungen einen Pfennig dazubezahlen mussten. Ohne es wirklich zu wollen, unterstützte der Tradi so den Newcomer, der sich im benachbarten Stadtteil Steele niedergelassen hatte. „Der Fielmann, der hat damals die Branche schon ordentlich durcheinandergewirbelt“, erinnert sich Rentner Kleinheidt. Seit über zehn Jahren nicht mehr aktiv und mit einigem emotionalen Abstand, kann er dem früheren Konkurrenten sogar alles Gute zum 50-jährigen Jubiläum wünschen: „Alleine in Deutschland über 600 Filialen inzwischen – das haben die doch gut aufgezogen, das muss man anerkennen.“ 

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