Oculus feiert 125-jähriges Jubiläum

Oculus Rainer Kirchübel wird interviewt
Das Oculus-Jubiläum weckte das Interesse eines US-amerikanischen Fachverlags, der ein TV-Interview mit Rainer Kirchübel führte.
© Oculus Optikgeräte GmbH

Denkt man an Oculus, denkt man an Ingenieurskunst, Hightech, Präzision, Weltkonzern, Bodenhaftung, Nahbarkeit, Familie und Zuverlässigkeit. In diesem Jahr wird das mittelständische Unternehmen 125 Jahre alt. Später im Jahr ein Anlass zum Feiern. Zunächst aber lud Familie Kirchhübel die Presse nach Wetzlar ein – Führung durch die Produktion inklusive.

„Als ich hier angefangen habe, war Oculus die Messbrillenfirma. Heute sind wir wesentlich breiter aufgestellt“, eröffnete Geschäftsführer Rainer Kirchhübel die Presserunde in Wetzlar-Dutenhofen anlässlich des 125-jährigen Jubiläums der Oculus Optikgeräte GmbH. Der Einladung gefolgt waren vornehmlich Journalisten der augenoptischen und ophthalmologischen Fachpresse, selbst ein Fernsehteam vom US-amerikanischen Wissenschaftsverlag Bryn Mawr Communications war vor Ort und unterstrich damit, welche Strahlkraft Oculus in der Branche hat. Die Messbrille, ließ der Firmenchef in dritter Generation die Runde weiter wissen, sei allerdings nach wie vor sehr wichtig. Offenbar so wichtig, dass Chinesen auf der Opti eine Kopie einer Oculus-Messbrille ausstellen wollten, was aber im Vorfeld verhindert werden konnte. „Und auch eine Pentacam haben wir andernorts einmal als Kopie vorgefunden.“

Oculus setzt auf Familie

Das Unternehmen Oculus wurde 1895 von Alois Mager als „A. Mager Spezialfabrik Ophthalmologischer Instrumente“ in Berlin gegründet, Ende 1932 in Oculus GmbH umbenannt und nach dem Zweiten Weltkrieg im Jahr 1947 von Alois‘ Sohn Wilhelm Mager und dessen Schwager Kurt Kirchhübel von Ost-Berlin nach Wetzlar-Dutenhofen verlegt. Seit den 60er Jahren expandiert und wächst das mittelständische Familienunternehmen kontinuierlich. Und dieser Kurs hält bis heute an.

Seit seinem Einstieg 1979 hat Rainer Kirchhübel Oculus zu einem weltweit tätigen Hightech-Unternehmen gemacht und gleichzeitig die familiären Strukturen bewahrt. Auch beide Söhne arbeiten in leitenden Funktionen: Christian ist als Vertreter der vierten Generation Kirchhübel zusammen mit seinem Vater Geschäftsführer und verantwortet den weltweiten Vertrieb; sein Bruder Matthias ist Projektleiter und verantwortlich für die neue Optik, die in Werk II in Münchholzhausen entsteht. Rainers Ehefrau Rita leitet seit mehr als 25 Jahren das Marketing, Tochter Kerstin arbeitet in der Technischen Dokumentation. Danach gefragt, wie man als mittelständisches Unternehmen seit 125 Jahren erfolgreich am Markt besteht, antwortete Diplom-Ingenieur Rainer Kirchhübel: „Ich glaube, dass wir als Team insgesamt sehr harmonisch sind. Wir setzten uns erreichbare Ziele, arbeiten sehr hart daran und sind im Anschluss stolz, wenn wir etwas präsentieren können.“

Sie zischen, rattern, brummen bei Oculus

Anschließend geht es in die „heiligen Hallen“ des Unternehmens. Die Journalisten-Gruppe folgt Rainer und Matthias Kirchhübel in die unteren Geschosse. Dort werden die optometrischen und ophthalmologischen Geräte zu einem großen Teil gefertigt. An den unterschiedlichen Stationen der Fertigung herrscht reges Treiben, Mitarbeiter begutachten die Komponenten, bugsieren sie zum nächsten Fertigungsschritt, überwachen die übermannsgroßen Maschinen. Diese wiederum fahren ihre Arme aus, zischen, sprühen Wasser, rattern und brummen, um am Ende ein fertiges Element zu präsentieren. Einzelne Maschinen würden 24 Stunden und sieben Tage in der Woche laufen, berichtet der Firmenchef. Daher sei eine konstante Stromversorgung essenziell für die Produktion der anspruchsvollen Geräte.

rainer und matthias kirchhuebel erklaeren pressevertretern ein element des keratograph.
Beim Rundgang durch die Produktionshallen stellen
Rainer und Matthias Kirchhübel den Medien-
vertretern das Portfolio und die  Fertigung vor.
(© Oculus Optikgeräte GmbH)

Die Gruppe wandert weiter, quert nach der Mechanischen Fertigung die Abteilungen Galvanik, Lackierung, Tampondruck – dort werden unter anderem Skalen bedruckt – Montage sowie Formen- und Vorrichtungsbau. In der Abteilung Logistik endet die Führung. Der Seniorchef schließt mit den Worten „Oculus steht mit dieser Bandbreite für eine hohe Fertigungstiefe“. Von hier aus gelangen die Bestellungen bei Oculus weltweit an die gewünschten Lieferadressen. Im 500 Meter Luftlinie entfernten Werk II in Münchholzhausen sind derweil die Herstellung der eigenen Optik, die Spritzgussabteilung und das Qualitätsmanagement lokalisiert.

Als jüngste „sehr erfolgreiche“ Entwicklung aus Wetzlar für die Augenoptik nennt Kirchhübel den Myopia Master. Er wurde nach einer Vorab-Präsentation bei der Sicht.Kontakte 2019 auf der diesjährigen Opti in München offiziell in den Markt eingeführt (die DOZ berichtete über das Hightech-Gerät in der Januarausgabe und der Opti-Sonderausgabe). Zu den weiteren Highlights der Oculus-Produktion, sie wurden teilweise auf dem Rundgang gezeigt, zählen der Keratograph 5M zur Vermessung der Hornhautoberfläche; die Pentacam, die höher auflösende Pentacam HR und die Pentacam AXL Wave; das Park 1, ein kombiniertes Autorefraktometer und Kerato meter mit Pachymetrie; Vissard 3D, das eine Refraktion bei Visus 2,0 bei einem Testabstand von drei Metern ermöglicht, und das Corvis ST.

Schritte Richtung KI und Telemedizin

Das Non-Kontakt-Tonometer Corvis ST kann für die (Früh-)Erkennung des Glaukoms und des Keratokonus eingesetzt werden. Das Gerät kombiniere, erläutert der Ingenieur, die tomographischen Pentacam-Daten mit den biomechanischen Corvis-Daten. „Wenn man die Ergebnisse beider Produkte zusammennimmt, ist das Gesamtresultat nochmal um eine Klasse besser.“ Mit dem Gerät setze Oculus einen Fuß ins Gebiet der Künstlichen Intelligenz,  denn KI liegt Kirchhübel zufolge vor, „wenn man Daten zusammenbringt, um daraus Neues zu formen und Stufen weiterzukommen.“ Ein weiterer und KI-assoziierter Bereich ist die Telemedizin. Auch hier rechnet der Ingenieur „in der nahen Zukunft“ fest mit einer wachsenden Bedeutung. „Das ist ein Bereich, der hochinteressant und wichtig ist.“ Oculus sei bereit, „in dem Feld zu kooperieren und Daten zur Verfügung zu stellen“.

Das Familienunternehmen versteht sich heute als weltweiter Partner für Optometristen, Augenoptiker, Ophthalmologen und Arbeitsmediziner und entwickelt für diese Zielgruppen Instrumente zur Diagnostik, Behandlung und Schulung. „Weltweit“, ergänzt Rainer Kirchhübel, „heißt in Zahlen: Wir haben 60 Prozent Exportanteil und 40 Prozent unseres Umsatzes generieren wir in Deutschland.“ So unterhalte Oculus Niederlassungen in den USA, Europa, Spanien, Polen, Tschechei, Slowakei, Türkei, Brasilien, Kanada, Hongkong und seit Kurzem auch in England. Als schwierig gelten derzeit die Märkte Brasilien und Indien sowie die allerorten wachsende Bürokratie.

Oculus: „Wir haben ein gutes Standing“

Seit 125 Jahren wartet Oculus beständig mit neuen Ideen, Geräten und Technologien auf. Doch welches Geheimrezept verbirgt sich hinter so viel Erfolg? „Wir sind lange im Markt, wir haben ein gutes Standing“, erklärt der Chef. „Unsere Produkte, unser Service und unser Team sind verlässlich. Das schlägt sich im Gesamtbild nieder, das wir nach außen zeigen.“ Heute arbeiten in Wetzlar rund 400 Menschen. Etwa ein Viertel davon wurde bei Oculus ausgebildet und dieselbe Anzahl an Mitarbeitern ist mehr als 25 Jahre im Unternehmen. „Eine lange Bindung bei einer relativ geringen Fluktuation“, merkte Christian Kirchhübel ergänzend an. „Wir sind stolz darauf, dass jemand, der sich einmal dafür entschieden hat, hier zu arbeiten, eigentlich auch hierbleibt.“

familie kirchhuebel auf der firmenterasse
Am Rande des Pressetermins versammelt sich die
Unternehmerfamilie auf der Oculus-Terrasse:
(v.l.) Kerstin, Christian, Rainer, Rita und
Matthias Kirchhübel. (© Oculus Optikgeräte GmbH)

Von Beginn an steht Oculus für Beständigkeit und Bodenhaftung bei gleichzeitig höchster Ingenieurskunst. Etliche Meilensteine in der Unternehmensgeschichte belegen das: So ist das erste manuelle Perimeter zu Gesichtsfelduntersuchung für statische und kinetische Perimetrie bis heute Basis aller Automatikperimeter. Oculus entwickelte es 1958 zusammen mit der Universitätsaugenklinik Tübingen. Und die Kooperation mit Nidek brachte die Wetzlarer in Besitz der deutschen Exklusivrechte für Vertrieb und Service von Produkten des japanischen Unternehmens. Der Deal gelte bis heute für die Diagnostik- und Laserproduktlinie und „ergänzt das Oculus-Portfolio ganz hervorragend“, wie Kirchhübel findet.

Da zum Erfolg der stetig wachsenden Firma auch die zahlreichen Partner gehören, plant die Unternehmerfamilie einen großen Festakt im weiteren Verlauf des Jahres. Nationale und internationale Geschäftspartner, Key Opinion Leader und Referenten will Oculus direkt vor dem ophthalmologischen Fortbildungskongress ESCRS (European Society of Cataract & Refractive Surgeons) in Amsterdam am 30. September zusammenbringen, um das 125-jährige Jubiläum in größerem Kreis „zuhause“ in Wetzlar zu feiern. Danach gefragt, was er sich nach gelungenen 125 Jahren Oculus nun für die nächste Dekade wünsche, sagt Rainer Kirchhübel: „Die Leitung dieses Unternehmens soll weiterhin in der Familie weitergegeben werden (Anm. d. Red.: das Unternehmen ist in Familienhand; vier Enkelkinder gibt es schon). Viele andere Firmen haben in 125 Jahren deutlich mehr Geschäftsführer verschlissen.“


Dieses Thema stammt aus der kommenden DOZ-Ausgabe 03|2020 - erhältlich als Print- oder digitale Ausgabe im Abonnement.