Interview mit Dirk Graber, Geschäftsführer Mister Spex

Das Bild zeigt Dirk Graber.
Dirk Graber: "Bei den Optikern haben wir sicher nicht den Heiligenschein auf, das ist mir klar"
© Stefan Röhl

Herr Graber, offiziell möchten Sie vor der Eröffnung weiterer stationärer Geschäfte nicht verraten, wo diese eröffnet werden, warum? 

Dirk Graber: Wir werden gerne dann konkret, wenn wir auch etwas zu sagen haben. Unser Suchraster ist vorgegeben, aber manche Dinge ziehen sich. Wenn wir dann etwas angemietet haben, dann wollen wir auch erst unseren Partneroptikern persönlich Bescheid geben. Sie sind die ersten, die etwas davon erfahren, danach erfährt es die Presse. 

Selbst Ihr neues Logistikzentrum haben Sie bis zur Opti nicht wirklich kommuniziert. Liegt das daran, weil Sie es gebaut haben, um die Flut von Retouren besser in den Griff zu bekommen? 

(lacht) Bei uns sind die Retouren ein Teil des Konzeptes. Unser Kunde erhält die Möglichkeit einer Ansichtssendung, natürlich kommen dann von vier Brillen auch vier zurück. Aber wenn wir eine Brille daraus verkaufen, dann ist das genau unser Ziel. Die Möglichkeit, die Brillen zuhause anzuprobieren, ohne dass ein Optiker hinter einem steht, wird in der Branche unterschätzt, das ist ein großer Wert, den viele nicht wahr haben wollen. Das Logistikzentrum war nötig, weil wir seit eineinhalb Jahren an unserem alten Standort zu klein geworden sind. Wir haben gebaut, um unseren Service aufrecht zu erhalten und zu verbessern. 

Die Branche rätselt zudem über Ihre Umsatzzahlen, man hört so wenig? Warum gibt es keine offiziellen Zahlen aus den Reihen der Onlinehändler? 

Wir sind der Meinung, dass es nicht unsere Aufgabe ist, der Branche zu erklären, wie stark oder schwach der Onlinehandel ist. In den ersten Jahren waren wir offensiver, was unsere Umsatzzahlen angeht. Ab 2014 haben wir das nicht mehr getan. Wir wollen nicht jeden mit der Nase darauf stoßen und zeigen, wie attraktiv das Segment ist. Unsere Investoren bekommen jeden Monat einen detaillierten Report, die Zahlen kennen wir sehr gut und können sie auch sehr gut steuern. Wir orientieren uns nicht nur an kurzfristigen Werten, wir sind ohnehin schon sehr stark datengetrieben, und wenn wir dann die Entscheidung treffen, ein neues Logistikzentrum zu bauen oder Filialen zu eröffnen, dann sieht das in den Zahlen für einen Außenstehenden erst einmal komisch aus. 

Die Geschichte hat sich aber auch geändert. Wir waren mal ein erfolgreiches Start-Up, das gerne von links auf rechts gedreht wurde, dem sind wir entwachsen. Wir wollen gar nicht mehr das gute Beispiel für die Start-Up-Welt sein. Es ist vielleicht auch zu viel Energie bei uns verwendet worden, um zu überlegen, was wir kommunizieren und was nicht, darunter leidet dann auch schon mal das Kerngeschäft. Insofern war es eine gute Entscheidung, einen Strich zu machen und sich daran nicht mehr zu beteiligen. 

Sie haben gesagt, dass die Branche unterschätzt, welchen Wert die Ansichtssendungen beziehungsweise das Ausprobieren der Brillen zuhause haben. Heißt das, die Beratung beim Augenoptiker wird überschätzt? 

Es gibt Kunden, die wollen bei der Fassung beraten werden. Es gibt aber auch Kunden, die sagen, lass mich in Ruhe, ich weiß, was mir steht und mir gefällt. Trotzdem werden letztere auch beim Optiker beraten. Beratung beim Brillenglas ist ein großes Thema. Aber auch im Mediamarkt gibt es
Kunden, die sind besser informiert als der Verkäufer. Ich will jetzt nicht sagen, dass es in der Augenoptik auch so ist. Aber es gibt Läden, in denen das Thema Fashionberatung eher unterentwickelt ist. Dank unserem Multichannel-Ansatz hat bei uns der Kunde letztendlich die freie Wahl – möchte ich zu Hause in Ruhe anprobieren oder lasse ich mich von Mister Spex beraten, online, im Store oder beim Partner. 

Als Firma haben wir uns in der Branche – zumindest bei den Lieferanten – etabliert. Wir gehen fair und transparent mit allen um und bekommen das auch von den meisten zurückgespielt.

Wie empfinden Sie Ihr Image? Sind Sie „einer aus der Branche“? 

Von meiner privaten Einstellung her, ist es mir egal, was andere Menschen von mir denken. Als Firma haben wir uns in der Branche – zumindest bei den Lieferanten – etabliert. Wir gehen fair und transparent mit allen um und bekommen das auch von den meisten zurückgespielt. Bei den Optikern haben wir sicher nicht den Heiligenschein auf, das ist mir klar. 

Gilt das für alle Optiker inklusive Partneroptiker? 

Wir haben oft Partneroptiker zu Gast und führen Diskussionsrunden mit ihnen, ich sehe da kein Problem. Diejenigen, die uns verteufeln, die beschäftigen sich zu wenig mit dem Markt. Wir haben Partneroptiker, die sehen sich eher als Unternehmer und mit denen kann man super diskutieren, aber die sehen auch ihren Wert, den sie haben. Die sind selbstbewusster und haben eine andere Wahrnehmung. 

Wandelt sich das Image gerade? Ist der Onlinehandel heute salonfähig in der Branche? 

Den meisten Augenoptikern wird es aufgezwungen, wenn man sieht, was bei Essilor und was bei Apollo in den letzten Monaten passiert ist. Irgendwann kommt man nicht mehr daran vorbei, dass Multichannel ein relevantes Thema ist. Es gibt auch heute noch Optiker, die sagen, online funktioniere nicht, das wird sich vermutlich nie ändern. Aber ich glaube, dass ein gewisser Prozentsatz der Optiker da draußen versteht, dass der Kunde heute Brillen auch online kaufen kann. Den meisten fehlen aber die Mittel und die Werkzeuge, um das auch zu machen und online Brillen zu verkaufen. Einige haben sich auch früher schon mal die Finger verbrannt und bei Konzepten mitgemacht, bei denen viel Geld verloren ging. 

Und auch die Opti kommt ja nicht mehr an uns vorbei, heute gehört online mit dazu. Aber manche Branchenteilnehmer scheinen immer noch überrascht davon zu sein, dass wir als Onlinehändler über augenoptische Kenntnisse verfügen und Ahnung haben. 

Sie haben einmal gesagt, Sie wollten keine Schuhe verkaufen und sind deswegen in der Augenoptik gelandet. Würden Sie heute nochmal „in Brillen“ einsteigen? 

Ja, unsere Position ist ja nicht so schlecht. Klar, wir hatten ein bisschen Glück dabei, aber wir haben uns in Europa etabliert. Ich würde heute ein paar Dinge anders, effizienter machen. Vieles weiß man erst später, nur durch Fehler lernt man. 

Deklarieren Sie deswegen die Eröffnung eigener stationärer Geschäfte als Test? Was testen Sie denn? 

Prinzipiell möchten wir im Retail ähnlich datengetrieben handeln, wie wir das auch online machen. Wo kommen die Kunden her, kaufen sie anschließend online, kaufen sie wieder bei uns? Wir schauen, welches Sortiment brauchen wir im Laden? Wir schauen, wo halten sich die Leute im Laden auf? Wir optimieren die Prozesse in unseren Stores ständig; kurz: wir kümmern uns um alle Standard-Retail-Themen. Natürlich ist es für uns interessant, ob wir andere Zielgruppen mit dem Laden ansprechen als online. 

Jetzt haben wir den Standort in Berlin, der funktioniert ganz gut. Aber jetzt müssen wir sehen, wo es noch funktioniert, was ist die richtige Größe für ein Geschäft, wieviel Miete pro Frequenz kann ich zahlen? Nur wenn ich solche Dinge gut verstehe, kann ich in Zukunft ein vernünftiges Konzept anbieten. Nur dann können wir entscheiden, wollen wir weitere Läden eröffnen oder wollen wir zum Beispiel ein Franchise-System anbieten. Und zudem wollen wir mit den Retailstores auch unser Onlineangebot weiter bekannt machen, wir kommen schließlich von der anderen Seite. 

Kann ich bei Ihnen im Geschäft nur eine Refraktion machen, kostet die etwas? Und geben Sie mir die Werte mit, damit ich online bei Brille24 be- stellen kann? 

Die Refraktion ist in unseren drei Refraktionsräumen kostenlos, allerdings brauchen Sie für eine spontane Prüfung vielleicht etwas Geduld. Wir arbeiten auch nach Termin, die Hälfte der Kapazität wird nach Terminen vergeben, die andere steht für spontane Refraktionen bereit. Und ja, natürlich geben wir die Werte auch heraus, jeder Kunde bekommt nach dem Sehtest von uns die Werte ausgehändigt. 

Warum ist es Ihnen so wichtig zu betonen, dass Sie nach wie vor ein reiner Onlinehändler sind, wenn Sie an Multichannel glauben? Oder täuscht der Eindruck? 

Eigentlich sagen wir eher, dass wir ein Multichannelanbieter sind. Wir sehen uns selber so. Aber online ist unser Kerngeschäft, der Kunde kann mit Multichannel auch nichts anfangen. 90 plus x Prozent läuft bei uns online ab, heute noch. Zudem sind wir in vielen Ländern ja auch ein reiner Onlinehändler, das Partnerprogramm gibt es in vier von zehn Ländern. Wir glauben an das flächen- deckende Multichannelkonzept, in welcher Form auch immer, ob mit eigenen Stores oder Partneroptikern. Solange ist der Kern noch online.- 

Und wenn wir uns in fünf Jahren darüber unterhalten? Ist Ihr Kern dann auch noch online? 

Vermutlich werden wir dann noch stärker von Multichannel sprechen. 

Die meisten unserer heutigen Partneroptiker finden Sie nicht in den Toplagen, die Optiker in einer hochfrequenten Lage haben in der Regel nicht das Problem, zu wenig Kunden im Laden zu haben.

Warum übernehmen Sie nicht Betriebe Ihrer Partneroptiker, statt neue Geschäfte zu eröffnen, viele Inhaber suchen Nachfolger? Sie könnten zumindest den Standort übernehmen. 

Die meisten unserer heutigen Partneroptiker finden Sie nicht in den Toplagen, die Optiker in einer hochfrequenten Lage haben in der Regel nicht das Problem, zu wenig Kunden im Laden zu haben. Denn das Partnerprogramm war schon immer dazu da, neue Kunden in diese Läden zu schicken. 

Unser Suchraster ist ein anderes, wir suchen nur hochfrequentierte Lagen, nur „Premium Locations“. Aber nicht am Ku‘damm bei 50 Prozent Touristen; wir sind auch ins Alexa gezogen, weil es das von Berlinern bestbesuchte Einkaufszentrum ist. So etwas suchen wir anderswo auch, weil dort unsere Markenbekanntheit am besten zum Tragen kommt. Dieses Konzept funktioniert nicht mit den aktuellen Standorten unserer Partneroptiker. Zumal wir auch konkrete Vorstellungen haben, wie wir Mister Spex präsentieren wollen. Wir bekommen in Berlin ein gutes Feedback von Lieferanten und Kunden, das möchten wir dann auch beibehalten. 

Die stationären Augenoptiker werden Partneroptiker, weil sie Kunden in den Laden bekommen wollen, nicht weil sie Mister Spex so toll finden. Aber warum ist es Ihnen wichtig, dass bei den Partneroptikern neue Kunden in den Laden kommen? 

Nur wenn neue Kunden kommen, ist das Konzept für den Optiker sinnvoll. 

Dirk Graber von Mister Spex im Interview

Ist das wichtig für Sie? Grob gesagt, eine gute Partnerschaft ist schön, aber ... 

Ich glaube, Sie können alle unsere Lieferanten fragen oder Leute, mit denen wir zusammenarbeiten, dass wir immer langfristig angelegte Konzepte verfolgen. So etwas funktioniert aber nur, wenn es für beide Seiten okay ist.

Das passt aber so gar nicht zu Ihrem Image! 

(lacht) Das ist aber doch nicht mein Problem. Ich glaube, Sie können auch die allermeisten unserer Partneroptiker fragen. Klar, wir haben vor Kurzem zum ersten Mal seit fünf Jahren die Konditionen angepasst, dass so etwas nicht auf Begeisterung stößt, ist mir klar. Wenn die Strompreise erhöht werden, bringt das auch Diskussionen mit sich. 

Angenommen, Sie wären Augenoptiker und hätten ein Geschäft. Würden Sie Partneroptiker von Mister Spex werden? 

Oh, das ist eine gute Frage, die hat mir noch niemand gestellt. Ich glaube, es käme darauf an, was für einen Laden ich hätte. Wenn ich einen Laden habe, der in einer hochfrequenten Lage liegt und ich nicht genug Angestellte finde, um die Kunden zu bedienen, dann würde ich nicht Partneroptiker werden. Wenn ich aber einen gut laufenden Laden mit freien Kapazitäten habe, so wie es ihn tausende Male in Deutschland gibt, dann ja. Ich würde das von meiner Situation und von meinem Konzept abhängig machen. 

Heißt das, die richtig guten Betriebe, die genügend Kunden im Geschäft haben, brauchen dann auch keinen Onlineshop? 

Es gibt auch sehr gute Schuh- und Buchläden, die keinen Onlineshop brauchen. Aber die Kundschaft verändert sich in den nächsten zehn Jahren, es hängt vom Bedürfnis der Kunden ab. Ja, ich glaube, es gibt Optiker, die brauchen keinen Onlineshop. Anderen würde es gut tun. 

Sie haben die Konditionsanpassung erwähnt, wie viele Kündigungen hat es daraufhin auf Seiten der Augenoptiker gegeben? 

Natürlich hat eine niedrige zweistellige Zahl gekündigt, das haben wir einkalkuliert, für den Fall einer Anpassung. Zum Glück sind darunter nur ein oder zwei Top-Partner gewesen. Aber wir haben die Hälfte der Kündigungen auch schon wieder durch neue Partnerschaften wett- gemacht. 

Wir haben noch nicht das Patentkonzept gefunden, vielleicht werden wir in zwei oder drei Jahren ein Shop-in- Shop-System für die Partneroptiker anbieten, vielleicht ein Franchise-System oder eine andere Form einer stärkeren Partnerschaft.

Was ist das größere Problem für den Partneroptiker, dass Mister Spex selber Geschäfte eröffnet oder dass die Umsatzbeteiligung gesenkt wird? 

Vor der Eröffnung unseres Stores in Berlin haben wir unsere Partneroptiker hier in Berlin informiert. Sie waren nicht wirklich überrascht, vielen war klar, dass wir das irgendwann machen. In Summe hat sich für die Partner nichts verändert, die Kundenzahlen sind konstant geblieben beziehungsweise sogar weiter gestiegen. Positiv ist, dass Mister Spex jetzt auch am Point of Sale wahrgenommen wird. Wir haben noch nicht das Patentkonzept gefunden, vielleicht werden wir in zwei oder drei Jahren ein Shop-in- Shop-System für die Partneroptiker anbieten, vielleicht ein Franchise-System oder eine andere Form einer stärkeren Partnerschaft. Wie gesagt, da haben wir noch keine Lösung. Die richtig guten Kollegen fragen uns heute schon, ob sie zwei oder drei Straßen von ihrem Geschäft entfernt einen Mister-Spex-Laden eröffnen können, weil sie wissen, dass es funktioniert. 

Warum ist die Marketinggebühr erhoben worden, und warum gab es diese Konditionsanpassung? 

Wir haben viele Möglichkeiten der Konditionsanpassung intern und verschiedene Modelle mit einigen Partneroptikern diskutiert. Wir haben dazu auch das Feedback unseres Außendienst-Teams aufgenommen. 90 Prozent unserer Augenoptiker legen einen großen Wert auf eine fixe Gebühr, die wir zahlen, wenn ein Mister-Spex-Kunde zur Refraktion kommt. Weniger ins Gewicht fällt die Umsatzbeteiligung; zumindest wird ihr weniger Wert beigemessen, obwohl es aus meiner Sicht teilweise attraktiver ist. Das aber haben wir als Feedback bekommen. Wir wussten natürlich, dass das ein gewisses negatives Feedback erzeugen würde, aber das war das Modell, das am wenigsten Schmerzen bei den meisten unserer Partner verursacht hat. Es ist nie schön, Preiserhöhungen oder Konditionsanpassungen zu kommunizieren. Aber die Kunden, die wir zum Partneroptiker schicken, sind etwas weniger attraktiv für uns als die, die wir online bedienen können. Der Anteil der
Kunden bei den Partneroptikern ist nicht gestiegen, sondern konstant geblieben. Da haben wir gesagt, wenn wir das langfristig mit den Augenoptikern zusammen machen wollen und wir an Multichannel glauben, dann müssen wir diesen Anteil erhöhen. Aber dann muss es auch finanziell interessant für alle Beteiligten sein, das schließt uns ein. Deswegen haben wir das angepasst. 

Warum dann ausgerechnet eine Anpassung bei der Provision von Gleitsichtbrillen? 

Wir haben die Umsatzbeteiligung für Gleitsichtbrillen deswegen angepasst, weil uns heute der Gleitsichtkunde noch etwas mehr Geld kostet als der Einstärkenkunde. Die Aquisitionskosten sind einfach höher. Trotzdem wollen wir in diesem Segment weiter wachsen. In unserem Store in Berlin ist der Gleitsichtanteil doppelt so hoch wie online: das ist nicht verwunderlich und wir glauben, dass wir über die Partneroptiker einen ähnlichen Anteil bekommen können. Auch hierzu muss es aber einen finanziellen Anreiz für uns geben, diese Kunden dorthin zu schicken. Und am Ende profitiert davon dann auch wieder der Partner. 

Wichtig ist, es ist keine Preiserhöhung, sondern ein Invest, denn diese Gebühren werden wieder eingesetzt, um ein Wachstum für alle zu erzielen. Das überhört man in der Diskussion ganz gerne einmal, aber darauf können sich unsere Partneroptiker verlassen. Wir haben in Deutschland ein achtstelliges Marketingbudget pro Jahr und wir wachsen auch im Marketingbudget jedes Jahr im zweistelligen Prozentbereich. 

Was machen eigentlich Ihre Pläne, an die Börse zu gehen? Oder warten Sie, bis jemand anklopft, der Mister Spex kaufen möchte? 

Fakt ist, wir haben sehr viele Finanzinvestoren in unserem Gesellschafterkreis, die verdienen nur Geld, wenn sie ihre Anteile zu einem deutlich höheren Preis verkaufen können als sie sie gekauft haben. Es ist schon so, dass irgendwann der Zeitpunkt kommt, dass einzelne Gesellschafter sagen werden, ich möchte jetzt meine Anteile veräußern. Dann gibt es mehrere Möglichkeiten: Wir können an die Börse gehen, dann kann jeder verkaufen wann er will. Man kann das komplette Unternehmen an einen strategischen Investor verkaufen. Und man kann aber auch die bis dahin bestehenden Investoren durch andere Investoren ersetzen. Wenn dieser Zeitpunkt gekommen ist, dann müssen wir uns damit beschäftigen, aber konkrete Pläne gibt es dazu derzeit nicht. Wenn jemand kommt, dann beschäftigt man sich damit – und sagt dann nett, nein danke (lacht). 

Im Onlinehandel ist Bewegung, beeinflusst das Ihre Strategie? 

Wir haben immer gesagt, das Beste, das uns passieren kann, ist, dass Günther Fielmann online geht. Warum? Weil Fielmann seit geraumer Zeit jedem erklärt, dass man online keine Brillen verkaufen kann. Wenn er das macht, dann wäre das das größte Gütesiegel, das die Onlinebranche bekommen kann. 

Apollo und Essilor kommen Günther Fielmann nun zuvor, aber für uns ist es tendenziell trotzdem gut. Der Kunde fordert immer mehr Transparenz ein, ins- besondere was das Thema Brillenglas angeht. Wir liegen beim Thema Online- Know-how noch ein bisschen vorne. Klar, Essilor möchte mehr direkten Kundenkontakt haben, das wird natürlich die Branche verändern. Was das für den einzelnen Optiker oder die Ketten heißt, muss man schauen. Ich glaube, das ist ein Anfang, wir werden auch irgendwann sehen, dass Essilor eine Kette kauft. Ich denke nicht, dass Essilor dadurch den Onlinemarkt beeinflussen beziehungsweise sogar den stationären Handel stärken kann. 

Wie sehen Sie die Entwicklung, dass Augenoptiker zunehmend eigene Onlineshops anbieten? 

Was viele unterschätzen: Wenn du langfristig online erfolgreich sein willst, musst du eine starke Retailmarke aufbauen. Warum wachsen Fielmann und Apollo so überdurchschnittlich? Weil sie es geschafft haben, ein System beziehungsweise eine Marke aufzubauen, mit der sie es schaffen, mehr Kunden in den Laden zu bekommen. Das Gleiche gilt für online. Nur einen Onlineshop aufzumachen, reicht nicht aus. Den kennt und findet niemand. Wir investieren jedes Jahr achtstellig ins Marketing. 

Welche Konkurrenz fürchten Sie online? 

Amazon wird unterschätzt, die werden extrem stark werden, das schauen wir uns an. Bei der Sonnenbrille achten wir auch auf Zalando, die schaffen es, viel Traffic zu generieren. Beide haben eine sehr starke Kundenbasis, und brauchen kaum mehr ins Marketing zu investieren. Bei der Korrektionsbrille schauen wir uns natürlich Brille24 und Brillen.de an, auch wenn Brillen.de ein komplett anderes Konzept verfolgt. Sonst schauen wir uns noch größere Filialisten an.