Herkulesaufgabe als Traumtag getarnt

Die Tagungsunterlagen: Dreamday - Symposium zur Orthokeratologie
Es fehlte in Kassel an nichts, so dass die neuesten Ortho-K-Trends und Tipps der Referenten im Mittelpunkt stehen konnten.
© MPG&E

„Ich wünsche mir und uns, das Thema Ortho-K noch bekannter und noch beliebter zu machen“, schloss Fabian Hasert seine Begrüßungsrede vor rund 50 Teilnehmern, die der Einladung der MPG&E Handels und Service GmbH gefolgt waren. Zuvor forderte er dazu von seinen Gästen Kraft, Mut und Klugheit ein, um sich im Kampf gegen den Wettbewerb mit Ortho-K im Portfolio „unverwechselbar“ zu machen. Kraft, Mut und Klugheit zeichneten Herkules aus, dem auf der Wilhelmshöhe in Kassel ein Denkmal gesetzt wurde. Der Veranstaltungsort des „Dreamday Symposium zur Orthokeratologie“ war auch ohne diese leicht konstruiert wirkende Symbolik im Schlosshotel Bad Wilhelmshöhe eine gute Wahl.

Symposium als  Versuch, Ortho-K-Linsen in Deutschland bekannter und beliebter zu machen 

Es fehlte den Gästen wahrlich an nichts, so dass sie sich ganz auf die neuesten Ortho-K-Trends und Tipps der Referenten konzentrieren konnten. Diejenigen Anpasser, die noch keine allzu große Erfahrungen mit Ortho-K aufweisen konnten, durften sich über die Informationen im täglichen Umgang mit der Orthokeratologie freuen und zumindest schon einmal in der Theorie erfahren, was sie darüber wissen und dazu beachten sollten. Blutige Anfänger jedoch waren genauso wenige unter den aufmerksamen Zuhörern zu finden wie Augenärzte, die ebenfalls eingeladen waren. So oder so freute sich Jutta Heinrichs über ein ausgebuchtes Symposium – sie hatte für die MPG&E nicht nur die Idee zum Traumtag. Sie  organisierte und moderierte die zweitägige Veranstaltung auch, die ähnlich wie die zugehörige MPG&E-Kontaktlinse (Dreamlens) englisch als „Dreamday“ offensichtlich noch mehr Lust auf Ortho-K machen sollte. Für die meisten Gäste war Heinrichs bereits „die Jutta“; man kannte sich und das trug letztlich auch zu einer erfolgreichen, informativen und auch kurzweiligen Veranstaltung bei.  

Das Bild zeigt Ron Beerten
Ron Beerten: Der charismatische Niederländer gab eine
Übersicht über aktuelle Studien zum Thema
Orthokeratologie. ©MPG&E

Augenlängenwachstum reduzieren

Nicht zuletzt waren dafür die Referenten verantwortlich. Allen voran Ron Beerten: Der charismatische Niederländer gab eine Übersicht über aktuelle Studien zum Thema Orthokeratologie, gewährte auch einen Einblick in die Welt und die Sehversorgung Chinas und stellte heraus, dass mit Ortho-K-Linsen das Augenlängenwachstum um bis zu 50 Prozent reduziert werden könne. Damit zeigte der Technische Direktor von Procornea laut eigener Ansicht das Geschäftsmodell des selbstständigen Augenoptikers der Zukunft auf: Myopiemanagement - damit könne sich der Fachmann vom Wettbewerb abheben (siehe dazu Bericht im Spezial dieser Ausgabe). 

Einer, der der Zukunft demnach ein Stück voraus zu sein scheint, ist der Augenoptikermeister und Kontaktlinsenanpasser Carsten Giepen. Er hat nahe Stuttgart in seinem Geschäft innerhalb weniger Jahre einen Kundenstamm von 270 Ortho-K-Trägern aufgebaut – wohlgemerkt in Großbottwar, einem Ort mit etwas mehr als 8.000 Einwohnern. „Ich mache keine Werbung, das funktioniert nur durch Mund-zu-Mund-Propaganda“, sagte Giepen. Insofern verfolgte er die Social Media-Tipps für Kontaktlinsenexperten, die im Anschluss an seinen Vortrag auf dem Programm standen, wohl nicht allzu intensiv. Sie waren auch eher leichte Kost als Dessert zu den Appetitmachern bereits erfolgreicher Ortho-K-Anpasser, ehe es in der Folge dann fachlich und damit inhaltlich anspruchsvoller wurde. 

International renommierter Experte

Das änderte sich auch am zweiten Tag nicht, den Esben Nørregaard Sørensen mit seinem Vortrag begann. Der Erfahrungsbericht des international renommierten Experten für Ortho-K aus Dänemark enthielt interessante Vergleiche, wie es international und in Deutschland um Ortho-K bestellt ist, welche Chancen darin liegen; für Kontaktlinsenträger und Augenoptiker zugleich. Peter Bruckmann aus Köln zeigte anhand seiner Erfahrungen in der Myopiekontrolle eindrucksvoll, dass auch in Deutschland mit Ortho-K Geld zu verdienen ist. Auch die Gespräche in den Pausen der Veranstaltung sollten die relativen Anfänger mit einem guten Gefühl nach Hause geschickt haben. Denn alle Ortho-K-Anpasser bestätigten, dass ihre Kunden allesamt begeistert von den neuen Sehmöglichkeiten sind – das heißt natürlich nicht, das Ortho-K für jeden Kunden die geeignete Wahl der Korrektion ist. 

Das Symposium diente jedoch nicht dazu, die Kunden der Augenoptiker zu überzeugen. Vielmehr muss unter den Fachleuten noch eine gewisse Akzeptanz für die Orthokeratologie geschaffen werden. Der „Dreamday“ zeigte auf, welche Chancen in der Korrektionsmethode stecken und wie diese  im Alltag genutzt werden können. Dass das in der Zukunft mit steigenden Kurzsichtigkeiten auch in Europa und Deutschland immer wichtiger wird, ist zwar nicht bewiesen, darf aber angenommen werden. Es bleibt dennoch eine Herkulesaufgabe für die Kontaktlinsenindustrie, die Orthokeratologie bei den Augenoptikern salonfähig zu machen, die ohnehin zu oft die Kontaktlinse seit Jahren nicht gezielt „anpacken“. Vielleicht aber ist gerade Ortho-K und das damit verbundene Myopiemanagement der Hebel, das zu ändern? Die MPG&E-Gäste fuhren jedenfalls tatendurstig nach Hause in ihre Betriebe zurück. „Denken Sie an Herkules!“, gab Hasert ihnen mit auf den Weg.

Ingo Rütten