Erfolg mit Sonnenbrillen?

Sonnebrillen aufgreiht
Eine Wand oder Regal voller Sonnenbrillen alleine ist keine Erfolgsgarantie für den Verkauf.
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Jahr für Jahr geben die deutschen Verbraucher mehr Geld für Sonnenbrillen ohne Korrektion aus. Das modische Accessoire ist wie das Smartphone ein selbstverständlicher Begleiter geworden. Am wenigsten können jedoch Augenoptiker aus diesem Trend Nutzen ziehen – die Verkaufszahlen gehen zurück. Woran liegt das und gibt es Möglichkeiten, wieder stärker von Sonnenbrillen im eigenen Sortiment zu profitieren?

In jedem Frühjahr füllen sich die Warenlager der Augenoptiker mit frischen Sonnenbrillen. Eingekauft auf den Messen der letzten Monate oder geordert beim Außendienst im Herbst des vorangegangen Jahres. Ein Blick auf die Verkaufsstatistiken lässt aber viele Einkäufer jedes Jahr mehr zweifeln, ob sich diese Investition weiter lohnt. Die Umsatzzahlen stagnieren oder gehen sogar zurück. Denn das Geschäft mit Plan-Sonnenbrillen ist komplex.

So muss die bestellte Ware die unterschiedlichsten Kriterien erfüllen: die Brillen müssen zum spontanen Kauf animieren, perfekten Blend- und UV-Schutz bieten und dem modischen Anspruch des aktuellen Jahres genügen. Selbstverständlich sollen sie aber auch verglasbar sein und alle Merkmale besitzen, die gerade in Modezeitschriften als unverzichtbar deklariert werden; also polarisierend, verspiegelt oder mit Farbverlauf. Idealerweise ist die Sonnenbrille auch noch für alle Sportarten geeignet und passt  zu jedem Outfit. Kurz: die Wünsche der Kunden sind so breit gefächert, dass es unmöglich ist, sie gleichermaßen zu befriedigen.

Bis zu den 2000er Jahren gab es nur einen geeigneten Anlaufpunkt für den Kauf  einer  „sicheren“  Sonnenbrille: das augenoptische Fachgeschäft. Dieser fehlende Wettbewerb ging zu Lasten des modischen Stellenwertes von Sonnenbrillen beim Konsumenten. In der allgemeinen Wahrnehmung waren Sonnenbrillen damals noch vor allem Funktionsbrillen, um die Augen bei Wind und Wetter am Meer und in den Bergen vor schädlicher UV-Strahlung zu schützen. Niemand kam auf die Idee, dass eine Sonnenbrille auch ein Accessoire sein konnte; mehr noch: ein Statussymbol. Das änderte sich erst mit der Jahrtausendwende, als die Sonnenbrillen aus dem Schattendasein in das Rampenlicht der Modemarken, Kaufhäuser und Boutiquen heraustraten. Seitdem dürfen Designer-Sonnenbrillen viel Geld kosten und aufregend aussehen.

Angebot an adäquatem Sonnenschutz ist breit

Auch heute antworten die meisten Verbraucher auf die Frage nach der wichtigsten Eigenschaft einer neu anzuschaffenden Sonnenbrille mit: der optimale UV-Schutz. Um Schäden am Auge zu vermeiden, ist dieser Wunsch absolut nachvollziehbar. Nur die wenigsten Konsumenten  wissen  dabei,  dass  auch  die einfachste Plan-Sonnenbrille mit Kunststoffgläsern einen vollständigen Schutz gegen ultraviolette Strahlung bieten kann. Die Beratung sollte daher besonders auf die Abbildungsqualität, Farbwiedergabe und eine sehr gute Passform eingehen.

Das Angebot an adäquatem Sonnenschutz ist sehr breit geworden. Viele Fassungshersteller bieten längst eine eigene Sonnenbrillen-Kollektion an. Und natürlich gibt es Anbieter, die ausschließlich Sonnenbrillen in ihrem Sortiment haben. Die Auswahl wird durch weitere Varianten abgerundet. So gibt es zum Beispiel den altbekannten Vorhänger, der schnell auf die passende Form zugeschnitten ist und kostengünstig den Urlaub des Brillenträgers rettet, der seine Sonnenbrille mit Stärke vergessen hat. Darüber hinaus ist der Sonnenclip wieder stark im Trend, der die Korrektionsbrille eilig in eine Sonnenbrille umwandelt. Einige Lieferanten bieten passende Clips für ihre Brillen an. Zusätzlich gibt es Systeme, die man nachträglich an Fassungen anpassen kann. Es gibt außerdem eine große Auswahl an Plangläsern in allen Ausstattungsvarianten, um zum Beispiel die Lieblingsbrille mit dem gewünschten Sonnenglas auszustatten. Auch Fassungen, die schon einige Inventuren durchliefen, können so zu trendigen Sonnenbrillen umgewandelt werden. Es lohnt sich, diese kostengünstige Lösung bereitzuhalten. Dies bedeutet einen echten Wettbewerbsvorteil der Augenoptik-Fachgeschäfte zu den reinen Verkaufsstätten von Sonnenbrillen – solch eine  individuelle Anpassung  kann dort nicht geleistet werden. Ein eigenes Segment stellen die Sportsonnenbrillen dar. Sie lassen sich häufig durch einen Clip auch mit Korrektionsgläsern ausstatten.

Sonnenbrillenverkäufer am Strand
Der "Strandfachmann" ist seit jeher bekannt, doch das Augenoptik-Fachgeschäft galt zumindest bis Anfang der 2000er Jahre als einzig "sichere" Quelle für Sonnenbrillen. ©istockphoto.com/Shane Hansen

Umsatz bleibt relativ stabil

Der Zentralverband der Augenoptiker und Optometristen sagt in seinem Branchenstrukturbericht von 2015, dass Augenoptiker im Schnitt fünf Prozent ihres Gesamtumsatzes mit Sonnenbrillen ohne Korrektion umsetzen. Im Vergleich zu den Vorjahren ein nahezu unveränderter Wert. Auch wenn der Umsatz relativ stabil scheint, sinkt die Bereitschaft der Verbraucher, Sonnenbrillen im Augenoptik-Fachgeschäft zu kaufen. Die KGS-Brillenstudie zum „Sehbewusstsein der Deutschen“ des Institutes für Demoskopie Allensbach beweist den Trend. 2014 kauften zwar noch rund 71 Prozent der Brillenträger ihre Sonnenbrille beim Einzelunternehmer oder Filialisten (2002: 76 Prozent). Bei den Nicht-Brillenträgern waren es jedoch nur etwas mehr als ein Drittel. Sie kaufen ihren Sonnenschutz zum größten Teil in Drogerien, Tankstellen und Kaufhäusern (52 Prozent) – und immerhin sieben Prozent entfallen auf den Onlinehandel. Mehr als die Hälfte (55,1 Prozent) aller in Deutschland verkauften Sonnenbrillen entfielen 2014 in den Preisbereich unter 100 Euro. In der mittleren Preislage von 100 bis 200 Euro waren das 38,3 Prozent; nur 6,6 Prozent lagen über 200 Euro.

Die Möglichkeiten für den Verbraucher, sich eine neue Sonnenbrille zuzulegen, sind vielseitig. Manchmal scheint es, dass es kaum mehr Einzelhandelsgeschäfte gibt, in denen keine Sonnenbrillen angeboten werden: Drogerien, Tankstellen und die großen Modehäuser gehören mittlerweile wie selbstverständlich zu den Anbietern. Dazu kommen noch die Lifestyle- und Sportgeschäfte, Supermärkte, Discounter und die Pop-up-Stores in den Einkaufsmalls der großen Städte. Die meisten Anbieter profitieren davon, dass sie dem Konsumenten eine einfache Gelegenheit geben, eine Sonnenbrille zu kaufen. Ein Sonnenschutz für unter 20 Euro in Kassennähe verleitet zum Impulskauf, ohne dass sich der Verbraucher allzu kritisch mit dem Produkt auseinandersetzt. Dagegen ist kaum ein Mittel zu finden. Die im Fachgeschäft vom Kunden erwartete professionelle Beratung rechnet sich für den Augenoptiker bei einem solchen Preis nicht.

Oft ein Spontankauf

Deshalb ist es nicht sinnvoll, mit diesen Preisen konkurrieren zu wollen. Aber lohnt es sich dann, in diesem Markt zu bleiben? Diese Frage muss jeder Inhaber natürlich individuell für sich beantworten. Sicher sehen einige Kollegen das Produkt als eine Art Pflicht, um eine gewisse Marktpräsenz zu gewährleisten. Alle Anpasser von Kontaktlinsen möchten zudem natürlich ihren Kunden eine lang ersehnte Sonnenbrille ohne Korrektionsgläser anbieten können. Aber neben diesem Pflichtprogramm kann bei entsprechender Pflege das Produkt Sonnenbrille auch Freude bringen und einen stabilen, häufiger wiederkehrenden Umsatz bescheren. Aber: Das Kaufverhalten bei einer Sonnenbrille unterscheidet sich dabei grundsätzlich vom Kauf anderer augenoptischer Produkte. Verbraucher informieren sich oft vor dem eigentlichen Kauf sehr genau, welche Marke oder welches Modell für sie in Frage kommt. Dies geschieht immer häufiger online (siehe unten "Onlinekunden gewinnen").

Anders als bei Korrektionsbrillen ist der Erwerb einer Sonnenbrille auch oft ein Spontankauf. Der emotionale Umgang der Medien mit dem Thema und die darin enthaltene Werbung spielen auch für den Augenoptiker eine große Rolle. Die Hersteller bieten wie bei der Onlinepräsenz eine sehr gute Unterstützung für die Vermarktung an. Das können Plakate, Aufsteller, maßgeschneiderte Fensterdekorationen sein oder sogar spezielle Events, bei denen die ganze Kollektion gezeigt werden kann. Letzteres kann mit einer Einladung an bestehende Kunden verknüpft werden.

Eine Wand voller Sonnenbrillen alleine ist keine Erfolgsgarantie für den Verkauf. Eine regelmäßige und wechselnde Dekoration in den Sonnenmonaten ist die Grundlage, um Kunden spontan zum Betreten des Geschäftes und für einen anschließenden Kauf zu animieren. Genauso wirkungsvoll sind „Themen-Schaufenster“, wie zum Beispiel für Sportsonnenbrillen.

Spezialisierung auf Sportsonnenbrillen

Eine zusätzliche Spezialisierung auf Sportsonnenbrillen erschließt weitere Kundenkreise. Zwar werden diese auch in Fahrrad- und diversen Sportgeschäften angeboten. Doch hier können Augenoptiker ihre Kompetenz ausspielen. Angefangen bei der richtigen Glasauswahl (Tönung, Färbung und Ausstattung) und der Empfehlung der richtigen Brillenfassung für die ausgeübte Sportart, kann durch die fachgerechte Beratung eine Abgrenzung zu den Wettbewerbern erfolgen. Die Hersteller bieten auch hierzu entsprechende Verkaufstools und Schulungen an, die Grundlage für die erfolgreiche Umsetzung sein sollen.

Jedoch bleibt die Wahrnehmung durch den Verbraucher der Schlüssel zum Erfolg. Neben den besprochenen  Möglichkeiten der Vermarktung (online und vor Ort) gibt es weitere Optionen, auf sein Sonnenbrillen-Angebot aufmerksam zu machen. Der Kontakt zu den örtlichen Sportvereinen, Golfclubs oder den regionalen Verbänden ist daher sehr wichtig. Eventuell kann vor Ort mit einer entsprechenden Vitrine oder Verkaufsmessen der Kaufreiz ausgelöst werden. Genauso sollte über Werbung in den Zeitungen der Vereine oder auf deren Webseiten nachgedacht werden.

Inventur der eigenen Idee

Wichtige Grundlage für den erfolgreichen Absatz von Sonnenbrillen ohne Korrektion ist die Pflege der eigenen Kollektion. Das beginnt mit dem richtigen Timing: Die größte Nachfrage ist erfahrungsgemäß schon von Ende Februar bis in den Mai zu verzeichnen. Danach geht das Kaufinteresse bereits  zurück. Bei der Bestellung sollte möglichst also schon der Lieferzeitpunkt bekannt  sein oder besser noch verbindlich festgelegt werden. Zudem sollte die  vorhandene Verkaufsware kritisch betrachtet werden. Mit Ausnahme einiger Klassiker ist insbesondere das Sonnenbrillengeschäft modischen Zyklen unterworfen. Daher muss beleuchtet werden, ob die angebotenen Brillen die Nachfrage der Kunden widerspiegelt. Oft können bei der Bestellung Brillen getauscht werden; manchmal ist ein Wechsel der vorhandenen Farben schon ausreichend.

Auch eine Reduzierung des Verkaufspreises sollte bedacht werden, zumal dadurch immer auch eine preiswertere Alternative angeboten werden kann. Wie eingangs beschrieben, ist es unmöglich, alle Kundenwünsche zu erfüllen; wichtig für eine positive Außenwirkung ist eine erkennbare Ausrichtung der Kollektion. Dies kann über den Preis geschehen, den modischen Anspruch oder durch Schwerpunkte auf bestimmte Hersteller. Die Auswahl der angebotenen Kollektionen ist ein weiteres zentrales Element. Mit einer klaren Struktur kann die eigene Kompetenz sehr viel deutlicher herausgestellt werden. Zur Erinnerung: Sonnenbrillenkäufe erfolgen oft spontan. Dieser Umstand sollte also nicht an der fehlenden Farbe oder den falschen Gläsern scheitern. Deshalb ist es sinnvoll, eine Kollektion möglichst in der ganzen Breite darzustellen und entsprechend die Anzahl der Marken zu reduzieren. Die Beobachtung des Wettbewerbsumfeldes ist eine zusätzliche wichtige Maßnahme. Marken, die in der Nähe des eigenen Standorts häufig angeboten werden, sind weniger interessant. Das gleiche gilt für Sonnenbrillen, die vom Hersteller selber online vertrieben werden.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Markt für Sonnenbrillen ohne Korrektion immer noch ein lohnendes Zusatzgeschäft ist. Durch die Marktlage mit einer Vielzahl an Mitbewerbern aus den unterschiedlichsten Einzelhandelsgruppen ist das Umfeld zwar komplexer, aber nicht uninteressanter geworden. Die Nachfrage  steigt, der Gesamtumsatz  mit Plan-Sonnenbrillen wächst. Um einen Teil dieser Nachfrage in das eigene Geschäft zu lenken, ist die Onlinepräsenz ein wichtiges Instrument. Auch die Wiedererkennung vor  Ort und der emotionale Umgang mit dem  Thema  Sonnenbrille sind wichtige Grundlagen, um Kunden wieder mehr im Augenoptik-Fachgeschäft kaufen zu lassen. Der Preis spielt zwar wie in anderen Bereichen eine große Rolle, jedoch ist mit der entsprechenden Aufklärung, der passenden Qualität und einer fachgerechten Beratung ein erfolgreiches Comeback der Sonnenbrille möglich.

Onlinekunden gewinnen

Die Onlinepräsenz ist ein wichtiges Instrument, um die vorhandene Nachfrage in das eigene Geschäft zu lenken. Denn immer häufiger informieren sich Verbraucher vor einem Kauf online. In Deutschland sind das rund 59 Prozent, weltweit sogar 84 Prozent (Stand 2015; Quelle: TNS-Studie Connected Life). Das hat zur Folge, dass sich etwa die Hälfte aller Konsumenten schon vor dem eigentlich Kauf für eine bestimmte Marke oder ein bestimmtes Produkt entschieden haben. Die gleiche Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Kunden maximal drei Informationsquellen (Touchpoints) dazu benutzen, bis ihre Entscheidung feststeht. Häufigster Einstieg in diese Recherche ist eine Suchmaschine.

Um erfolgreich in diesem Umfeld bestehen zu können, sollte das Konsequenzen für den eigenen Onlineauftritt haben. Grundlage ist eine aussagekräftige Website mit Informationen zu den vertriebenen Marken und idealerweise hochwertige Produktfotos. Die Lieferanten bieten dazu oft entsprechendes Material an. Ergänzend kann ein Facebook- oder Instagram-Account sein, dort können kostenlos und unkompliziert Bilder, Texte und Neuigkeiten veröffentlicht werden und so Aufmerksamkeit für das eigene Angebot an Sonnenbrillen wecken. Bei eigenem Bildmaterial ist zu beachten, dass die Produkte professionell und emotional ansprechend in Szene gesetzt werden.

Damit eine Website gefunden wird, muss sie in den Suchmaschinen gut platziert sein; dass heißt idealerweise in den ersten fünf Ergebnissen auftauchen. Oft suchen Konsumenten das entsprechende Produkt in der Kombination mit der eigenen Stadt. Dass heißt dann auch, dass sie den Wunsch haben, vor Ort zu kaufen, obwohl sie sich online informieren! Suchmaschinen bieten kostenpflichtige Möglichkeiten, die Suchergebnisse zu beeinflussen. Ein komplexes Thema, auf das sich etliche Experten auch in der Augenoptik bereits spezialisiert haben und dieses zwingend benötigte Know-how wiederum kostenpflichtig anbieten. Eine weitere Informationsquelle für Verbraucher sind die Webseiten der Hersteller. Es sollte daher kontrolliert werden, ob man als Anbieter dort gelistet ist. Der Erfolg der Onlinepräsenz hängt aber auch davon ab, wie aktuell und professionell er ist. Auch in diesem Fall ist eine Unterstützung eher selten kostenlos, sie lohnt sich aber und sollte sich bald amortisieren.