„Ausbildung ist der einzige Weg, an qualifizierte Mitarbeiter zu kommen.“

Volker Dieterich
Volker Dieterich, Dipl. Ing. (FH), Augenoptikermeister, Dipl. Volkswirt und Geschäftsführer von Optik Dieterich in Heidelberg
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Was (oder wen) beschäftigt den Betrieb heute angesichts des Fachkräftemangels? Welche Erwartungen setzen Ausbilder in ihre Lehrlinge? Was ist den jungen Menschen bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz wichtig? Die DOZ besuchte Volker Dieterich, Geschäftsführer von Optik Dieterich in Heidelberg, und sprach mit ihm über seine Erfahrungen mit Auszubildenden. Erfahrung hat er, denn der Betrieb bildet seit mehr als 70 Jahren aus.

DOZ: Wie lange bilden Sie schon aus?

Volker Dieterich: Wir bilden seit kurz nach unserer Gründung 1933 aus. Mein Großvater hat als erste meine Mutter etwa 1941 ausgebildet. Frauen durften damals aber keine Optiker werden, sondern Kaufmännische Angestellte im Augenoptiker-Handwerk. Wir haben stark in den 1950er Jahren ausgebildet und immer wieder Leute übernommen. Heute ist es der einzige Weg, an qualifizierte Mitarbeiter zu kommen. Der Fachkräftemangel wird auch in unserer Branche thematisiert. Wir sind nicht die Branche mit den attraktivsten Arbeitszeiten und den attraktivsten Gehältern – da laufen wir in eine Problematik rein. Das wird sich in den nächsten Jahren auf die Gehälter und sonstige Rahmenbedingen auswirken. Es gibt jetzt schon ein Hauen und Stechen mit Abwerbungen. Da gilt es den eigenen Betrieb so aufzustellen, dass das nicht passiert.

Wie viele Azubis haben Sie bisher ausgebildet?

Oh, da muss ich überlegen. Es werden aber um die 50 bis 60 gewesen sein. Wir versuchen jedes Lehrjahr zu besetzen. Im Moment haben wir drei Azubis und wir haben auch drei Gesellinnen übernommen, die wir ausgebildet haben. Es ist auch nicht auszuschließen, dass es so weitergeht.

Welche Voraussetzungen muss Ihr Azubi mitbringen?

Wir schauen, dass die Bewerber ein einigermaßenes Auftreten haben. Wir sind inzwischen beratungs- und dienstleistungsorientiert und weniger handwerksorientiert. Wir erwarten keine Perfektion und die Berufsberatung ist auch besser geworden. Nach dem Bewerbungsgespräch holen wir die Kandidaten zu einem Schnuppertag rein, damit sie das Team kennenlernen können. Sie müssen bereit sein, auf Kunden zuzugehen, kommunikativ sein, da sind die jungen Frauen häufig besser als die Männer. Früher hatte ich auch fünfzehnjährige Typen, die den Beruf damit verbunden haben, sich jetzt handwerklich in der Werkstatt verwirklichen zu können. Sie hatten sicher Geschick, aber vom Auftreten her waren sie einfach noch zu jung und nicht selbstbewusst genug.  

Dann würden Sie eher ältere Azubis nehmen wie Abiturienten?

Heute bewerben sich ganz selten noch Abiturienten, aber das ist ein gesellschaftliches Problem. Es drängen derzeit zu viele Abiturienten ins Studium, die da nicht hingehören und die Botschaft ist bei denen noch nicht angekommen. Unser Beruf bietet in diesem Feld ziemlich viele Möglichkeiten, sei es nach der Ausbildung noch ein Studium dranzuhängen, sei es die Meisterausbildung zu absolvieren.

Wie finden Sie Ihre Azubis?

Wir haben eine Partnerschaft mit der Friedrich-Ebert-Schule in Heidelberg. Da kommen so zehn, zwölf Schüler einen halben Tag ins Geschäft und lernen den Beruf kennen. Wir haben auch zwei Mitarbeiter, die Ausbildungsbotschafter der Handwerkskammer sind und in die Schulen fahren, um über den Beruf zu sprechen.

Wären Ausbildungsmessen eine Option für Sie, um geeigneten Nachwuchs zu anzuwerben?

Wir können uns leider nicht aktiv an Ausstellungsbörsen beteiligen, wo wir präsent sein müssten, da kommen sie als Kleinbetrieb leicht an ihre Grenzen. Sie können nicht irgendjemand hinstellen – entweder sie müssen persönlich hin oder ein Meister und am besten noch ein Azubi, dann sind sie dort einen ganzen Tag – machen Sie das mal als Kleinbetrieb. Wir machen schon viel, unter anderem auch mit Marketingpartnern, aber das haben wir schon ausgereizt. Mehr geht nicht.

Wonach schauen Ihrer Meinung nach die jungen Bewerber bei der Suche?

Die Webseite spielt eine große Rolle, denn wenn Betriebe ihre Homepage nicht auf Vordermann haben, werden sie keine Bewerbung mehr kriegen. Das ist das erste, was der potenzielle Bewerber sieht. Wir sind auch ganz klassisch in den Online-Portalen wie beim Arbeitsamt vertreten – bisher hatten wir immer ein bisschen Glück. Es ist natürlich nicht mehr so, dass die Bewerbungen sich wie in 1980er und 1990er Jahren stapeln.

Bemerken Sie einen Wandel in den Bewerbungen?

Die Qualität der Bewerber ist schlechter geworden, insbesondere der Noten. Wir haben auch hin und wieder einen Bewerber mit Migrationshintergrund. Da gilt eins in unserem Beruf: Die Deutschkenntnisse müssen gut sein. Ein leichter Akzent oder mal ein grammatikalischer Fehler wird akzeptiert. Aber wenn jemand nicht richtig formulieren kann, dann macht das im Verkauf keinen Sinn, daran ist es schon gescheitert.

Was hat sich in der Ausbildung in den Jahren verändert?

Das Handwerkliche geht deutlich zurück und auch die Anforderungen in der Schule sind nicht mehr so hoch. Wir würden uns wünschen, dass in der überbetrieblichen Ausbildung noch mehr auf die Dienstleistung und Beratung eingegangen wird. Wir sind zwar ein Betrieb, der die Werkstatt noch hoch hält, aber die Werkstatt ist in der jetzigen Form ein Auslaufmodell.

Wo sehen Sie die Pflichten Ihrer Azubis?

Sie müssen den Ausbildungsplan kennen. Im Verkauf können sie es sich nicht erlauben, wenn sie schlechte Laune haben, sich nicht zusammenreißen können. Aber das gilt natürlich für alle Mitarbeiter. Apropos zusammenreißen: Es gibt natürlich Aufgaben, um die man sich nicht reißt. Aber die muss man trotzdem erledigen, das ist Bestandteil des Berufs.

Das Gespräch führte Daniela Zumpf